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Preisregen für Magdalena Hiebl-Fuchs für ihre Dissertation zu optimierter Gestaltung von Verträgen

Juristen gehen davon aus, dass Rechtsinstrumente wie zum Beispiel Pönalen (Vertragsstrafen) präventiv wirken und die Schuldner zur Vertragstreue anhalten. Ob dies tatsächlich der Fall ist, ist aber bisher empirisch nicht belegt. Magdalena Hiebl-Fuchs hat nun in ihrer rechtswissenschaftlichen Dissertation die mögliche verhaltenssteuernde Wirkung von Pönalen untersucht, methodisch innovativ, auf der Grundlage der Erkenntnisse der Ökonomik und Verhaltensökonomik. Ziel ihrer Arbeit ist es, Empfehlungen für eine optimierte Vertragsgestaltung zu geben. 

Für die Arbeit wurde Magdalena Hiebl-Fuchs dreimal ausgezeichnet: Zuletzt mit dem Young Investigators Award der Paris Lodron Universität Salzburg. 

Eine Pönale (Vertragsstrafe) ist ein gängiges Instrument der Vertragsgestaltung. Es ist auf die Zahlung einer bestimmten Geldsumme gerichtet und dient unter anderem dazu, einen Schuldner zur Einhaltung des Vertrags anzuhalten. Umfassend von der Pönale Gebrauch gemacht wird etwa in der Baubranche, für den Fall, dass eine Leistung zum Beispiel nicht fristgerecht erbracht wird, oder bei Arbeitsverträgen, um das Konkurrenzverbot abzusichern.

Juristen gehen – auch bei Pönalen – von der Annahme aus, dass Menschen rationale Entscheidungen treffen, entsprechend der Modellvorstellung der Wirtschaftstheorie vom homo oeconomicus, der stets bestrebt ist, seinen persönlichen Nutzen zu maximieren.

Doch in der Praxis handeln Menschen auch in wirtschaftlichen Situationen nur bedingt rational. Zum Beispiel belohnen Menschen faires Verhalten und bestrafen unfaires Verhalten, obwohl sie dafür Kosten zu tragen haben. Oder sie nutzen unbewusst einfache Faustregeln, die sie aber in die Irre führen können. Mit diesen auch stark von Emotionen gesteuerten Verhaltenstendenzen in realen Entscheidungssituationen beschäftigt sich die Verhaltensökonomik. Sie ist ein noch junger Forschungszweig, sie arbeitet empirisch.

„Empirische Untersuchungen zur tatsächlichen Wirkung von Pönalen gibt es so gut wie nicht. Deswegen habe ich diesen methodischen Zugang gewählt. Ich wollte wissen, ob es für das, was Juristen bei Pönalen – empirisch kaum begründet – annehmen, Anhaltspunkte in der ökonomischen und verhaltensökonomischen Forschung gibt“, sagt Magdalena Hiebl-Fuchs.

Dafür hat die Juristin für ihre Dissertation ökonomische und verhaltensökonomische Literatur sowie zahlreiche verhaltensökonomische Studien, die für die Wirkung von Pönalen relevant sein könnten, evaluiert. „Ein zentraler Punkt bei Pönalen ist zum Beispiel die Vorhersehbarkeit der Strafe. Ich habe deshalb u.a. die verhaltensökonomische Literatur zum Thema Vorhersehbarkeit ausgewertet. Wie wirkt es auf Menschen, wenn sie genau wissen, mit welcher Zahlung sie rechnen müssen?“

Eigene empirische Studien hat Magdalena Hiebl-Fuchs nicht durchgeführt. Weiterführende empirische Untersuchungen wären aber interessant, ist die Juristin überzeugt. Doch schon  jetzt seien auf Basis ihrer Forschungsergebnisse einige Stellschrauben erkennbar, an denen angesetzt werden könnte, um die verhaltenssteuernde Wirkung von Pönalen zu optimieren, etwa der Punkt Verschuldensunabhängigkeit. „Wenn man zum Beispiel eine verschuldensunabhängige Pönale vereinbart, was nicht der Regelfall ist, kann das zu einer Verstärkung der Präventionswirkung führen, weil dadurch die Zahlung wahrscheinlicher wird. Wenn zum Beispiel eine Firma eine Kücheneinrichtung nicht firstgerecht liefert, müsste sie eine für diesen Fall vereinbarte Pönale zahlen, egal ob sie am Verzug schuld ist oder nicht, und das erhöht der ökonomischen und verhaltensökonomischen Forschung folgend den Druck zur Vertragserfüllung.“

Magdalena Hiebl-Fuchs plädiert auch dafür, Pönalen möglichst präzise und konkret zu präsentieren, etwa mit Vergleichsbeispielen oder mit Kostenaufschlüsselungen in absoluten Summen statt in Prozentsätzen. Denn die verhaltensökonomische Forschung zeigt, dass konkrete Informationen tendenziell besser wirken als abstrakte Angaben.

Außer der Pönale hat Magdalena Hiebl-Fuchs auch die Reugeldabrede und den Garantierten Maximalpreisvertrag untersucht.

Auch wenn die Ergebnisse generell oft nicht eindeutig sind und von verschiedenen Faktoren wie der Rationalität der Vertragsparteien abhängen, hat die Untersuchung durchaus auch praktischen Nutzen, ist Hiebl-Fuchs überzeugt „Wissen über potentiell verhaltenssteuernde Instrumente im rechtsgeschäftlichen Bereich verhilft Vertragsparteien zu einer rationaleren Entscheidungsfindung. Zudem vermittelt die Untersuchung zukünftigen Vertragsparteien Anhaltspunkte, um die jeweiligen Vertragspartner im Rahmen der Vertragsverhandlung und deren mögliche Reaktionen bei der Vertragserfüllung besser einschätzen zu können und außerdem Argumente der Verhaltenssteuerung durch Vertragsgestaltung selbst einsetzen zu können.“

Betreut wurde ihre Dissertation „Verhaltenssteuerung durch Vertrag – unter besonderer Berücksichtigung der Vertragsstrafe“ von den Professoren Andreas Kletečka und Georg Graf vom Fachbereich Privatrecht der Universität Salzburg. Der Hauptbetreuer Kletečka betont den innovativen Ansatz der Arbeit, die die juristische und sozialwissenschaftliche (empirische) Ebene zusammenbringt, was im Bereich der Vertragsgestaltung ein originäres Unterfangen darstellt.

Magdalena Hiebl-Fuchs ist in Werfen aufgewachsen. Sie studierte Rechtswissenschaften in Salzburg (Abschluss 2020) und arbeitete daneben als Studienassistentin am Fachbereich Privatrecht. Zudem sammelte sie Erfahrungen als Praktikantin in diversen Rechtsanwaltskanzleien. Anfang 2020 begann sie das Bachelorstudium Recht und Wirtschaft  (Abschluss Oktober 2022) und Anfang 2021 das Doktoratsstudium der Rechtswissenschaften in Salzburg (Abschluss März 2024). Während des Doktoratsstudiums arbeitete sie als Projektassistentin bei Prof. Kirsten Schmalenbach am Fachbereichsteil Völkerrecht. Derzeit ist sie in Salzburg am Gericht als Rechtspraktikantin tätig.

Am 23. Oktober 2024 wurde Magdalena Hiebl-Fuchs in Salzburg mit dem AK Wissenschaftspreis ausgezeichnet. Am 14. November 2024 fand in Linz die Verleihung des Walter Haslinger Preises 2024 an Madgalena Hiebl-Fuchs statt.  Am 28. November 2024 erhielt sie den Young Investigators Award der Paris Lodron Universität Salzburg.

Kontakt:

Magdalena Hiebl-Fuchs

HR Mag. Gabriele Pfeifer

Leitung Kommunikation und Fundraising

Paris Lodron Universität Salzburg | Abteilung Kommunikation und Fundraising

Kapitelgasse 4-6 | A-5020 Salzburg

Tel: +43 662 8044-2024

E-Mail an HR Mag. Gabriele Pfeifer

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