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Junge Materialforscher geben kräftiges Lebenszeichen

Mit welchen Trägermaterialien können Medikamente punktgenau an ihren Zielort gelotst werden und so optimal ihre Wirkung entfalten? Wie lassen sich mit Hilfe des als Schmuckstein bekannten Granaten leistungsfähigere Lithium-Ionen-Akkus für Elektroautos herstellen? An innovativen Lösungsansätzen für diese Fragen arbeiten die Salzburger Jungwissenschaftler und Materialforscher Andrea Feinle und Reinhard Wagner.

Bei dem heuer erstmals verliehenen „Young Investigators Award“ des NaWi Science Day der Naturwissenschaftlichen Fakultät der Uni Salzburg haben sich die beiden Nachwuchsforscher den ersten Platz geteilt. Der Preis wurde auch als Auszeichnung für den expandierenden Fachbereich Chemie und Physik der Materialien interpretiert.

Ein Medikament wirkt dann besonders gut und verursacht gleichzeitig wenig unerwünschte Nebenwirkungen, wenn es nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip exakt an der Stelle im Körper bindet wo es eine Krankheit an der Wurzel bekämpfen kann. Die T-Zellen des Immunsystems sind bei bestimmten Immunstörungen eine solche Ansatzstelle. Um die Wirkstoffe gezielt dorthin transportieren zu können bedarf es allerdings spezieller Trägermaterialien. Winzig klein müssen die Partikel sein, gerade einmal um die 20 Nanometer groß, damit sie in die Lymphknoten, wo die T-Zellen sitzen, eindringen können. Genau solche maßgeschneiderten Nanopartikel designt die Salzburger Materialchemikerin Andrea Feinle vom Fachbereich Chemie und Physik der Materialien.

Die Methode, mit der ihr das gelingt, ist das sogenannte Sol-Gel-Verfahren. „Mit der Sol-Gel-Methode lässt sich die Größe der Partikel gezielt einstellen. Das ist der große Vorteil dieses Prozesses. Konkret funktioniert das so, dass wir mit flüssigen Vorstufen starten, dann geben wir einen Katalysator dazu und durch diesen Katalysator beginnen aus den molekularen Bausteinen in der Flüssigkeit Nanopartikel zu wachsen.“ Als BioNanoInterface wird das vielversprechende Forschungsgebiet an der Schnittstelle von Nanotechnologie und Biologie bezeichnet. Die richtige Größe ist aber nicht das einzige worauf es ankommt. „Das Besondere an unseren Molekülen ist, dass sie an der Oberfläche Ankergruppen haben, chemische Gruppen und Moleküle, die ganz spezifisch an den T-Zellen binden. Die Wirkstoffe docken so nach dem Schüssel-Schloss-Prinzip exakt an ihrem Bestimmungsort an und nicht anderswo im Körper.“

Die Substanz, die Andrea Feinle für das Trägermaterial verwendet, ist das völlig ungiftige Siliziumdioxid SiO2, also Sand. Siliziumdioxid wird nach einiger Zeit rückstandslos aus dem Körper ausgeschieden, ein weiterer Vorteil der Nanopartikel aus dem Salzburger Labor. „SiO2 wird im Körper zu Kieselsäure abgebaut. Der Abbau erfolgt aber so langsam, dass wir es perfekt als Trägermaterial für den Transport der Wirkstoffe einsetzen können“.

Bis die ersten Patienten von den neuartigen Arzneistofftransportern profitieren könnten, werde es aber noch etliche Jahre dauern, sagt Feinle. „Wir haben die Partikel. Wir können die Wirkstoffe aufbringen. In der Petrischale funktioniert alles gut, aber wie es dann im menschlichen Körper ist müssen wir erst untersuchen“ Es könnten etwa Partikel zu größeren Einheiten agglomerieren und so das Schlüssel-Schloss-Prinzip stören. Erste Tests zur Abklärung dieser Frage laufen.

Gesellschaftlich von hoher Relevanz ist auch der Forschungsbereich von Reinhard Wagner. Der ausgebildete Mineraloge und Doktoratsstudent am Fachbereich Chemie und Physik der Materialien der Universität Salzburg arbeitet an einem Material für die Hochleistungsenergiespeicher der nächsten Generation. Um die umweltschonende und klimafreundliche Elektromobilität voranzubringen, sind leistungsstarke und sichere Akkus von enormer Bedeutung. Derzeit gelten Lithium-Ionen-Akkus als leistungsfähigstes Konzept, das hohe Energiedichten bietet. Diese Technologie verwendet aktuell organische Flüssigelektrolyte, die jedoch gravierende Nachteile aufweisen. Die flüssigen Elektrolyte sind entflammbar, chemisch und elektrochemisch instabil und es besteht die Gefahr von Kurzschlüssen. Alles Faktoren, die neben der Sicherheit auch die Leistungsfähigkeit der Akkus beschränken, augenfällig zum Beispiel an den relativ geringen Reichweiten der Elektroautos.

Kandidaten zählen granatartige Metalloxide. Sie sind gute Lithium-Ionen-Leiter und sie sind mechanisch, sowie chemisch und elektrochemisch sehr stabil. Ideale Voraussetzungen für die Weiterentwicklung von Akkus für Elektroautos. An der Charakterisierung und Verbesserung dieser Metalloxide arbeitet Reinhard Wagner. „Wir arbeiten daran, dass wir durch gezielte Veränderung der chemischen Zusammensetzung die Kristallstruktur so modifizieren, dass die Lithium-Ionen-Leitfähigkeit noch besser wird“.

Konkret geht es um eine Verbindung mit der Bezeichnung Lithium-Lanthan-Zirkonium-Oxid. Dieses synthetische Material besitzt dieselbe Kristallstruktur wie die natürlich vorkommenden Granate, die man als Edelsteine kennt und die an der Universität Salzburg schon lange Zeit untersucht werden. Ein Vorteil im internationalen Wettbewerb um bessere Metalloxide für bessere Akkus. „Wir sind momentan damit beschäftigt, ein Verfahren zu entwickeln, mit dem man Akkus mit unseren Festkörperelektrolyten herstellen kann. Für den Fertigungsprozess im industriellen Maßstab braucht man ein komplett eigenes Fertigungsverfahren. Derzeit arbeiten wir an einem Prototyp. Wir wollen wissen, wie man das Material zur großindustriellen Herstellung von Akkus verwenden kann“. In zehn Jahren könnten die neuartigen Akkus marktreif sein, meint Wagner.

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Fotos: Kolarik