Universität Salzburg: Wissenschaftler für herausragende Publikationen prämiert
Der Kurt-Zopf-Förderpreis 2018 wurde gestern Mittwoch, dem 24. April 2019 an den Pflanzenökologen Stefan Dötterl, den Schlafforscher Manuel Schabus und an den Mathematiker Wolfgang Trutschnig vergeben. Die Salzburger Wissenschaftler erhalten für herausragende Publikationen jeweils 5.000,- Euro Preisgeld.
Wichtige Kriterien für die Preiswürdigkeit sind u.a. die Reputation des Publikationsmediums sowie die Neuheit und wissenschaftliche Bedeutung der Ergebnisse. Der nach seinem Förderer Kurt Zopf benannte Preis wird einmal jährlich vergeben.
Die Arbeit von Stefan Dötterl, welche im Rahmen der Doktorarbeit von Annemarie Heiduk entstanden ist, beschreibt eine neue und besonders listige Bestäuber-Anlockstrategie bei Pflanzen. Die Fallschirm-Leuchterblume ist im südlichen Afrika heimisch, aber auch eine beliebte Zimmerpflanze in Europa. Sie ahmt Alarmpheromone der Honigbiene nach, um Fliegen anzulocken, die normalerweise von Spinnen oder Gottesanbeterinnen gefangene Bienen fressen. Die Autoren fanden heraus, dass die Fliegen ihre Beute anhand der Alarmpheromone der Honigbiene finden, die diese nach einer Attacke eines Räubers abgibt. Genau dieses Verhalten macht sich die Leuchterblume zunutze und ahmt diese Substanzen nach, um hungrige Fliegen in die Irre zu führen und als Bestäuber zu missbrauchen. Aufgrund der spektakulären Befunde konnten Dötterl und Kollegen/innen diese Arbeit in Current Biology publizieren, einer der renommiertesten Zeitschriften ihrer Forschungsdisziplin.
Stefan Dötterl studierte Biologie in Bayreuth und war auch für seine Doktorarbeit und Habilitation an der Universität in Bayreuth tätig. Im Jahr 2012 folgte er dem Ruf der Universität Salzburg auf die Universitätsprofessur für Pflanzenökologie. Er befasst sich mit der Bestäubungsbiologie von Wild- und Nutzpflanzen, der Duftstoff-Kommunikation zwischen Pflanzen und ihren Bestäubern, sowie mit Blütenduft basierten Methoden des Pflanzenschutzes in der Landwirtschaft. Er arbeitet in der Herausgeberschaft verschiedener Fachzeitschriften, ist Leiter des Botanischen Gartens, und stellvertretender Leiter des Fachbereichs Biowissenschaften.
In der prämierten Publikation beschäftigte sich Manuel Schabus mit der nicht-pharmakologischen Methode „Neurofeedback“ (Gehirnwellentraining) zur Behandlung der chronischen SchlafIosigkeit bzw. Insomnie. Bei diesem Training trainiert der Betroffene mittels Elektroden am Kopf direkt seine Gehirnaktivität zu beeinflussen indem er am Monitor diese rückgemeldet bzw. angezeigt bekommt.
Die Probanden erlernten somit die Steuerung von einem Körperprozess, der normalerweise automatisch und unbewusst abläuft. Während frühere Forschungsbefunde andeuteten, das junge Studierende mit leichten Schlafproblemen von Neurofeedback Sitzungen während des Tages profitieren können, konnten die Befunde mit älteren Probanden in der prämierten „Doppel-Blind Studie“ nicht bestätigt werden. Es zeigten sich zwar positive Effekte auf die Schlafqualität, allerdings lediglich auf die subjektiv empfundene! Alle objektiven Parameter im Schlaflabor, wie die Messung der Gehirnwellenänderungen im Elektroenzephalogramm oder Schlafstadien Veränderungen blieb gänzlich unberührt und zeigte keinerlei Veränderungen. Die Befunde wiesen damit einen starken Placebo- Effekt auf, der auftritt, egal ob die Probanden im Schlaflabor 12 Sitzungen lang echtes Neurofeedback trainierten oder zufälliges Pseudo-Feedback vorgespielt bekamen.
Die Studie löste im Neurofeedback-Feld und vor allem unter „Neurofeedback“ -Praktikern große Unruhe und stürmische Diskussionen aus. Entgegen gehalten wurden unzählige Veröffentlichungen von den Proponenten selbst, die jedoch meist wissenschaftlich sehr schlecht kontrolliert sind, bzw. deren Effekte nicht über die beschriebenen subjektiven Placebo- Effekte von Schabus und KollegInnen hinausgehen. „Das Erstaunliche ist, dass diese Studie die erste echte Doppelblind-Studie zum Thema Neurofeedback ist, obwohl diese Methode bereits in den 70er Jahren seine Blütezeit hatte. Neurofeedback- oder „Neurotherapie“- Trainer berufen sich zwar auf die besonderen Effekte vom „Gehirnwellen- Training“, konnten diese Gehirnwellen-Veränderungen aber in Veröffentlichungen nie nachweisen“, betont Manuel Schabus. In all diesen Publikationen konnten lediglich subjektive Veränderungen gezeigt werden, die aufgrund von unspezifischen Placebo Effekten erklärbar sind und durch „high-tech“-lastige Methoden wie dem Neurofeedback besonders stark ausfallen. Schabus fordert daher gut kontrollierte wissenschaftliche Studien von unabhängigen Forschergruppen. Generell sei die Idee von nicht-pharmakologischer Intervention mit Neurofeedback nämlich durchaus „interessant, ansprechend und verfolgenswert, so Schabus.
Manuel Schabus ist Schlafforscher im „Centre for Cognitive Neuroscience“ des Fachbereichs Psychologie an der Universität Salzburg. Neben dem Aufbau des Schlaflabors an der Universität hat er zahlreiche Beiträge zum Lernen im Schlaf, sowie zum veränderten Bewusstsein im Wachkoma veröffentlicht und ist neben seiner wissenschaftlichen Arbeit als Psychotherapeut tätig. Schabus hat über 90 Veröffentlichungen in internationalen Fachjournalen und mehr als 8000 Zitationen. 2014 wurde er mit dem FWF START Preis für seine Arbeiten zur Gehirnforschung ausgezeichnet und als Universitätsprofessor für „Kognition und Bewusstsein“ berufen.
Die prämierte Arbeit von Wolfgang Trutschnig löst ein seit den 1950er Jahren offenes, bekanntes Problem aus der mathematischen Statistik und beschreibt den genauen Zusammenhang der bekanntesten Konkordanzmaße, Kendall’s tau und Spearman’s rho, für ALLE Verteilungen. Dass das Problem gelöst werden konnte, ist nicht zuletzt einer Zusammenarbeit zweier Arbeitsgruppen des Fachbereichs Mathematik zu verdanken, der Arbeitsgruppe Diskrete Mathematik (Dr. Roland Paulin) und der Arbeitsgruppe Statistik/Stochastik (Manuela Schreyer, MSc, und Assoz.Prof. Dr. Wolfgang Trutschnig). Die Arbeit wurde im weltweit höchstgerankten Journal für Statistik, dem Journal of the Royal Statistical Society: Series B (Statistical Methodology), publiziert, und vom zuständigen Associate Editor als wiefolgt beschrieben: „The paper is a technical master piece, providing a solution to a well-known and long-standing open problem.“
Wolfgang Trutschnig ist mathematischer Statistiker, arbeitet in erster Linie auf dem Gebiet der Abhängigkeitsmodellierung, also der Analyse von Zusammenhängen sogenannter Zufallsvariable, und versucht insbesondere Einflüsse von Variablen auf andere Variable zu quantifizieren. Die entwickelten Methoden haben Anwendungen weit über die Statistik hinaus, eine sehr enge Zusammenarbeit besteht derzeit unter anderem mit dem Ökologen Robert Junker, der 2018 den österreichischen START Preis gewonnen hat.
Foto: v.l.n.r. Wolfgang Trutschnig, Stefan Dötterl, Vizerektorin Fatima Ferreira-Briza, Rektor Heinich Schmidinger und Manuel Schabus. Fotonachweis: Scheinast
Foto: v.l.n.r. Wolfgang Trutschnig, Stefan Dötterl, Vizerektorin Fatima Ferreira-Briza, Rektor Heinich Schmidinger und Manuel Schabus. Fotonachweis: Scheinast