Spezialisten für Wärme, Druck und Temperatur
Universitätsprofessor Edgar Dachs von der Universität Salzburg untersucht in Österreichs einzigem Kalorimetrie-Labor Materialien auf ihre Eigenschaften, insbesondere auf Wärme, Druck und Temperatur. Kalorimetrie ist eine physikalische Methode zur Messung von Wärmeeffekten, wie zum Beispiel der Wärmekapazität. Sie gibt an, wie viel Wärme ein Stoff bei einer bestimmten Temperatur aufnehmen kann.
Universitätsprofessor Edgar Dachs untersucht Materialien auf ihre Eigenschaften | © Kolarik
Wird es draußen kalt, ziehen wir uns gerne in unsere eigenen vier Wände zurück. Die Mauern unserer Häuser und Wohnungen halten sowohl extremer Hitze als auch klirrender Kälte stand – dank ihrer Materialeigenschaften.
Im Kalorimetrie-Labor an der Naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Salzburg beschäftigt sich sein Gründer Edgar Dachs gemeinsam mit Artur Benisek und Charles A. Geiger mit Wärmekapazitäts-Messungen an verschiedensten Substanzen. Das Studium dieser Eigenschaften ermöglicht die Berechnung der Stabilität des Materials. Für die Zementindustrie ist es etwa wichtig, solche Materialeigenschaften zu kennen. „Da müssen Temperatur und das richtige Mischungsverhältnis stimmen, um das gewünschte Endprodukt zu erhalten“, so Dachs. Aktuell führt das Salzburger Labor in Kooperation mit dem F.A. Finger-Institute for Building Material Science der Bauhaus University Weimar Messungen an Baumaterialien durch.
Die Geschichte der Gesteine
Nicht nur für industrielle Stoffe – auch im Bereich der Geowissenschaften sind solche Daten von großer Bedeutung. Dachs dazu: „Heute wissen wir von Zonen, wo Gesteine tief in das Erdinnere hineingezogen werden. Da steigen Druck und Temperatur und Mineralien verändern sich. Unsere kalorimetrischen Messungen ergeben thermodynamische Daten. Deren Anwendung auf Gesteine erzählt uns, wie und unter welchen Bedingungen sie entstanden sind. So lernen wir ihre Geschichte kennen.“
Helium-Recycling
Der Ausgangspunkt aller kalorimetrischen Messungen sind gut charakterisierte Proben. Das Besondere ist, dass nur wenige Milligramm dafür notwendig sind. Mit Hilfe von Hochdrucktemperatur-Einrichtungen wie Hydrothermalapparatur und Pistonzylinderpresse können die Proben im Labor hergestellt werden. „Wir verwenden aber auch natürliche Materialien, deren Eigenschaften wir hier messen. Kooperationen mit der Industrie, internationalen Instituten und Labors schlagen sich in einer Vielzahl wissenschaftlicher Publikationen nieder“, so der Kalorimetrie-Experte. Die Wärmekapazität der Proben wird entweder im Tieftemperatur-Kalorimeter (minus 271 bis plus 30 Grad Celsius) gemessen oder im Hochtemperatur-Kalorimeter (null bis maximal 700 Grad Celsius). Wesentlich aufwändiger in seiner Instandhaltung ist das Tieftemperatur-Kalorimeter, da es mit Flüssig-Helium betrieben wird. „Das bekommen wir alle fünf Wochen von der TU Wien. Unser ´verbrauchtes´ gasförmiges Helium wird an der TU Wien wieder zu tiefkaltem Helium verflüssigt. Pflegeleichter ist das Hochtemperatur-Kalorimeter, es verbraucht nur Strom“, verdeutlicht Dachs.
Erste kalorimetrische Schritte
„Ich habe mich immer schon mit Thermodynamik beschäftigt und früher viel experimentiert. Zur Auswertung der Experimente muss man bestimmte Eigenschaften von Substanzen kennen und braucht deshalb Wärmekapazitätsdaten“, begründet Dachs. „So entstand die Idee, dieses Kalorimeter für die Universität Salzburg zu erwerben und im Bereich der Grundlagen- und angewandten Forschung einzusetzen. Das in Salzburg installierte Tieftemperatur-Kalorimeter war das erste kommerziell erwerbbare Gerät dieser Art.“ Finanziert vom FWF (Fonds zur Förderung der Wissenschaftlichen Forschung) begann Edgar Dachs im Jahr 2004 mit Messungen. Erste Publikationen wurden 2005 veröffentlicht, mittlerweile sind es über 30 Artikel in internationalen Fachzeitschriften und fünf vom FWF geförderte Projekte.
Heute sind Dachs und sein Team weltweit anerkannte Kalorimetrie-Spezialisten. Das Interesse für diese Geräte steigt, immer mehr Labors werden aufgebaut. „Wir haben jetzt sehr viel Erfahrung, wie man welche Stoffe am besten misst. Da kommt es auf unzählige Details an. Im Laufe der Zeit konnten wir uns viele Tricks aneignen. Dieses Know-How geben wir auch gerne weiter“, so Dachs.
Weitere Forschung
Eine zweite angewandte Forschungsrichtung ist jene an Lithium-Oxid-Granaten. Sie zeigen eine sehr hohe Ionen-Leitfähigkeit für Lithium. Dadurch könnten sie künftig in Lithium-Batterien, die sich in Laptops, Handys, Elektroautos und anderen elektronischen Geräten befinden, eingesetzt werden. Projektmitarbeiter Charles A. Geiger dazu: „Derzeit eingesetzte Li-Ionen Batterien benötigen flüssige Polymer-unterstützte Elektrolyte. Diese weisen aber deutliche Nachteile auf – sie sind schnell entflammbar und es besteht das Risiko des Ausrinnens. Für künftige Anwendungen ist deshalb die Suche nach thermisch stabilen festen Li-Ionenleitern von großem Interesse.“
Kontakt:
Ao. Univ.-Prof. Dr. Edgar Dachs
Fachbereich Materialforschung & Physik, Leiter des Kalorimetrie-Labors
Tel: 0662-8044-5439