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NEUER GEOLOGIE-PROFESSOR ERFORSCHT WECHSELWIRKUNGEN ZWISCHEN KLIMAWANDEL UND GEBIRGSBILDUNG

„Es hört sich nach Elfenbeinturm an, wenn sich Geolog*innen mit Prozessen beschäftigen, die vor 10 bis 50 Millionen Jahren stattgefunden haben. Aber das Gegenteil ist der Fall. Was wir machen, betrifft jeden. Nicht nur beim Hausbau, bei dem man den Untergrund kennen muss. Sondern jetzt mit der Klimakrise betrifft es buchstäblich jeden einzelnen von uns,“ sagt Christoph von Hagke.
„Klimalabor“ Thermochronologie
An der Wechselwirkung zwischen Klima und Tektonik (Gebirgsbildung) forschen viele Geowissenschaftler*innen. Was zeichnet von Hagkes Forschung zu dieser Thematik aus?
„Die meisten Forschungsgruppen sind geomorphologisch ausgerichtet, das heißt, sie untersuchen, wie sich die Topographie verändert hat. Es geht dabei um Prozesse nahe an der Erdoberfläche, um Landschaftsentwicklungsmodelle. Ich untersuche aber zusätzlich auch Vorgänge, die in der tieferen Erde stattfinden. Zum einen untersuche ich mikroskopische Untersuchungen von Gesteinen, um zu verstehen wie Gesteine brechen oder gefaltet werden. Das verbinde ich mit großskaligen Untersuchungen von Gebirgserosion auf langen Zeiträumen, die ich mit Thermochronologie bestimme. Diese Kombination ist wichtig, um die Reaktion von gebirgsbildenden Prozessen auf Klimaschwankungen zu verstehen. Ich möchte in Salzburg ein neues Labor aufbauen, das beide Aspekte verbindet.“ 
Mit der Thermochronologie lässt sich die Abkühlgeschichte der Gesteine datieren – anhand von bestimmten in den Gesteinen enthaltenen Mineralen (z.B. Apatite), die Uran in ihr Kristallgitter einbauen. Die Temperatur von Gesteinen verrät Details über die Gebirgsbildung. Die Thermochronologie ist quasi ein Klimalabor. „Das Klima beeinflusst die Erosion von Gebirgen. Wenn wir also Änderungen der Erosion feststellen können und das dann auch mit klimatischen Änderungen koppeln, können wir verstehen, wie Gebirge auf den Klimawandel in der Vergangenheit reagiert haben. Daraus können wir Rückschlüsse ziehen, was heute und morgen passiert.“
Die Relevanz von Taiwan für die Alpen
Von Hagke hat die Gebirgsbildungsprozesse in den Alpen, in Island, auf Naxos, in Namibia, im Oman, in Thailand und Taiwan untersucht. Besonders Taiwan ist laut dem Wissenschaftler auch für die Erforschung der Alpen relevant. Denn in Taiwan laufen Vorgänge, die in den Alpen sehr lange dauern, im Rekordtempo ab. In dem Inselstaat bewegen sich die Kontinentalplatten um 9 cm pro Jahr aufeinander zu. Außerdem erhöht das feuchte Klima die Erosionsraten. „Deswegen kann man die Wechselwirkung zwischen Tektonik und Klima in Taiwan besonders gut studieren.“
Aktuell forscht der 43-Jährige u.a. im Alpenvorland. Er untersucht mit seinem Team den geologischen Untergrund, was im Hinblick auf Geothermie-Anwendungen von wirtschaftlicher Bedeutung auch für Salzburg sein könnte. „Untergrundmodelle zeigen, dass Geothermie in Österreich möglich ist und die Gesteine um Salzburg dazu beitragen können, Geothermie besser zu verstehen.“ Die Geologie an der PLUS will von Hagke – zusammen mit Kolleg*innen und Mitarbeiter*innen – zu einem international sichtbaren Angelpunkt interdisziplinärer Forschung machen, auch um noch mehr international Studierende zu gewinnen.


Christoph von Hagke arbeitete vor seiner Berufung an die Universität Salzburg u.a. an der RWTH Aachen und am California Institute of Technology (Caltech). Im letzten Jahr zeichnete die Europäische Geowissenschaftliche Union (EGU) seine Arbeit mit dem „Outstanding Early Career Scientists Award 2020“ aus.  
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