Marko Feingold Preis: Auszeichnung für zwei Historikerinnen
Der Marko Feingold Preis von 2019 und 2022 geht an Dr.in Eva Reder (2019) und Dr.in Anne-Christin Klotz (2022) für ihre herausragenden Dissertationen. Der Preis, der anlässlich des 100. Geburtstags des früheren Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde Salzburg von Stadt, Land und Universität Salzburg ins Leben gerufen wurde, ist mit jeweils 4.500,- Euro dotiert. Rektor Hendrik Lehnert, Landeshauptmann Wilfried Haslauer und Bgm. Stellvertreter Bernhard Auinger nahmen am 12. September 2023 die Preisverleihung in der Bibliotheksaula der Paris Lodron Universität Salzburg vor.
Dr.in Eva Reder studierte Geschichte in Wien und Poznań. Sie ist derzeit Herausgeberin bei „Copernico – Geschichte und kulturelles Erbe im östlichen Europa“ am Herder-Institut für historische Ostmitteleuropaforschung. Mit ihrer Dissertation „Pogrome im Schatten polnischer Staatsbildung 1918-20 und 1945/46: Auslöser, Motive, Praktiken der Gewalt“ überzeugte sie die Fachjury für den Marko Feingold Preis 2019. Die Forschungsarbeit analysiert die polnischen Staatsbildungsprozesse zunächst nach dem ersten Weltkrieg 1918 und nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs als sowjetischer Satellitenstaat. Das Entstehen dieser Staatlichkeiten war von massiver antisemitischer Gewalt begleitet. Das Hauptaugenmerk der Untersuchung liegt auf den Pogromauslösern, der Rolle der sich jeweils neu herausbildenden Staatlichkeit sowie dem Pogromverlauf.
Univ. Prof. Christoph Augustynowicz von der Universität Wien hob in seiner Laudatio besonders die fundierte Quellen- und Archivarbeit der Preisträgerin hervor. „Beeindruckend ist der enorme Aufwand der Quellenerhebung. Nicht nur die regionale Vielfalt, sondern auch die funktionale Breite die ausgewertet wurde. Darüber hinaus ist der kompetente Umgang mit der äußerst spezifischen Sprache der Pogrom-Protokolle hervorzuheben.“ Die Forschungsarbeit beschäftigt sich mit mehrsprachigen Quellen (polnisch, russisch, ukrainisch, englisch, französisch).
Dr.in Anne-Christin Klotz forscht und lehrt seit Oktober 2022 als Martin Buber Fellow an der Hebräischen Universität in Jerusalem. Sie wurde 2021 an der Freien Universität Berlin mit einer Arbeit über die Warschauer jiddische Presse und ihren Kampf gegen das nationalsozialistische Deutschland promoviert. In der Studie werden die Personen, Strukturen und Netzwerke, die sich hinter den jiddischen Zeitungen verbargen, sowie der Platz freigelegt, den der Nationalsozialismus im Denken der jüdischen Zeitungsmacher aus Warschau einnahm. Univ. Prof.in Dr.in Sabine Koller von der Universität Regensburg, selbst Mitglied in der Jury für die Ausschreibung 2022, würdigte in ihrer Laudatio die gründliche Recherche in Zeitungen und mehr als 20 Archiven, die als Basis für die umfassende Forschungsarbeit diente. Die Preisträgerin analysierte Quellenmaterialien in sechs Sprachen. „Mit ihrer Dissertation schließt Frau Klotz eine große, wissenschaftsethisch und ethisch wichtige Forschungslücke. Die jiddisch schreibende, jüdische Intelligenzia wird gehört.“
Rektor Hendrik Lehnert betonte anlässlich der Preisverleihung die hohe Auszeichnung, die der Marko Feingold-Preis für die Paris Lodron Universität Salzburg (PLUS) darstellt. „Marko Feingold war eine herausragende Persönlichkeit und hat sich maßgeblich für die Gründung und Weiterführung des Zentrums für jüdische Kulturgeschichte an der PLUS eingesetzt. Die Universität Salzburg ist ihm zu großem Dank und Anerkennung verpflichtet.“
„Marko Feingold war ein bewundernswerter, standfester und unermüdlicher Charakter, der durch seine unverwechselbare Art vor allem jungen Menschen das dunkelste Kapitel in unserer Geschichte nähergebracht und somit das Unfassbare fassbar gemacht hat. Der nach ihm benannte Preis ehrt nicht nur herausragende Beiträge zur Erinnerungskultur und zur Aufarbeitung der Geschichte, sondern er erinnert uns auch daran, dass wir niemals aufhören dürfen, gegen Hass und Diskriminierung anzutreten. Er ermutigt uns, unsere Stimmen für Toleranz und Menschenrechte zu erheben, damit die Lehren aus der Vergangenheit die Gestaltung unserer Zukunft beeinflussen“, so Landeshauptmann Wilfried Haslauer. Er gratulierte den beiden Preisträgerinnen im Namen des Landes Salzburg sehr herzlich zu ihrer akademischen Leistung.
Vizebürgermeister Bernhard Auinger würdigte Marko Feingold als Brückenbauer und als einen Holocaust-Überlebenden, der ohne Verbitterung in der Bewusstseinsbildung und im Gespräch mit Schüler*innen sowie Student*innen über Jahrzehnte unschätzbare Arbeit geleistet hat, gegen Antisemitismus Hass und Hetze. „Als Stadt Salzburg versuchen wir diesen Zielen und Bestrebungen durch Schulprojekte, den Ausstellungen auf dem Marko-Feingold-Steg und in der Forschung, durch den Marko Feingold Preis gerecht zu werden. Marko Feingold wäre sicher sehr stolz, wenn er den beiden hervorragenden Preisträgerinnen zu ihren Arbeiten gratulieren könnte.“
Der Marko Feingold Preis wird alle drei Jahre vergeben. Ausgezeichnet werden herausragende Dissertationen, die unter kultur- und gesellschaftswissenschaftlicher Perspektive ein Thema der jüdischen Geschichte, Kultur oder Religion erforschen.
Fotos zur Veranstaltung finden Sie in der Flickr Galerie.