Auszeichnung für Salzburger Computerwissenschaftler für die beste Biometrie-Publikation eines ganzen Jahres
Für ihre Publikation zum Thema „Face Morphing“ erhalten die Computerwissenschaftler Luca Debiasi und Andreas Uhl von der Paris Lodron Universität gemeinsam mit Forschern der Hochschule Darmstadt den Best Paper Award 2019 der international führenden Biometrie-Zeitschrift. Der Artikel wurde unter allen Veröffentlichungen des Jahres 2019, die in der Zeitschrift „IEEE Transactions on Biometrics, Behavior, and Identity Science“ erschienen, als der beste bewertet.
Face Morphing bezeichnet das Überlagern und ineinander Kopieren zweier Gesichter auf einem Foto, sodass ein neues Gesicht entsteht, das zwei Menschen stark ähnelt. Überall wo biometrische Methoden zum Einsatz kommen wie bei Passkontrollen birgt Gesichtsmorphing ein erhebliches Sicherheitsrisiko. Die Salzburger Forscher haben zusammen mit deutschen Kollegen in dem prämierten Artikel eine neue automatisierte Methode vorgestellt, die gemorphte Porträts erkennt. Der Hauptentwickler der Methode, Luca Debiasi, wurde dafür 2021 schon mit dem „Young Investigators Award“ der PLUS ausgezeichnet.
Was wie eine Photoshop-Spielerei klingt, kann immense Auswirkungen haben, wenn zum Beispiel Kriminelle mit einem gemorphten Foto die Kontrolle an Flughäfen austricksen – und das ist nachweislich schon geschehen. Mithilfe von Face Morphing können sich Menschen mit kriminellem Hintergrund mittels passender Smartphone App eine zweite Identität zulegen. „Beim sogenannten magic passport geht es darum, dass Kriminelle einen Pass mit einem falschen Namen und mit einem gemorphten Foto verwenden, das eine Mischung aus ihrem eigenen Gesicht und dem eines unbescholtenen Bürgers ist. Das verschmolzene Foto schaut dem Kriminellen ähnlich genug, um durch Kontrollen zu kommen“, erklärt Andreas Uhl, Professor für Informatik an der PLUS.
Im Jahr 2014 haben Informatiker erstmals das Problem in einer Arbeit mit dem Titel „The magic passport“ beschrieben. „Studien haben belegt, dass sowohl Beamte bei manueller Kontrolle als auch bei automatisierter Gesichtserkennung an Automated Border Control Gates, kurz ABC Gates, durch solcherart ausgestellte Pässe getäuscht werden können. Es handelt sich also um ein offensichtliches Sicherheitsproblem,“ so Andreas Uhl.
Solange Menschen mit ausgedruckten analogen Passbildern zum Passamt gehen können, – und das ist in Österreich noch immer möglich (im Unterschied etwa zu Deutschland) – bestehe laut Experten eine Gefährdung durch gemorphte Bilder. Umso wichtiger sei es daher, automatisierte Methoden zu entwickeln, um derart modifizierte Bilder zu erkennen. Genau das hat Uhls Arbeitsgruppe, allen voran Luca Debiasi im Rahmen seiner Dissertation, gemeinsam mit Kollegen der Hochschule Darmstadt geleistet.
Die Arbeit wurde unter der Überschrift „Erkennung von Face Morphing Angriffen durch PRNU Analyse (Original: „Detection of Face Morphing Attacks based on PRNU analysis“) im Jahr 2019 in der führenden Zeitschrift für biometrische Erkennungsverfahren „IEEE Transactions on Biometrics, Behavior, and Identity Science“ publiziert https://wavelab.at/papers/Debiasi19c.pdf. Diese Arbeit wurde nun vom IEEE Biometrics Council als die beste Publikation des gesamten Jahres 2019 befunden und mit dem Best Paper Award ausgezeichnet. „Es ist eine tolle internationale Auszeichnung, in der führenden Zeitschrift eines Gebietes einen Best Paper Award zu bekommen“, sagt Luca Debiasi, der inzwischen nicht mehr an der Paris Lodron Universität beschäftigt ist. Luca Debiasi hat für seine Dissertation zu dem Thema schon den Young Investigators Award 2021 der PLUS erhalten. „Der Best Paper Award unterstreicht die Qualität und auch die internationale Sichtbarkeit meiner Arbeitsgruppe in diesem Bereich“, ergänzt Andreas Uhl.
Und wie funktioniert die Methode der „Photo response nonuniformity“, kurz PRNU: „Die PRNU bildet gewissermaßen einen unverwechselbaren Fingerabdruck der Sensorzellen einer Kamera, konkret hat es etwas mit dem Ansprechen der Sensorzellen auf eine gleichförmige Lichtquelle zu tun. Mit Hilfe der PRNU kann man im Bereich der digitalen Medienforensik ein aufgenommenes Foto eindeutig einer Quellkamera zuordnen. Ausgehend von dieser Tatsache haben wir einen Morphing-Erkennungs-Algorithmus entwickelt und umfangreiche Experimente mit gemorphten Bildern in Datenbanken gemacht“, erklärt Luca Debiasi. Ein großer Vorteil des PRNU-basierten Ansatzes gegenüber anderen Methoden zur Erkennung von gemorphten Fotos bestehe in der Generalisierbarkeit, sagen die Salzburger Computerwissenschaftler. „Unser Verfahren kommt ohne Machine Learning und ohne Künstliche Intelligenz (KI) aus, es ist generisch, das heißt es muss nicht mir vielen gemorphten Beispielbildern trainiert werden, weil es auf die speziellen Bildeigenschaften anspringt. Wenn man ein System trainieren muss, besteht nämlich immer das Risiko, dass neu auftauchende Morphing-Attacken nicht erkannt werden.“
Die Kriterien für die Vergabe eines Best Paper Awards sind ausgesprochen streng, betont Andreas Uhl. „Ich weiß nicht, wie es hier konkret gemacht wurde, aber bei den beiden Zeitschriften, bei denen ich in solche Award-Vergaben involviert bin (IET Biometrics, Journal of Visual Communication and Image Representation) wird zuerst eine Shortlist gemacht mit den 5 aus diesem Jahrgang meist zitierten Publikationen, aus denen dann die Mit-Herausgeber der Zeitschrift die ihrer Meinung nach qualitativ beste auswählen.“