Universität Salzburg: Nachwuchswissenschafterinnen ausgezeichnet
Die heutige Verleihung der Marie-Andeßner-Preise und Stipendien zeigte das breite Themenspektrum, mit dem sich Nachwuchswissenschafterinnen an der Universität Salzburg befassen. Es reicht von Machtstrukturen der NSDAP Salzburg, mehr Transparenz im Vergaberecht, Sinn oder Unsinn von Schokoladeverzicht in Diäten oder Gold-Nanopartikel in der Medizin.
Für ihre hervorragenden Masterarbeiten bekamen die Naturwissenschafterinnen Anna Richard und Mirjam Zimmermann heute, am 11. April den Marie-Andeßner-Preis verliehen. Dissertationsstipendien erhielten die Historikerin Barbara Huber und die Rechtswissenschafterin Ruth Rützler.
Marie Andeßner Dissertationsstipendien
Mag.a Barbara Huber
„Herrschafts- und Machtstrukturen der NSDAP Salzburg. Profil(e), Vernetzungen, Handlungs(spiel)räume“ Der Fokus der Dissertation liegt auf dem komplexen NSDAP-Parteiapparat und den darin führend agierenden Nationalsozialistinnen und Nationalsozialisten von der Gauebene abwärts. In der NS-„Täterforschung“ wurden diese „Tätergruppen“ noch kaum beachtet, obwohl sie maßgeblich bis in die letzten Kriegstage für die Aufrechterhaltung des NS-Systems vor Ort verantwortlich waren. Barbara Huber studierte Germanistik und Geschichte an den Universitäten Salzburg und Berlin. Sie war und ist Mitarbeiterin in unterschiedlichen Projekten der Zeitgeschichte – wie dem Projekt „Die Stadt Salzburg im Nationalsozialismus“ – und der Neueren Geschichte.
Mag.a Ruth Rützler
„Entwicklungen im modernen Vergaberecht – Auf dem Weg zu mehr Transparenz?“ Großprojekte der öffentlichen Hand erregen oftmals mediale Aufmerksamkeit. Der Skandal um die immensen Kostenüberschreitungen im Rahmen des „Skylink Terminal“ des Flughafen Wien ist ein typisches Beispiel für das enorme Medienecho. Das Transparenzgebot als Leitgedanke des Vergaberechts versucht einerseits derartige Ineffizienzen zu verhindern, gleichzeitig hat es Einfluss auf die Legitimität der politischen Entscheidungsträger in der öffentlichen Wahrnehmung. Ziel dieses Dissertationsprojektes ist es, Stand und Entwicklung des Transparenzgedankens im modernen Vergaberecht rechtsdogmatisch zu erfassen. Ruth Rützler studierte in Salzburg und Moskau Rechtswissenschaften und Recht & Wirtschaft. Die abschließende Diplomarbeit über das Vergabeverfahren der Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung wurde mit dem Kommunalen Wissenschaftspreis ausgezeichnet. Mit dem Dissertationsvorhaben unter der Betreuung von Univ.-Prof. Dr. Thomas Müller, LL.M. soll nunmehr eine weitere wissenschaftliche Vertiefung auf dem Gebiet des Vergaberechts erfolgen.
Marie Andeßner Preise
Anna Richard, MSc
„Chocolate Craving: State or Trait? – Effects of hedonic dieting on implicit and explicit attitudes towards chocolate in high and low chocolate cravers“ Übergewicht gehört zu den wachsenden Problemen unserer Wohlstandsgesellschaft. Nur wenige Diäten zeigen den gewünschten Erfolg. Anna Richard hat untersucht, welche psychologischen Auswirkungen ein selektiver Verzicht auf Schokolade hat und konnte nachweisen, dass beim Diäthalten ein rigider Verzicht auf den Lieblingssnack nicht hilfreich ist, sondern flexiblere Strategien einen größeren Diäterfolg bringen. Anna Richard widmet sich einem breiten Spektrum unterschiedlicher Forschungsthemen wie z.B. der Erfassung von Nahrungsmittelpräferenzen bei Kindergartenkindern, der Untersuchung von negativer Zurückweisung im Kontext von Depression und der Evaluation einer psychosozialen Kurzzeitintervention bei Brustkrebspatientinnen. Seit Oktober 2015 ist sie Doktorandin im Eating Behavior Laboratory der Universität Salzburg unter Anleitung von Univ.-Prof. Dr. Jens Blechert und wird dabei inhaltlich an das Thema ihrer Masterarbeit anknüpfen. Perspektivisch soll diese Forschungslinie dann auch mit EssstörungspatientInnen umgesetzt werden, um das Zusammenspiel zwischen Diäthalten, Selbstkontrolle und Überessen noch besser zu verstehen.
Mirjam Zimmermann, MSc
„Interactions of charged gold nanoparticles with immune cells – implications for binding and uptake mechanisms“ Während ihrer Arbeit hat sich die Biologin Mairjam Zimmermann mit der Herstellung, Modifizierung und Analyse von Goldnanopartikeln beschäftigt. Nanopartikel finden vermehrt Einsatz in der medizinischen Behandlung und sind allgegenwärtiger Bestandteil vieler Materialien. Besonders relevant waren dabei für sie die Auswirkungen solcher Nanopartikel auf menschliche Immunzellen, um ein Verständnis für die Toxizität und die daraus resultierenden Entzündungsmerkmale zu erlangen. Mirjam Zimmermann wurde 1990 in Feldkirch, Vorarlberg geboren und hat 2009 mit dem Studium Molekulare Biowissenschaften in Salzburg begonnen. Sie hat seit jeher großes Interesse an den Naturwissenschaften und konnte somit ihr Studium 2014 erfolgreich abschließen. Derzeit beschäftigt sie sich im Rahmen ihrer Doktorarbeit mit der Funktions- und Strukturaufklärung eines bakteriellen Proteinkanals.
Hintergrund und Ziel der Marie Andeßner Stipendien und Preise des gendup – Zentrum für Gender Studies und Frauenförderung
Die Statistiken zeigen, dass der Frauenanteil in universitären Führungspositionen noch immer relativ gering ist. Die Universität Salzburg versucht unter anderem durch die Vergabe der Marie Andeßner Stipendien und Preise einen Beitrag zur Verbesserung dieser Situation zu leisten. Die Stipendien ermöglichen es, Nachwuchswissenschafterinnen auf unterschiedlichen Qualifikationsebenen zu fördern. Mit den Stipendien und Preisen werden finanzielle Rahmenbedingungen geschaffen, die es den Wissenschafterinnen ermöglichen, sich ganz auf ihre Forschungsarbeit zu konzentrieren.
Benannt sind die Würdigungen nach der Reiseschriftstellerin Marie Andeßner. Die 1833 geborene Salzburgerin unternahm um 1900 als über 60-jährige Frau allein und ohne Begleitung Weltreisen in alle fünf Kontinente. Ihre Reiseerfahrungen publizierte sie in Salzburger Medien und ließ so Daheimgebliebene an ihren Erlebnissen teilhaben. Mit ihren Reisen verließ sie die enge, private Lebenswelt, die Frauen Ende des 19. Jahrhunderts zugewiesen wurde, setzte sich über gesellschaftliche Rollenzuweisungen hinweg und eroberte eine für sich und ihre LeserInnen unbekannte und aufregende Welt. Marie Andeßner stellt heute für junge Wissenschafterinnen ein historisches Vorbild dar und motiviert sie, ebenfalls neue Wege zu beschreiten und einen wichtigen Platz in der wissenschaftlichen Community einzunehmen.
Die Marie Andeßner Stipendien sind Teil eines vielfältigen Förderprogramms für Frauen an der Universität Salzburg. Die von „gendup – Zentrum für Gender Studies und Frauenförderung“ entwickelten Angebote reichen von der Vergabe der Marie Andeßner Stipendien und Preise, Workshops für Studentinnen sowie einem Lehrgang für Dissertantinnen und einem Campus für Habilitandinnen bis zu den Mentoringprogrammen.
Foto: Ingrid Schmutzhart vom gendup, Ruth Rützler, Anna Richard, Barbara Huber und Vizerektorin Sylvia Hahn | © Neumayr/LEO