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Geschlechtervielfältige Sprachformen

Alternativ zu geschlechtsneutralen Formen, gibt es die Möglichkeit, die bestehende Geschlechtervielfalt in der Sprache ausdrücklich sichtbar und hörbar zu machen. Dabei gibt es generell zwei queere bzw enthindernde Ansätze: einerseits die Beidnennung mit Zeichen; andererseits das Ersetzen sprachlicher Geschlechtermarkierungen durch Zeichen oder Buchstaben. Zusätzlich werden ganz neue Sprachformen entwickelt, die über eine männliche und weibliche Bedeutung hinausgehen. So sind u a die sogenannten Neopronomen entstanden, z. B. das Pronomen nin zusätzlich zu sie und er (vgl Baumgartinger 2008).

 

Beidnennung mit Zeichen (queere Strategien)
Eine Möglichkeit ist es, in Anlehnung an das sogenannte Binnen-I (MitarbeiterInnen), zwischen die männliche und weibliche Markierung ein Zeichen zu setzen. Dies gilt auch für den Artikel. Der Unterstrich _ etwa wurde entwickelt, damit zwischen der männlichen und weiblichen Form symbolisch ein Raum aufgemacht wird für sexuelle und geschlechtliche Vielfalt (vgl Herrmann 2003). Der Stern * wird seit geraumer Zeit auch auf diese Weise verwendet.

  • Leser*in oder Leser*innen
  • Leser_in oder Leser_innen

 

Beidnennung mit Zeichen (enthindernde Strategien)
Es gibt aber auch Zeichen, die bei Screen Readern als barrierefreier gelten als der Unterstrich oder der Stern, weil sie als kurze Pause vorgelesen werden, sogenannte enhindernde Sprachformen. Dazu zählen etwa der Apostroph ‘ oder der Doppelpunkt :. Sie werden ebenfalls wie der Unterstrich verwendet, wobei vor allem der Doppelpunkt empfohlen wird (vgl BSVÖ o J , Oliveira o J , A11y Up 2021)

  • Leser:in oder Leser:innen
  • Leser’in oder Leser’innen

 

02_Sprechblasen HINWEIS: Wenn keine Screen Reader eingesetzt werden können, etwa weil das Dokument nicht barrierefrei ist oder weil es gedruckt wird, erfüllen die enthindernden Sprachformen ihre Funktion nicht. Sie können im Gegenteil für Menschen im Autismus-Spektrum, mit Legasthenie oder Dyskalkulie eine Hürde darstellen. Daher sind in diesen Fällen eher geschlechtsneutrale Formulierungen oder der Stern * zu empfehlen (vgl BSVÖ o. J.).
Mehr Informationen zum Abbau von sprachlichen Barrieren siehe in 03 „Sprache & Diversität in der Lehrpraxis“

 

Auch bei Artikeln in der Einzahl kann die Beidnennung mit Zeichen verwendet werden

  • ein*e Leser*in oder der*die Leser*in
  • ein_e Leser_in oder der_die Leser_in
  • ein:e Leser:in oder der:die Leser:in
  • ein’e Leser’in oder der’die Leser’in

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Ersetzen von Geschlechtermarkierungen (queere Strategien)
Eine weitere Möglichkeit ist es, Geschlechtermarkierungen vollständig durch Zeichen oder Buchstaben zu ersetzen. Dabei werden Zeichen oder Buchstaben direkt an den Wortstamm angefügt. Das gilt auch für die Artikel. Es gibt verschiedene Zeichen und Buchstaben, etwa den Stern oder Asterisk *, den Unterstrich oder Gap _, das -X oder -ecs und das -y.

Insbesondere der Stern oder Asterisk * wurde ursprünglichals Alternative zur Beidnennung mit Unterstrich entwickelt, um sprachliche Geschlechtermarkierungen komplett zu ersetzen. Dabei soll der Stern auf die Vielfalt von Geschlechtern hinweisen. (Vgl. Baumgartinger 2008) Manche verwenden auch den Unterstrich _ auf diese Art und Weise.

  • z.B. d* Les* statt der*die Leser*in oder der/die LeserIn.
  • z.B. d_ Les_ statt der_die Leser_in oder der/die LeserIn

Ähnliche Varianten gibt es mit dem -x, wobei das X symbolisch für die Durchkreuzung der Zweigeschlechternorm steht und als antirassistische Form in Lateinamerika entstanden ist (vgl. Concilio 2016, AG Feministisch Sprachhandeln 2015, Baumgartinger 2019). Sie wurde später im Deutschen als -ecs erweitert (Steurer 2019).

  • z.B. dix Lesx statt der_die Leser_in oder der/die LeserIn
  • z.B. decs Lesecs statt der_die Leser_in oder der/die LeserIn

Das -y wird auf Phettberg zurückgeführt, der diese Formseit ca. den 1990ern verwendet. Es wird mit dem sächlichen grammatikalischen Geschlecht kombiniert, die Mehrzahl wird mit einem -s gebildet. (Vgl. Kronschläger 2021, Witte 2021)

  • z.B. das Lesy statt der Leser, die Lesys statt die Leserinnen

 

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Weitere Beispiele zu inklusiverer Sprache gibt es hier: