Der Fall Giorgione
Dienstag, 14. Mai 2024 | 18:00 Uhr | Unipark Nonntal, Seminarraum 2.205 | Erzabt-Klotz-Straße 1 | Salzburg
Giorgione da Castelfranco gilt als einer der bedeutendsten Maler der Renaissance. Mit seinen (wenigen) Bildern, wie der sogenannten „Tempesta‘: hat er der Kunst entscheidende neue Impulse gegeben, nicht nur in Venedig, sondern in ganz Europa. Diese herkömmliche kunstgeschichtliche Darstellung wirft die Frage auf: Ist sie wirklich zutreffend? Es existieren kaum Dokumente über den Maler und keines seiner Bilder ist zweifelsfrei als Autograf Castelfrancos gesichert. In der europäischen Kunst gibt es kaum weitere Beispiele einer derartig eklatanten Diskrepanz zwischen „Fakten“ und „Ruhm“. Im Vortrag wird dargelegt, dass die kunsthistorische Figur „Giorgione“ im Grunde eine Konstruktion ist, die aus bestimmten historischen Gründen benötigt wurde. Abschließend wird kurz erläutert, wie u.a. die ,,Tempesta“ und „Die drei Philosophen“ an die humanistische „Diskussionskultur“ der Zeit appellieren. Die Zuschreibung dieser Bilder ist dabei von untergeordnetem Interesse; vielmehr zählt die semantische und kulturelle Bedeutung dieser Kunstwerke, deren „Einfluss“ auf spätere Kunstentwicklungen allerdings sehr gering ist.
Prof. Dr. Bernard Aikema promovierte 1986 mit einer Arbeit über Pietro della Vecchia und das Erbe der Renaissance in Venedig. Er lehrte an der Universität Nijmegen, war ab 1996 Professor für italienische Kunstgeschichte an der Universität Leuven und hatte Gastprofessuren in Princeton, Harvard und Paris inne. Von 2002 – 2019 war er Professor an der Universität Verona. Seine Forschung konzentriert sich auf die venezianische Kunst vom 15. bis zum 18. Jh., die Geschichte der Zeichnung sowie die künstlerischen und kulturellen Beziehungen zwischen europäischen Ländern und Regionen in der Renaissace.