Preis für Forschung zur Fingervenenerkennung für die Biometrie
Der Informatik-Dissertant Bernhard Prommegger hat für die Entwicklung von Strategien zur Lösung eines der wichtigsten Probleme bei der Nutzung der Fingervenen als biometrisches Merkmal den „2022 European Association for Biometrics (EAB) Research Award“ erhalten. Konkret geht es in Prommeggers Arbeit um das Problem der Fingerrotation. Da die Fingervenen – wie Venen generell – zeitlebens unverändert bleiben und bei jedem Menschen unterschiedlich sind, stellen sie ein eindeutiges Identifikationsmerkmal dar, sind also prinzipiell für biometrische Methoden bestens geeignet. Allerdings verunmöglichen in der Praxis oft Drehungen des Fingers um seine Längsachse, die im Venenscanner nicht verhindert werden können, eindeutige Muster- Zuordnungen. Um dieses Problem zu lösen hat Bernhard Prommegger u.a. neue Sensoren entwickelt.
Das Team um den Salzburger Computerwissenschaftler Professor Andreas Uhl, bei dem Bernhard Prommegger dissertiert hat, gehört zu den weltweit führenden Gruppen im Bereich Finger- und Handvenen-Biometrie.
Nach 20 Jahren experimenteller Anwendung erfreuen sich Fingervenen-Scanner – wie generell die Venen-basierte Biometrie – immer größerer Beliebtheit. Am häufigsten wird die Fingervenenerkennung bei Geldautomaten und beim online Banking im asiatischen Raum eingesetzt. Das Prinzip: Die Muster der Blutgefäße in den Fingern, die bei jedem Menschen einzigartig sind, werden als eindeutiges Identifikationsmerkmal verwendet. Die Venen werden unter Nahinfrarotlicht (NIR) sichtbar, genauer gesagt werden nicht die Venen abgebildet, sondern das Blut in den Venen. Der physikalische Effekt der Fingervenenerkennung beruht auf der verstärkten Absorption von Infrarotstrahlen im Sauerstoff-armen venösen Blut.
Fingervenenscanner erfassen normalerweise einen einzelnen Finger von der zur Handinnenfläche gehörigen Seite. Die meisten Scanner haben eine Auflage, auf der der Finger platziert werden muss, um Fehlstellungen des Fingers zu vermeiden. Dies kann jedoch eine Drehung des Fingers um seine Längsachse nicht verhindern. „Diese Fingerrotation stellt ein ernsthaftes Problem bei der Erkennung von Fingervenen dar, da das resultierende Venenbild aufgrund der perspektivischen Projektion völlig unterschiedliche Muster darstellen kann. Denn wenn das Gerät die Blutgefäße unter verschiedenen Perspektiven aufnimmt, sehen sie zu unterschiedlich aus, um sagen zu können: ja, das ist die gleiche Person“, erklärt der Computerwissenschaftler Andreas Uhl.
Mit diesem Problem hat sich Bernhard Prommegger in seiner von Andreas Uhl betreuten Dissertation „Finger Rotation Estimation and Correction in Finger Vein Biometrics“ (Schätzung und Korrektur der Fingerrotation in der Fingervenenbiometrie) auseinandergesetzt und Strategien zur Lösung aufgezeigt. „Ich habe einerseits neue, kostenoptimale Sensoren entwickelt. Andererseits habe ich KI- basierte und klassische Verfahren zur Rotationsschätzung und Rotationskompensation entworfen und implementiert. Man kann nämlich das Fingerrotations-Problem in den Griff bekommen, wenn man nachträglich die Rotation im Erkennungsvorgang kompensiert, und parallel dazu auch von vornherein, vor dem Erkennungsvorgang, die Rotation durch Schätzung kompensiert.“
Die Ansätze von Bernhard Prommegger, der seit kurzem nicht mehr an der die Paris Lodron Universität beschäftigt ist, stoßen bei Anwendern auf reges Interesse, berichtet Andreas Uhl. „Die Firma global ID hat einen Sensor entwickelt, der genau den Vorschlägen von Herrn Prommegger entspricht. Auch ein Prototyp der Uni Twente basiert auf diesem Design.“
Ein Vorteil der Fingervenenerkennung bzw. der Handvenenerkennung generell gegenüber anderen biometrischen Methoden liegt laut Uhl im besseren Schutz der Privatsphäre. „Da man spezielle Beleuchtung und Kameras braucht, und nicht unbemerkt aus der Entfernung aufnehmen kann, wird die Privatsphäre bei der Fingervenenerkennung besser geschützt als bei der Gesichtserkennung oder beim Fingerprint. Außerdem stellen Schäden, Krankheit oder Verschmutzungen der Haut kein Problem dar. Und auch das Herstellen von Artefakten, also künstlichen Adern-Mustern, die man dem Sensor präsentieren kann, ist deutlich schwieriger als bei Fingerabdrücken.“
Bei der Forschung zur Fingervenenerkennung bzw. generell zur Handvenenbiometrie gehört Andreas Uhl mit seinem Team zu den weltweit führenden Gruppen. Uhl ist u.a. Herausgeber des Springer „Handbook of Vascular Biometrics“ ( https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-030-27731-4) „Wir stellen auch für die Forschung und die Community Datensätze und von uns entwickelte Software zur Verfügung, und zwar in Form von open source und reproducible research, also frei zugänglich und reproduzierbar,“ so Uhl
Der European Association Biometrics Award (EAB) ist der einzige europäische Preis im Bereich Biometrie. Er wird jährlich in drei Kategorien vergeben. Bernhard Prommegger erhielt den mit 1000 Euro dotierten Research Award. Bereits 2012 und 2013 ging der Preis nach Salzburg.
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Foto: Univ.-Prof. Dr. Andreas Uhl | © Kolarik
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Univ.-Prof. Dr. Andreas Uhl
Fachbereich Artificial Intelligence and Human Interfaces (AIHI)
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Gabriele Pfeifer
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