Das Klimaurteil des EGMR. Ein Durchbruch mit Folgen auch für Österreich?
Auf Einladung des Österreichischen Instituts für Menschenrechte (ÖIM) diskutierten Expert:innen aus Wissenschaft und Praxis am 1.7.2024 im UNIPARK Nonntal die Folgen des bahnbrechenden „Klimaurteils“ des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) Verein KlimaSeniorinnen ua gegen die Schweiz.
Die erste nationale Diskussionsveranstaltung zum Urteil Verein KlimaSeniorinnen ua gg die Schweiz der Großen Kammer des EGMR lieferte einen vertieften Einblick in die rechtlichen und praktischen Implikationen des „Klimaurteils“. Nach Eröffnung und Darstellung der rechtlichen Rahmenbedingung von Institutsleiter Univ.-Prof. Dr. Reinhard Klaushofer besprachen Univ.-Ass. Dr. Benny Auner, LL.M. (WU) vom Fachbereich Öffentliches Recht der Universität Salzburg und DDr. Philip Czech, Leiter des Geschäftsbereichs Forschung & Publikationen des ÖIM, das Urteil aus rechtsdogmatischer Perspektive. Benny Auner referierte über die Parteifähigkeit und „Opfereigenschaft“ von Einzelnen und Vereinigungen. Philip Czech behandelte die Konturen des neuen „Menschenrechts auf Klimaschutz“ aus materieller Sicht. Während die Experten das Urteil grundsätzlich begrüßten, wiesen sie auf zahlreiche dogmatische Unstimmigkeiten sowohl auf Ebene der Parteifähigkeit als auch in der materiellen Fortentwicklung von Art 8 EMRK (Recht auf Privat- und Familienleben) hin.
Im Anschluss daran wurden praktische Aspekte behandelt. Mag. Paul Reichel, Rechtsanwalt und Partner bei NHP Rechtsanwälte, zeigte aktuelle Probleme von Umwelt- und Klimaklagen in Österreich auf, die dem Erfolg derartiger Verfahren entgegenstehen. Mag.a Viktoria Ritter vom Ökobüro analysierte das Urteil und aktuelle Herausforderungen aus der Perspektive von Umweltorganisationen. Zudem wies sie auf Umsetzungsdefizite im nationalen Klimaschutzrecht hin.
In der anschließenden Podiumsdiskussion diskutierten Paul Reichel, Viktoria Ritter und Mag. Jakob Wiesbauer-Lenz vom Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie unter Moderation von Reinhard Klaushofer und mit reger Beteiligung des Publikums über „Handlungsaufträge und Spielräume im Klimaschutz nach dem Urteil Verein KlimaSeniorinnen gegen die Schweiz“.
Die Veranstaltung verdeutlichte eindrucksvoll, dass das erste „Klimaurteil“ des EGMR viele neue Rechtsfragen aufwirft und das nationale Klimaschutzrecht auf eine harte Probe stellt. Die Vorträge und die Praxisdiskussion regten zu weiterem Nachdenken und Handeln an und zeigten den Bedarf einer wissenschaftlichen Begleitung zur Dogmatisierung der Rechtsprechung des EGMR in Sachen Klimaschutz. Das ÖIM dankt allen Referent:innen und Teilnehmenden für ihre Beiträge zu dieser erfolgreichen und aufschlussreichen Veranstaltung.
Bilder: (von links nach rechts): Univ.-Prof. Dr. Reinhard Klaushofer (ÖIM Salzburg), Dr. Alfred Benny Auner, LL.M. (WU) (Universität Salzburg), DDr. Philip Czech (ÖIM Salzburg), Mag. Paul Reichel (nhp Rechtsanwälte), Mag.a Viktoria Ritter (Umweltjuristin, ÖKOBÜRO); Podium: Mag. Paul Reichel, Mag.a Viktoria Ritter, Mag. MA Jakob Wiesbauer-Lenz; Gruppenfoto: Mag. Jakob Wiesbauer-Lenz (BMK), Univ.-Prof. Dr. Reinhard Klaushofer (ÖIM Salzburg), Mag.a Viktoria Ritter (Umweltjuristin, ÖKOBÜRO), Dr. Alfred Benny Auner, LL.M. (WU) (Universität Salzburg), Mag. Paul Reichel (nhp Rechtsanwälte), DDr. Philip Czech (ÖIM Salzburg)