Pillenforschung in Salzburg – das Gehirn im Fokus
Auf dem Weg zu einer individualisierten Medizin
Die Anti-Baby-Pille feierte gerade ihr 60-Jahre-Jubiläum und wird auch heuer zum Tag der Pille am 18. August wieder heiβ diskutiert. Sie war ein Meilenstein in der Geburtenkontrolle und ist inzwischen eines der bestuntersuchten Medikamente. Mittlerweile gibt es zahlreiche verschiedene Präparate mit unterschiedlicher Wirkstoff-Zusammensetzung und diese werden weltweit von Hunderten Millionen Frauen verwendet. Fast jede Frau in Österreich hat Erfahrungen mit der Pille – manche sehr positive, andere negative. Frauen unterscheiden sich sehr stark in ihrer Reaktion auf die Einnahme unterschiedlicher Pillen. Während sich manche Frauen wohler fühlen, wenn sie die Pille einnehmen, ist bei anderen Frauen genau das Gegenteil der Fall.
Und genau da setzt die seit Jahren in Salzburg etablierte und nun mit einem hochdotierten ERC Starting Grant finanzierte Pillenforschung an. In einer Zusammenarbeit der Uniklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität Salzburg (PMU) und der Paris Lodron Universität Salzburg (PLUS) wird in einer breit angelegten Studie untersucht, welchen Einfluss die Pille auf das Gehirn von Frauen hat.
Was zunächst paradox erscheinen mag, ist bei genauerer Betrachtung eigentlich naheliegend: Das Gehirn ist nicht nur das Kontrollorgan unseres Hormonsystems, es ist auch in allen Lebenslagen ein Zielorgan für die Wirkung von Geschlechtshormonen – bei Frauen und Männern gleichermaβen. „Wir denken, dass im Gehirn möglicherweise der Schlüssel zu individuellen Pillenreaktionen liegt“, so Prof. Belinda Pletzer vom Centre for Cognitive Neuroscience der PLUS. Unterschiede in der Neurophysiologie könnten erklären, wieso die Pille bei manchen Frauen die Stimmung verbessert und bei anderen Frauen die Stimmung verschlechtert. Diese Stimmungsveränderungen wurden seit Beginn der Pillenanwendung beobachtet, doch bisher kann man schwer vorhersagen, wie eine Frau auf eine bestimmte Pille reagieren wird.
Für Professor Thorsten Fischer, Vorstand der Uniklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, „ist dies von großer Wichtigkeit, denn eine Verschlechterung der Stimmung bedeutet für die Betroffenen einen hohen Leidensdruck – nicht umsonst ist dies einer der meist genannten Gründen, wieso Frauen die Pille wieder absetzen. So betrachtet ist es erstaunlich, dass das Gehirn nicht schon vor längerer Zeit in den Fokus der Pillenforschung gerückt ist“.
Neben dem wissenschaftlichen Input freuen sich die beiden Forscher Pletzer und Fischer, dass die gute Zusammenarbeit beider Universitäten, PMU und PLUS, auf diesem Gebiet, zukunftsweisend für weitere gemeinsame Projekte sein könnte. „Dies stärkt natürlich auch den Wissenschaftsstandort Salzburg“, sind die beiden eins.
An der Studie können Frauen ab 14 Jahren teilnehmen, die an einer Pilleneinnahme interessiert sind. Mittels Magnetresonanztomographie (MRT) werden vor, während und gegebenenfalls auch nach der Pilleneinnahme Aufnahmen des Gehirns gemacht und die Teilnehmerinnen werden gebeten, detaillierte Angaben zu ihrer Stimmung zu machen. Darüber hinaus untersuchen die beiden Universitäten erstmals, ob es einen Zusammenhang zu verschiedenen Denkaufgaben gibt. Die Ergebnisse der Studie könntenden Weg für eine individuellere Beratung ebnen und Frauen eine Verhütungsentscheidung auf der Grundlage besserer Informationen ermöglichen.
Kontaktdaten für interessierte Teilnehmerinnen
Studienverantwortliche