Verleihung der Marie-Andeßner-Stipendien an Nachwuchswissenschafterinnen
Bereits zum siebten Mal zeichnete Rektor Heinrich Schmidinger Nachwuchswissenschafterinnen der Universität Salzburg mit den Marie-Andessner-Stipendien aus. Für ihre hervorragenden Diplomarbeiten bekamen die Psychologin Michaela Pfundmair und die Biologin Brigitte Stampfl am 4. April 2011 den Marie-Andessner-Preis verliehen. Dissertationsstipendien erhielten die Theologin Judith Gruber, die Archäologin Doris Knauseder und die Psychologin Christina Steindl. Das Habilitationsstipendium wurde an die Mineralogin Anna Bieniok vergeben.
Die Namen der Stipendiatinnen und Preisträgerinnen von links nach rechts: MMag. Judith Gruber, Dr. Anna Bieniok, Mag. Christina Steindl, Rektor Heinrich Schmidinger, Mag. Michaela Pfundmair, Mag. Doris Knauseder, Brigitte Stampfl MSc. |
„Ziel der Auszeichnungen ist es, Frauen auf unterschiedlichen Qualifikationsebenen in ihrer wissenschaftlichen Karriere zu fördern“ so Rektor Heinrich Schmidinger.
Die Jury-Mitglieder v.l.n.r.: Prof. Ulrike Berninger, Dr. Siegrid Schmidt, Prof. Ulrike Aichhorn, Mag. Ingrid Schmutzhart, Prof. Helga Embacher. | © PLUS
Mit den Stipendien und Preisen werden finanzielle Rahmenbedingungen geschaffen, die es den Wissenschafterinnen ermöglichen, sich ganz auf ihre Forschungsarbeit zu konzentrieren. Die Marie Andeßner Stipendien sind Teil eines vielfältigen Förderprogramms für Frauen an der Universität Salzburg. Die von „gendup Zentrum für Gender Studies und Frauenförderung“ entwickelten Angebote reichen von der Vergabe der Marie Andeßner Stipendien und Preise, Workshops für Studentinnen und einem Lehrgang für Dissertantinnen bis zu einem Campus und Mentoringprogramm für Habilitandinnen.
Benannt sind die Würdigungen nach der Salzburgerin, Marie Andeßner, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts als Reiseschriftstellerin alle fünf Kontinente bereiste und ihre Erfahrungen in Salzburger Medien publizierte. Portraitfotografien von dieser unkonventionellen Frau finden sich leider nicht in den Archiven. Die Künstlerin Irene Andeßner produzierte nun für die Universität Salzburg ein fotografisches Rollenportrait orientiert an historischen Fotografien aus den Fotoalben von im Raum von Maria Andeßners Geburtsort Eberschwang (OÖ) lebenden Nachfahren. Das Rollenportrait ist nun das visuelle Leitbild der „Marie Andeßner-Stipendien“. Als zeitgenössische Interpretation eines historischen Vorbildes in Analogie zur Förderung junger Wissenschaftlerinnen schlägt es eine Brücke zur Gegenwart mit Perspektive für die Zukunft. Die Performance- und Fotokünstlerin ist eine Nachfahrin der Reiseschriftstellerin Maria Andeßner.
Marie Andeßner Habilitationsstipendium
Anna Bieniok
Poröse Materialien spielen eine wichtige Rolle in vielen technischen Verfahren, sei es bei der Aufbereitung von Benzin, bei der Wasserenthärtung, der Filterung von Gasmolekülen oder sogar bei der Entfernung radioaktiver Isotope. Dr.in Anna Bieniok beschäftigt sich seit ihrer Promotion in Kristallographie mit mikroporösen Mineralen, den Zeolithen, und forscht jetzt an Metallphosphaten, die ebenfalls einen gerüstartigen Aufbau mit Hohlräumen und Kanälen aufweisen. Durch den Einbau von bestimmten Metall-Ionen werden die Strukturen und dadurch auch ihre Eigenschaften modifiziert. Die Herstellung und Charakterisierung solcher neuartiger Metallphosphate, sowie auch die Berechnung ihrer Eigenschaften ist das Kernthema des Habilitationsprojektes.
Anna Bieniok war nach Forschungsaufenthalten an den Universitäten von Frankfurt und Bern mehrere Jahre im Fachbereich Materialforschung & Physik der Universität Salzburg tätig, wo sie auch an der Einführung des neuen Studienganges Ingenieurwissenschaften mitwirkte.
Marie Andeßner Dissertationsstipendien
Judith Gruber
Theologie Interkulturell. Eine fundamentaltheologische Grundlagenstudie nach dem cultural turn.
Das Dissertationsprojekt zeigt auf, dass kulturelle Pluralität innerhalb des Christentums nicht erst im Zeitalter der Globalisierung den Kontext für Theologie bildet, sondern vielmehr von Anfang an ihr Strukturmerkmal ist. In einem kulturwissenschafltich informierten Rückblick wird offen gelegt, dass die Identität des Christentums sich von Anfang an in produktiven Zugriffen und kritischen Abgrenzungen von anderen Identitäten entwickelt hat. Die Tradition des Christentums lässt sich von daher als ein vielschichtiger Transformationsprozess lesen, der eine Vielzahl an kontextuell bedingten Christentümern produziert. Diese erst langsam ins theologische Bewusstsein kommende Tatsache stellt eine Theologie nach dem cultural turn vor große Herausforderungen: Wie kann die Einheit und Universalität christlicher Identität gedacht werden, ohne ihre Pluralität und Kontextualität auszublenden? Das Projekt Theologie Interkulturell arbeitet im Rückgriff auf postkoloniale Theorien an einer Neuformatierung der Theologie, die die unhintergehbare Interkulturalität des Christentums nicht ausblendet, sondern produktiv in ihren Aufriss aufnimmt.
Mag. Judith Gruber studierte Religionspädagogik und Anglistik Lehramt an der Universität Salzburg und am Trinity College Dublin, Irland. Seit 2008 ist sie Forschungsstipendiatin am Zentrum Theologie interkulturell und Studium der Religionen (Fachbereich Systematische Theologie, Universität Salzburg) und arbeitet an ihrer Dissertation „Theologie Interkulturell. Eine fundamentaltheologische Grundlagenstudie nach dem cultural turn.“ Von 2007-2011 wurde sie als Stipendiatin der Exzellenz-Studienförderungsstiftung Pro Scientia gefördert, 2008 war sie deren Bundessprecherin. Sie ist Mit-Herausgeberin der Salzburger Theologischen Zeitschrift und zudem als Referentin tätig.
Doris Knauseder
Im Rahmen ihrer Doktorarbeit untersucht Frau Knauseder die römischen Fibeln aus Salzburg unter Einbeziehung der Fibeln der ausgehenden Eisenzeit. Fibeln stellen sowohl in den nordwestlichen Provinzen des römischen Reiches als auch im benachbarten freien Germanien einen wesentlichen Bestandteil der Tracht dar. Da sich bestimmte Fibelformen aus der Eisenzeit heraus entwickelten, lassen sich besonders an diesen Fundstücken die allmähliche Romanisierung und die unterschiedlichen Trachtgruppen in den eroberten Gebieten ablesen. Die bewusste Bewahrung bestimmter Fibelformen kann dabei als Zeugnis kulturellen Selbstverständnisses verstanden werden. Ziel der Doktorarbeit ist die Aufnahme und wissenschaftliche Analyse des gesamten Fibelbestandes aus Salzburg. Anhand des Materials sollen – abgesehen von den Fibelformen – die neuen Elemente durch die Römer sowie die fortlaufenden Traditionen der einheimischen Bevölkerung untersucht werden. Daneben soll speziell der Frage nach der lokalen Fibelproduktion und den bei der Herstellung angewandten Methoden nachgegangen werden.
Mag. Doris Knauseder studierte an der Universität Salzburg Klassische Archäologie mit Studienschwerpunkt Kunstgeschichte. Die intensive Beschäftigung mit den Fibeln war Frau Knauseder bisher durch ein „Forschungsstipendium auf dem Gebiet der Archäologie“ des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung sowie durch ein „Forschungsstipendium“ der Universität Salzburg ermöglicht.
Christina Steindl
In ihrer Dissertation beschäftigt sich Frau Steindl mit dem Zustand der psychologischen Reaktanz, der durch die Einschränkung oder Bedrohung einer Freiheit ausgelöst wird und eine Person dazu motiviert, ihre verlorene oder bedrohte Freiheit zurückzugewinnen. Der bisherigen Forschung zufolge scheint es so zu sein, als ob Freiheitseinschränkungen und die daraus resultierende Reaktanz fast ausschließlich negative Konsequenzen, wie z.B. Aggressionen und Feindseligkeiten, mit sich bringen. Frau Steindl möchte sich in ihrer Dissertation jedoch den positiven Auswirkungen von Einschränkungen widmen. Erste Ergebnisse deuten bereits darauf hin, dass nach einer Freiheitsbedrohung nicht nur Ärger, Aggressionen und Feindseligkeiten, sondern auch eine Aktivierung und Mobilisierung von Energie folgen, um die verlorene oder bedrohte Freiheit wiederherzustellen. Ziel der Dissertation ist es, aufzuzeigen, in welchen Situationen Freiheitsbedrohungen zu einem positiven Erregungszustand führen, in welcher Form sich dieser äußert und wie und in welchen Bereichen man ihn in weiterer Folge auch positiv nutzen kann. Um diesen Fragestellungen nachzugehen, sollen neben Laborexperimenten und Fragebogenerhebungen auch physiologische Messungen durchgeführt werden.
Mag. Christina Steindl studierte Psychologie an der Universität Salzburg. Ein Forschungspraktikum in der Abteilung Sozialpsychologie brachte ihr die wissenschaftliche Forschungstätigkeit näher und motivierte sie eine wissenschaftliche Laufbahn einzuschlagen.
Marie Andeßner Diplomarbeitspreise
Michaela Pfundmair
Michaela Pfundmair beschäftigte sich in ihrer Diplomarbeit mit dem Titel „Die Entschlüsselung von Liquid Trust: Oxytocin und seine psychologischen Effekte im Vertrauenskontext“ mit den psychologischen Funktionen des Bindungshormons Oxytocin. 60 Versuchspersonen setzte sie während des klassischen „Trust Games“ einem Vertrauensmissbrauch aus und erhob explorativ diverse psychologische Prozesse. Die Probanden erhielten im Vorfeld des Experiments intranasal entweder Oxytocin oder ein Placebo; den Versuchspersonen der Kontrollgruppe wurde keine Substanz verabreicht. Während Placebo- und Kontrollgruppe nach dem Vertrauensmissbrauch ihre Investitionen signifikant reduzierten, blieb die Oxytocingruppe vom Vertrauensbruch unberührt und investierte stattdessen konstant weiter. Dieses vertrauensselige Verhalten erklärte sich allein durch eine erhöhte Anzahl an positiven Gedanken bei dieser Gruppe. Frau Pfundmair schlussfolgerte daher, dass Oxytocin zu einem Streben nach sozialen Austausch führt, was wiederum vertrauensseliges Verhalten steigert.
Mag. Michaela Pfundmair spezialisierte sich während ihres Psychologiestudiums an der Universität Salzburg sowohl auf physiologische als auch auf Sozialpsychologie und kombinierte ihre Interessen interdisziplinär in ihrer Diplomarbeit. Dieser Bereich fasziniert sie auch weiterhin: Aktuell arbeitet sie in ihrem Dissertationsprojekt an der LMU München ebenfalls an einem Forschungsthema aus dem Bereich Social Neuroscience.
Brigitte Stampfl
Die Biologin Brigitte Stampfl widmete sich in ihrer Abschlussarbeit für das Masterstudium Ökologie und Umweltbiologie der Situation einer vom Aussterben bedrohten Tierart, der Flussmuschel Unio crassus, im Bundesland Salzburg. Diese einst sehr häufige Großmuschel war noch bis vor 50 Jahren zahlreich in unseren heimischen Gewässern anzutreffen und galt als bedeutender Indikator für die gute ökologische Funktionsfähigkeit der Fließgewässer. Anhand der durchgeführten Freiland-untersuchungen konnte im Laufe dieser Arbeit ein Erlöschen der Unio crassus-Populationen im Bundesland Salzburg nachgewiesen werden. Daraufhin erfolgte eine ausführliche Ursachenanalyse für das Verschwinden dieser Muschelart und basierend auf den erlangten Ergebnissen die Erstellung eines Konzeptes für mögliche Wiederansiedelungsprojekte. Diese für den Erhalt der Biodiversität im Bundesland Salzburg wichtige Masterarbeit wurde in Zusammenarbeit mit der Salzburger Landesregierung Referat Gewässerschutz und unter der Betreuung von Dr. Ao Univ.-Prof. Robert Patzner durchgeführt.
Brigitte Stampfl MSc studierte an der Universität Salzburg und an der Università degli Studi Roma Tre Ökologie und Umweltbiologie und hat dieses Studium mit Auszeichnung abgeschlossen.
Die Erstellung des Rollenporträts I.M- Andeßner ermöglichten folgende ProjektpartnerInnen und SponsorInnen: Schwerpunkt Wissenschaft und Kunst der Universität Salzburg, Frauenbüro der Stadt Salzburg, Stabsstelle für Chancengleichheit, Anti-Diskriminierung & Frauenförderung des Landes Salzburg, Reiseveranstalter TUI Österreich, Mercedes Benz Österreich, Jacinta Schmuck Grieskirchen, Klaus Ficker Bildhauer Salzburg, Progress Salzburg Außenwerbung, Altstadtverband Salzburg.
Information:
Mag.a Ingrid Schmutzhart
gendup – Zentrum für Gender Studies und Frauenförderung
Tel. 0662/8044-2520
www.uni-salzburg.at/gendup