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Fehlt das „Europäische Gemeinwohl“?

Auf Einladung der Politologin und Vizerektorin der Universität Salzburg, Sonja Puntscher-Riekmann, diskutieren von 28. bis 30. Oktober 09 hochkarätige WissenschafterInnen aus dem In- und Ausland das Konzept eines „Europäischen Gemeinwohls“.

Foto: Universitätsprofessor Georg Lienbacher | © Universität Salzburg

Foto: Vizerektorin Sonja Puntscher-Riekmann | © Scheinast

Foto: Edmundsburg | © Universität Salzburg

Foto: Effetti del Buon Governo in città (Ausschnitt), Ambrogio Lorenzetti, Sala della Pace, Palazzo Pubblico, Siena.

Leidet die Europäische Union am fehlenden „Europäischen Gemeinwohl“? Diese Frage behandelt Universitätsprofessor Georg Lienbacher, Sektionsleiter im Bundeskanzleramt, in seinem Eröffnungsvortrag der internationalen Konferenz.

Oktober, 18.00 Uhr, Europasaal, Edmundsburg – Haus für Europa(Abstract siehe unten).

Mitglieder bedeutender europäischer Institutionen und Universitäten, wie etwa der London School of Economics oder des Council of the EU, General Secretariat und des King’s College London sind Gast des Salzburg Centre of European Union Studies (SCEUS).

Die Damen und Herren von den Medien sind herzlich eingeladen.

Kontakt und Anmeldung:

Karin Buchauer, Bakk.Komm.

Salzburg Centre of European Union Studies

Tel: +43 662-8044-7600

www.uni-salzburg.at/sceus

Programmdetails: www.uni-salzburg.at/CommonGoodConference

Zentrale Fragestellungen der Konferenz:

Gibt es ein Europäisches Gemeinwohl?

Das Konzept des ‘common good’ bezieht sich auf eine soziale Einheit und deren Gemeinwohl. In einem ersten Ansatz kann das ‘bonum comune’ als Allgemeingut verstanden werden, das von einer Gemeinschaft geschaffen und erhalten wird, durch kooperative und koordinierten Bemühungen und zum Wohle  der Gemeinschaft selbst wie auch ihrer einzelnen Mitglieder. Allgemeinwohl beinhaltet soziale Systeme, Institutionen und  eine Umwelt, die für alle Mitglieder einer Gemeinschaft von Nutzen sind. Überlegungen zu diesem Allgemeinwohl stehen zunehmend im Zentrum des europäischen Transformationsprozesses hin zu einer tatsächlichen politischen Einheit. In Zeiten finanzieller Krisen entwickelt sich das Begriffspaar von Gemeinwohl und Gemeinsinn zu Referenzbegriffen für die Mobilisierung der moralischen Ressourcen einer Gesellschaft. Gerade die ungleiche Verteilung von Lasten zwischen den Mitgliedern der Gemeinschaft gefährdet den gesellschaftlichen Zusammenhalt und damit das Allgemeingut.

Bei Betrachtung der normativen Fundamente der Europäischen Union finden sich zahlreiche Konzepte, die die Grundwerte dieser Gemeinschaft verdeutlichen: Freiheit, Demokratie, Toleranz, Anerkennung der Menschenrechte und verfassungsbegründete Rechtsstaatlichkeit. Diese Schlüsselbegriffe müssen dem Streben nach dem ‘common good’ gegenübergestellt werden. Eine mögliche Antwort auf die Frage nach den tatsächlichen Inhalten des Gemeinwohls hängt vom Konzept der Gesellschaft ab, das der Europäischen Union zugrunde liegt. Hinzu kommt die rechtliche und  institutionelle Ausgestaltung der Union, auf deren Basis das Gemeinwohl verhandelt und implementiert werden kann.

Diese Konferenz liefert einen Beitrag zu einem demokratischen und sozialen Europa, das gegen soziale Ausgrenzung und Ausschluss eintritt. Im Mittelpunkt steht also die Frage: Wie kann eine europäische Gemeinschaft zum allgemeinen „Besten“ gestaltet werden und wie lässt sich dieses Beste in seinen philosophischen, rechtlichen, wirtschaftlichen und politischen Ausprägungen festmachen?

Eröffnungsvortrag von Georg Lienbacher (Bundeskanzleramt)

Leidet die Europäische Union am fehlenden „Europäischen Gemeinwohl“?

Der Prozess der Europäischen Integration ist ins Stocken geraten. Die nationalen Interessen der 27 Mitgliedstaaten werden zunehmend stärker, sie treten als zentrifugale Kräfte in Widerstreit mit dem Europäischen Interesse in der Europäischen Union, dem „Europäischen Gemeinwohl“. Nicht selten versucht sich die Politik in den Mitgliedstaaten auf Kosten der Europäischen Union zu profilieren. Diese Entwicklungen haben in der jüngeren Zeit in vielfältiger Weise Aufwind erfahren. Angesichts dessen stellt sich vermehrt die Frage, ob es ein solches „Europäisches Gemeinwohl“ überhaupt gibt? Wenn ja, wie verhält es sich zum Gemeinwohl der Mitgliedstaaten? Ist zu wenig „Europäisches Gemeinwohl“ für die Aufrechterhaltung des Integrationsprozesses vorhanden? Lassen sich neben den vielzitierten gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen auch noch andere Identifikationsmerkmale im Sinne von Bestandteilen des „Europäischen Gemeinwohls“ ausmachen? Werden sie von den Mitgliedstaaten ignoriert?

Sektionsleiter Univ.-Prof. Dr. Georg Lienbacher

Georg Lienbacher hat Rechtswissenschaft, Politikwissenschaft und Publizistik an der Universität Salzburg studiert und sich in den Fächern Verfassungs- und Verwaltungsrecht einschließlich ihrer Bezüge am Europarecht habilitiert. Er ist seit 2005 Leiter des Verfassungsdienstes im Bundeskanzleramt und hat zahlreiche Publikationen, insbesondere zum österreichischen Verfassungsrecht, veröffentlicht.