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„Faschismus heute – Alarmismus oder reale Gefahr?“

Die diesjährige Tagung der Reihe „Salzburger interdisziplinäre Diskurse“ setzt sich mit dem aktuell immer präsenteren Thema Faschismus auseinander. Am 07. und 08. November 2024 wird an der PLUS u.a. über folgende Fragen diskutiert: Gibt es eine Verbindung der weltweit erstarkenden „Neuen Rechten“ zum historischen Komplex „Faschismus“? Kann man von einem „Neuen Faschismus“ sprechen, oder wird der Begriff inflationär für rechtsextreme Bewegungen und Ideologien gebraucht? Forschende aus den Disziplinen Geschichte, Germanistik, Politikwissenschaft, Psychologie, Rechtswissenschaft, Soziologie und Theologie analysieren aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen. Veranstaltet wird die Tagung vom Theologen Franz Gmainer-Pranzl und der Zeithistorikerin Margit Reiter.

Fast genau vor 100 Jahren, mit Benito Mussolinis Marsch auf Rom (1922) und seinem Aufstieg in das Amt des italienischen Ministerpräsidenten, war die Geburtsstunde des Faschismus. Ursprünglich handelt es sich um eine Eigenbezeichnung einer rechtsextremen Bewegung. Später wurde er zum Oberbegriff für alle ultranationalistischen und nach dem Führerprinzip organisierten antiliberalen Herrschaftssysteme.

Und heute? Tatsache ist, dass es derzeit nicht nur in Österreich, sondern in ganz Europa und weltweit einen politischen und gesellschaftlichen Rechtsruck gibt. Die Zeithistorikerin Margit Reiter von der Universität Salzburg beschreibt diese Entwicklung. „Zu beobachten ist die Faszination des Autoritären und Identitären, die Sehnsucht nach dem „starken Mann“, ein Überdruss an komplexen demokratischen Entscheidungsprozessen, eine Verachtung intellektueller Auseinandersetzung, die vermeintliche oder tatsächliche Erfahrung von Diskriminierung, ein Plädoyer für traditionelle und „eindeutige“ Männer- und Frauenbilder, die Imagination einer „homogenen“ Gesellschaft, der Wunsch nach klaren „Lösungen“ angesichts einer fordernden gesellschaftlichen Pluralität oder einfach auch Hass gegen Fremde, Asylsuchende oder ethnische Minderheiten.“

Und Margit Reiter ergänzt. „Angesichts dieser demokratiegefährdenden Entwicklung sprechen manche Expert*innen wie der bekannte Yale-Philosophieprofessor Jason Stanley oder der renommierte Faschismusforscher Robert Paxton mittlerweile von einem neuen Faschismus, und auch im allgemeinen politischen Diskurs ist der Begriff des „Faschismus“ wieder allgegenwärtig.“

Zweifellos gäbe es ideologische Versatzstücke und Elemente des Faschismus, die zwar nicht ident mit dem „alten“ Faschismus in Italien oder dem Nationalsozialismus in Deutschland/Österreich sind, aber in modifizierter Form auch heute noch wirksam seien, so Reiter. „Dazu zählt etwa die Konstruktion von Feindbildern und klar definierten Sündenböcken, ein völkisches und rassistisches Weltbild, die Hochkonjunktur antisemitischer Verschwörungsnarrative und die Unterminierung des demokratischen Systems, fallweise auch mit brutaler Gewalt, wie im Fall des Sturms auf das Kapitol 2021.“

In ihrer Keynote „Faschismus als Krisenphänomen?“ wird Margit Reiter aufzeigen, dass das Phänomen Rechtsextremismus/Faschismus im Laufe des 20. Jahrhunderts bis hin zur aktuellen Situation immer wieder Konjunkturen hatte. Und dass Faschismus allgemein als Ausdruck von Krisen gedeutet wird. „Dabei ist es aber notwendig, diese krisenbedingten Konjunkturen in ihren jeweiligen zeitgenössischen Kontext einzuordnen und allzu simple Deutungsmuster kritisch zu hinterfragen.“

Weitere Vorträge beschäftigen sich u.a. mit der Sprache des Faschismus, mit dem Verhältnis von Faschismus und antijüdischer Theologie, mit der Person Norbert Burger (dem „Ziehvater des Rechtsextremismus“ in Österreich nach 1945), mit dem „Großen Austausch“, mit „Führer und Volkskanzler“, mit der „Banalität des Bösen“ im Lichte von gewöhnlichen Gruppenprozessen.

Als Abschluss der Tagung findet ein Podiumsgespräch mit der Wiener Politikwissenschaftlerin Natascha Strobl zum Thema „Faschismus heute – Alarmismus oder reale Gefahr?“ statt. Natascha Strobl gilt als Expertin für Rechtsextremismus und die Neue Rechte. „Dabei wird über den schwierigen Umgang der Politik, Medien und Wissenschaft mit dem aktuellen Rechtsruck diskutiert, der sich zwischen Alarmismus (Faschismus) und Verharmlosung (Populismus) bewegt“, erklären Margit Reiter und Franz Gmainer- Pranzl.

Der Begriff Faschismus kommt vom italienischen fascio, was so viel wie Bund bedeutet. Die Etymologie des Wortes wird meist abgeleitet vom lateinischen fasces (Rutenbündel). Diese Rutenbündel waren Machtsymbole zu Zeiten des Römischen Reiches, die die Liktoren vor den höchsten römischen Beamten hertrugen.

Die Bezeichnung „Salzburger interdisziplinäre Diskurse“ steht für eine Veranstaltungs- und Buchreihe, die im Studienjahr 2010/11 gegründet wurde. Initiator ist Franz Gmainer-Pranzl vom Zentrum Theologie Interkulturell und Studium der Religionen der PLUS. Die jährlich stattfindenden Tagungen verfolgen das Ziel, die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Wissenschaftler:innen aller sechs Fakultäten der Universität Salzburg zu fördern. Im Zentrum der Tagungen steht eine Fragestellung, die große gesellschaftliche Relevanz aufweist.


Veranstaltung:

„Faschismus? Eine interdisziplinäre Auseinandersetzung mit aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen“ | Tagung an der Paris Lodron Universität Salzburg

Donnerstag, 07. November und Freitag, 08. November 2024 | Katholisch-Theologische Fakultät, Hörsaal 103 | Universitätsplatz 1, 3. Stock | Salzburg

LINK zur Veranstaltungsinformation | Weitere Veranstaltungsinfos


Kontakte:

Univ.-Prof. DDr. Franz Gmainer-Pranzl | 

Univ.-Prof. Dr. Margit Reiter | 

Foto: (c) Kay Müller

HR Mag. Gabriele Pfeifer

Leitung Kommunikation und Fundraising

Paris Lodron Universität Salzburg | Abteilung Kommunikation und Fundraising

Kapitelgasse 4-6 | 5020 Salzburg | Austria

Tel: +43 662 8044 2024

E-Mail an HR Mag. Gabriele Pfeifer

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