Zwei junge Salzburger Wissenschaftler mit dem Kurt–Zopf–Förderpreis 2018 ausgezeichnet
Der nach Kurt Zopf, einem Förderer der Universität Salzburg benannte Preis ging heuer an den Arbeitsrechtsexperten Elias Felten sowie die Germanistin Anna Kathrin Bleuler.
Der Preis wird jährlich vergeben, die Preisträger erhielten jeweils 10.000,- Euro. Wichtige Kriterien für die Preiswürdigkeit sind u.a. die Reputation des Publikationsmediums sowie die Neuheit und wissenschaftliche Bedeutung der Ergebnisse.
Elias Felten beschäftigt sich in seinem Werk mit den markanten Unterschieden zwischen dem Kollektivvertragssystem in Österreich und im restlichen Europa. Das konsensorientierte, von den Sozialpartnern getragene System gibt es so nur in Österreich. Es wird jedoch zunehmend in Frage gestellt.
In Österreich werden Kollektivverträge von den Sozialpartnern verhandelt und abgeschlossen. Das historisch gewachsene System ist vor allem auf Konsens ausgerichtet. Durch die Sozialpartnerschaft wurde es institutionalisiert und dies spiegelt sich auch im Recht wider. „Wir haben ein Nebeneinander von gesetzlichen Interessenvertretungen und freiwilligen Berufsvereinigungen sowie einen hohen Konzentrations- und Zentralisierungsgrad des österreichischen Kollektivvertragssystems“, erläutert Dr. Elias Felten. Diese exklusive „Sozialautonomie“ der Sozialpartner stellt im internationalen Vergleich eine Besonderheit, wenn nicht gar ein Alleinstellungsmerkmal dar, so Felten. Außerhalb Österreichs wird die rechtliche Grundlage kollektiver Rechtsgestaltung nicht in der Sozialautonomie, sondern in der „Koalitionsfreiheit“ gesehen – dem Grundrecht, Gewerkschaften zu bilden und sich gewerkschaftlich zu betätigen. Das gilt auch auf europäischer Ebene.
„Für Österreich kann dies nicht ohne Folgen bleiben, denn es handelt sich dabei um ein Grundrecht, das in einem Spannungsverhältnis zu staatlicher Regulierung und Zentralisierung steht“, betont Felten. Seine prämierte Arbeit geht daher den Fragen nach, welchen Einfluss die Koalitionsfreiheit auf die Sozialautonomie hat und welche rechtlichen Konsequenzen sich daraus für das österreichische System kollektiver Arbeitsbeziehungen ergeben. Felten leistet damit einen Beitrag zum besseren Verständnis der Grundlagen des kollektiven Arbeitsrechts – einem Regelungsrahmen, der einen wesentlichen Anteil am wirtschaftlichen Aufschwung der Zweiten Republik hatte, inzwischen aber zunehmend in Frage gestellt wird.
Das Buch: Koalitionsfreiheit und Arbeitsverfassungsgesetz, MANZ Verlag, Wien 2015, 462 Seiten.
Elias Felten wurde am 19.2.1982 in Salzburg geboren. Er studierte Rechtswissenschaften und Antike Literatur-, Geistes- und Rezeptionsgeschichte in Salzburg und Bologna. Von 2007-2011 war er Universitätsassistent an der Universität Salzburg, 2009 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Obersten Gerichtshof in Wien, später Assistenzprofessor für Arbeitsrecht und Sozialrecht in Salzburg. Im Mai 2015 erfolgte die Habilitation, seither ist Felten assoziierter Professor für Arbeitsrecht und Sozialrecht. Seit März 2017 Berufung an die Johannes Kepler Universität Linz zum Universitätsprofessor für Arbeitsrecht und Sozialrecht im halben Beschäftigungsausmaß. Österreichischer Experte im Europäischen Forschungsnetzwerk MoveS (Free Movement of Persons and Social Security Coordination). Seit April 2018 Mitglied der Schriftenleitung der wissenschaftlichen Fachzeitschrift „Das Recht der Arbeit“. Forschungsschwerpunkte im österreichischen kollektiven Arbeitsrecht und europäischen Sozialversicherungsrecht.
Anna Kathrin Bleuler beschäftigte sich in ihrer Habilitationsschrift mit Essen, Trinken und Liebe im Mittelalter. „Nahrungsaufnahme und Liebe sind menschliche Bedürfnisse, die in kulturellen Alltagspraktiken ebenso wie in Kunst und Literatur oftmals eine enge Verbindung eingehen“, sagt Bleuler. Sie behandelt diesen Zusammenhang erstmals in Bezug auf die Literatur des Mittelalters. Ziel ist eine fundierte Analyse der ‚Poetik des Alimentären’ in der höfischen Liebesdichtung des 12. und 13. Jahrhunderts. „Die Darstellung von Essen hat für die Liebesthematik der mittelalterlichen Literatur auf ganz verschiedenen Textebenen eine hohe Bedeutung“, betont Bleuler. Dies habe weitreichende Folgen für die sprachliche Faktur und für die Figuren- und Handlungskonzepte. Um die Zeichenrelationen zwischen Nahrungs- und Liebesthematik herauszuarbeiten, entwickelt Bleuler einen Interpretationsansatz, der Fragen der Textsemantik programmatisch auf kollektive kulturelle Semantiken bezieht. Das Buch leistet damit einerseits einen substanziellen Beitrag zu einer kultursemiotisch orientierten Literaturwissenschaft; andererseits bringt es wesentliche, neue Erkenntnisse zur Poetik der höfischen Liebesdichtung des 12. und 13. Jahrhunderts hervor.
Das Buch: „Essen – Trinken – Liebe. Kultursemiotische Untersuchung zur Poetik des Alimentären in Wolframs ‚Parzival’, Tübingen/Basel: Narr/Francke/Attempto Verlag 2016. Anna Kathrin Bleuler wurde am 8. Juli 1975 in Zürich geboren. Sie studierte Deutsche Sprache und Literatur des Mittelalters, Germanistische Linguistik und Theaterwissenschaft in Zürich und München und absolvierte darüber hinaus die Schauspielschule Zürich. Zwischen 1995 und 2004 übernahm sie zahlreiche Film-, Fernseh- und Theaterrollen bei verschiedenen Produktionsfirmen in Deutschland, Kanada und der Schweiz. Danach entschloss sie sich zu einer wissenschaftlichen Karriere und verfasste eine Dissertation, die sie mit Auszeichnung abschließen konnte. Bleuler war wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität München und habilitierte sich später der Universität Salzburg für „Ältere deutsche Sprache und Literatur“. Seit 2013 ist sie am Fachbereich Germanistik der Universität Salzburg als assoziierte Professorin tätig und übernahm zahlreiche Ämter und Funktionen. Seit 2014 ist Bleuler stellvertretende Fachbereichsleiterin der Germanistik.