Kultureller Wandel und gesellschaftliches Wohlbefinden
Die derzeit sichtbaren Destabilisierungstendenzen in der EU sollen in der Erforschung kultureller Wandlungsprozesse verstärkt aufgegriffen und in einem umfassenden Konzept des gesellschaftlichen Wohlbefindens berücksichtigt werden. Seit mehreren Jahren werden Phänomene wie EU-Skeptizismus (z.B. Leconte, 2010), die Prekarisierung der Arbeitsverhältnisse (z.B. Castel & Dörre, 2009), Politikverdrossenheit (z.B. Arzheimer, 2002) und länderspezifisch unterschiedliche Defizite des sozialen Zusammenhalts (z.B. Putnam, 2001) in der soziologischen Literatur rezipiert und in empirischen Studien umfangreich beleuchtet. Diese aktuellen Herausforderungen der Sozialintegration in Europa gehen mit Zukunftspessimismus, der Wahrnehmung einer verringerten gesellschaftlichen Funktionsfähigkeit und Stimmungslagen eines befürchteten gesellschaftlichen Abstiegs einer und erfassen immer breitere Schichten der Bevölkerung.
Mittels Strukturgleichungsmodellen konnte in der Habilitationsschrift von Wolfgang Aschauer (siehe Habilitationsprojekt) bereits nachgewiesen werden, dass eine multidimensionale Konzeption des gesellschaftlichen Wohlbefindens (auf Basis der Daten des European Social Survey) in zahlreichen EU-Ländern plausibel erscheint und äquivalente Messungen gegeben sind. Aufbauend auf der Habilitationsschrift soll deshalb auch künftig europaweite Vergleiche des gesellschaftlichen Wohlbefindens auf Basis von Survey-Daten vorgenommen und Auswirkungen eines verbreiteten gesellschaftlichen Unbehagens untersucht werden. Dabei sollen regionale Dynamiken innerhalb Europas mittels Pfadanalysen beforscht werden, um aufzuzeigen, welche gesellschaftlichen Gruppen besonders empfänglich für Krisenwahrnehmungen sind und welche länderspezifischen Besonderheiten in den einzelnen EU-Großregionen auftreten.