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Neu erschienen: Vierter Band der am Literaturarchiv entstehenden Salzburger Bachmann Edition

„Wenn einer in sein dreißigstes Jahr geht, wird man nicht aufhören, ihn jung zu nennen.“
Ingeborg Bachmann hat 1956, in ihrem dreißigsten Lebensjahr, mit Entwürfen zu ihrem ersten Erzählband begonnen. Doch es dauerte fünf Jahre und verlangte von ihr, wie sie es nannte, einen „Umzug im Kopf“, bis die sieben Erzählungen des Bandes im Juni 1961 bei Piper erscheinen konnten. Die Autorin, die zu diesem Zeitpunkt vor allem als Lyrikerin bekannt war, wünschte sich, dass der Band nicht als „Prosa einer Lyrikerin“ gesehen würde, sondern als „Buch“, das „das Utopiezeichen trägt“.
Die neue Edition möchte ein Verständnis dafür wecken, wie die Erzählungen verflochten sind mit dem Leben und Werk der Schriftstellerin, mit den Voraussetzungen des Schreibens nach 1945, aber auch mit der weltliterarischen und philosophischen Überlieferung, ob mit Musil, Proust, Homer oder Wittgenstein. Aus diesem Dialog gewinnt Bachmann ihre souveräne und zugleich gefährdete Autorschaft. Auch das Spiel mit der eigenen biographischen Autorinstanz gehört dazu, ein literarisch avanciertes Versteckspiel, an dem sie offensichtlich Freude fand. Die Lebendigkeit und Kraft dieser Erzählungen aber geht vom unbeugsamen Willen aus, freier zu werden, aufzustehen und sich für die Welt immer wieder neu zu öffnen.
Der Band enthält, wie auch die anderen Teile der Edition, den sorgfältig edierten Text, ein umfangreiches Nachwort zu Entstehungsgeschichte und Werkkontext sowie einen ausführlichen Stellenkommentar.
Ingeborg Bachmann: Das dreißigste Jahr. Erzählungen. Hg. von Rita Svandrlik unter Mitarbeit von Silvia Bengesser und Hans Höller. Berlin, München: Suhrkamp, Piper 2020 (Salzburger Bachmann Edition. Hg. von Hans Höller und Irene Fußl unter Mitarbeit von Silvia Bengesser)
Illustration: Foto mit Heinz Bachmann
Bildunterschrift: Heinz Bachmann, der Bruder der Autorin, mit dem neuen Band der Edition; © Sheila Bachmann / Literaturarchiv

Heinz Bachmann, der Bruder der Autorin, mit dem neuen Band