Grundlagenforschung führt zu erfolgreichem Wirkstoff gegen Alzheimer
Alzheimererkrankungen und andere Demenzerkrankungen stellen weltweit ein zunehmendes gesellschaftliches Problem dar.
Für diese Demenzerkrankungen sind zwei Formen von Proteinverklumpungen im Gehirn charakteristisch, nämlich die außerhalb der Nervenzellen anzufindenden amyloiden Plaques und intrazelluläre, aus dem Tau-Protein gebildete Fibrillenstrukturen, sogenannte Tau-Tangles. Dementsprechend wird mit hohem Einsatz an Therapieansätzen gearbeitet, die vor allem auf die Vermeidung bzw. Beseitigung dieser Eiweißverklumpungen im Gehirn abzielen. Leider schlugen die bisherigen klinischen Versuche fehl, was das mangelnde Verständnis des Entstehungsmechanismus der Plaque- und Tangle-Bildung widerspiegelt.
Zusammen mit einer Arbeitsgruppe an der amerikanischen Emory University gelang nun Wissenschaftlern am Fachbereich Molekulare Biologie der Universität Salzburg ein vielversprechender Durchbruch im Verständnis des Krankheitsverlaufs. Univ.-Prof. Dr. Hans Brandstetter, Univ.-Prof. Dr. Chiara Cabrele, Dr. Elfriede Dall und Dr. Mario Schubert konnten zeigen, dass das Enzym Legumain unter bestimmten Bedingungen sowohl bei der amyloiden Plaque wie bei der Tau-Tangle-Bildung beitragen kann. Hans Brandstetter: „Die Faszination der Entdeckung besteht u.a. darin, dass nun zum ersten Mal verständlich wird, warum Demenzerkrankungen erst im Alter auftreten, weil nämlich der pH im Gehirn dann geringfügig saurer wird – was allerdings eine entscheidende Voraussetzung für die (Fehl-)Funktion des Enzyms Legumain darstellt!“. Diese Beobachtung lieferte den Forschern einen schlüssigen Therapieansatz für Alzheimererkrankungen: Die gezielte Hemmung von Legumain müsste die Entstehung der Proteinverklumpungen verhindern und deren Auflösung unterstützen, damit also das Fortschreiten der Demenzerkrankung stoppen oder die Symptome sogar wieder verbessern.
Bei der Umsetzung dieses Ansatzes gelang den Salzburger Forschern zusammen mit ihren amerikanischen Kollegen, einen selektiven Legumain-Hemmstoff zu entwickeln, der zunächst im Reagenzglas die Reaktion des Enzyms Legumain drosselt. In einem aufwendigen Verfahren konnte schließlich eine Substanz entwickelt werden, die die Blut-Hirn-Schranke überquert und auch in Versuchstieren eine beeindruckende Wirkung zeigt: Bei Alzheimer-Mäusen, die mit dem Wirkstoff behandelt wurden, konnte nicht nur das weitere Fortschreiten der Demenzerkrankung verhindert werden, sondern auch eine signifikante Verbesserung der Symptome erzielt werden.
Die Arbeit demonstriert, dass auf der Basis von grundlegenden enzymatischen Wirkmechanismen völlig neue Therapieansätze entwickelt werden können, in einem Bereich, in dem derzeit kein einziges wirksames Medikament existiert.
Die Arbeit ist am 27.März 2016 im Fachjournal Nature Communications erschienen. http://dx.doi.org/10.1038/NCOMMS14740
Foto: Universitätsprofessor Hans Brandstetter | © Kolarik
Publikation: Zhentao Zhang1, 5 #, Obiamaka Obianyo1, #, Elfriede Dall2, #, Yuhong Du3, Haian Fu3, Xia Liu1, Seong Su Kang1, Mingke Song4, Shan-Ping Yu4, Chiara Cabrele2, Mario Schubert2, Xiaoguang Li6, Jian-Zhi Wang6,7, Hans Brandstetter2, * and Keqiang Ye1, *: “Inhibition of delta-secretase improves cognitive functions in mouse models of Alzheimer’s disease” in: Nature Communications on 27th March 2017.