Nachahmung zum Überleben — Wie Käfer Farben nutzen, um Raubtiere zu überlisten
Eine neue Studie von Wissenschaftler:innen der California Academy of Sciences und der Paris Lodron Universität Salzburg trägt nicht nur zum Verständnis von Mimikry-Systemen bei, sondern liefert auch neue Erkenntnisse darüber, wie die Biogeographie von Inseln die Evolution von Arten beeinflusst.
Die Bates’sche Mimikry, bei der harmlose Arten sich an das Erscheinungsbild gefährlicher Arten anpassen, um von Fressfeinden verschont zu bleiben, ist eine faszinierende Überlebensstrategie, die Naturwissenschaftler:innen seit langem fasziniert. Dieses evolutionäre Phänomen, erstmals von Alfred Russel Wallace beschrieben, ermöglicht es Arten, Schutz zu erlangen, indem sie die Warnsignale gefährlicherer Arten nachahmen. In den philippinischen Archipelen haben die flugunfähigen Pachyrhynchus-Rüsselkäfer leuchtende Warnfarben entwickelt, um Raubtiere abzuschrecken, während die weichhäutigen Doliops-Bockkäfer diese Strategie nutzen, indem sie das gepanzerte Aussehen der Pachyrhynchus nachahmen.
In einer neuen Studie, die in der renommierten Fachzeitschrift „Current Biology“ veröffentlicht wurde, hat ein interdisziplinäres Team von Biolog:innen und Physiker:innen herausgefunden, dass dieses Mimikry-System eher von der geographischen Lage der Inseln als von direkter Koevolution geprägt ist.
Geographische Isolation auf Inseln treibt Evolution voran
Das Team, geleitet von Wissenschaftler:innen der California Academy of Sciences und der Paris Lodron Universität Salzburg (PLUS), verwendete fortschrittliche genomische Techniken, um die Evolutionsgeschichte der Doliops-Käfer zu rekonstruieren. Sie stellten fest, dass die Mimikry-Beziehungen zwischen Doliops und Pachyrhynchus nicht das Ergebnis einer strikten eins-zu-eins evolutionären Nachverfolgung sind, sondern vielmehr aus der weiteren Umwelt und der Isolation von Inselökosystemen entstehen.
„Die Bates’sche Mimikry ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie Arteninteraktionen die biologische Vielfalt vorantreiben“, sagt Dr. Matthew H. Van Dam, Hauptautor der Studie. „Im Fall von Doliops und Pachyrhynchus spielt die geographische Isolation auf Inseln eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung der Evolution dieser Arten.“
Die Forschung zeigt, dass sich die Doliops-Käfer an ihre Mimikry anpassen, je nachdem, auf welche Gemeinschaft sie stoßen, und damit die Flexibilität und Anpassungsfähigkeit der evolutionären Prozesse hervorheben. „Anstatt eine einzelne Art genau nachzuverfolgen, passen die Doliops-Käfer ihre Mimikry an die Gemeinschaft an, in der sie leben“, erklärt Dr. Van Dam. „Diese Flexibilität zeigt, wie Mimikry durch breitere Umweltfaktoren entstehen kann.“
Käferarten nutzen verschiedene Methoden für ihre Farbshow
Ein bemerkenswertes Ergebnis der Studie war, dass beide Käferarten zwar ihre leuchtenden Farben durch photonische Nanostrukturen erzeugen, um Raubtiere abzuschrecken, dabei jedoch völlig unterschiedliche nanoskalige Mechanismen verwenden.
„Die photonischen Strukturen, die für diese Farben verantwortlich sind, sind ein unglaubliches Beispiel dafür, wie nicht verwandte Arten unterschiedliche Methoden entwickeln können, um Licht zu manipulieren“, sagt Prof. Bodo D. Wilts von der PLUS. „Während Pachyrhynchus diamantähnliche Strukturen verwendet, verlässt sich Doliops auf opalähnliche photonische Kristalle, um ihre Irideszenz zu erzeugen.“ Das Team verwendete fortschrittliche Bildgebungstechniken, um diese nanoskaligen Strukturen zu analysieren und aufzuzeigen, wie sich diese Anpassungen zur Erhöhung der Überlebensfähigkeit entwickelt haben.
„Diese Vielfalt an photonischen Kristallstrukturen zeigt die Fähigkeit der Evolution, mehrere Lösungen für dasselbe Problem zu finden“, fügt Prof. Wilts hinzu. „Es ist ein faszinierendes Beispiel dafür, wie die Natur unterschiedliche Wege zum selben optischen Ergebnis findet – eine atemberaubende Farbshow.“
______________________________________________________________________
Referenz: Van Dam et al., „Biogeography confounds the signal of cospeciation in Batesian mimicry“, Current Biology (2024), https://doi.org/10.1016/j.cub.2024.09.084
Kontakte: