Ausstellung „Kunst und Strafrecht“
In der Sala Terrena der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Salzburg ist bis 11.Dezember 2015 die frei zugängliche Ausstellung „Kunst und Strafrecht“ zu sehen. Es handelt sich um ein Kooperationsprojekt mit der Juristischen Fakultät der Europa-Universität Viadrina (Frankfurt/Oder). Die großformatigen illustrierten Tafeln mit spektakulären Einzelfallbeispielen aus der jüngeren Vergangenheit wurden in Frankfurt konzipiert und sind nun in Salzburg installiert.
Kann sich ein nackter Stadionflitzer auf die Kunstfreiheit berufen? Ist der Tatbestand der Sachbeschädigung erfüllt, wenn der Kopenhagener Meerjungfrau eine schwarze Burka angelegt wird? Darf das gängige Logo einer internationalen Musikband auch in Österreich verwendet werden, wenn darin „SS“ – ohne inhaltlichen Zusammenhang – in ähnlichen Runen wie die nationalsozialistische Vereinigung geschrieben wird? Die Ausstellung „Kunst und Strafrecht“ thematisiert rund ein Dutzend solcher Fragen, leicht lesbar und anschaulich illustriert, mit meist legendären Fallbeispielen.
Für viel Furore hat etwa die Geschichte von Harald Oskar Naegeli gesorgt, der Ende der 1970er Jahre als „Sprayer von Zürich“ weltbekannt wurde, mit Strichfiguren an Hausfassaden. Trotz umfassender Proteste von Willy Brandt bis zum Nobelpreisträger Heinrich Böll wurde Naegeli rechtskräftig wegen Sachbeschädigung verurteilt und musste seine Strafe antreten. Die in der Verfassung garantierte Kunstfreiheit gestatte es dem Künstler nicht, sich über die Eigentumsgrenzen hinwegzusetzen. Posthum, im Jahr 2004, rehabilitierte die Schweiz einen ihrer berühmtesten Künstler der Gegenwart. Vor kurzem war ihm eine eigene Ausstellung gewidmet.
Das Spannungsverhältnis zwischen Kunst und Strafrecht hat gerade auch in Österreich immer wieder Wellen geschlagen, erinnert sich der Salzburger Strafrechtler Professor Kurt Schmoller. Er hat für Salzburg die Organisation der Ausstellung übernommen, die an der Europa-Universität Viadrina (Frankfurt/Oder) von Professor Uwe Scheffler und seinem Lehrstuhlteam im Jahr 2013 konzipiert wurde. Aus seiner Zeit als junger Assistent am Institut für Strafrecht hat Schmoller einen veritablen Festspiel-Skandal im Gedächtnis. Schauspieler hatten, bekleidet mit hautengen Anzügen, im Jahr 1987 bei der Aufführung des Oratoriums „Das Buch mit sieben Siegeln“ in der Universitätskirche intensive sexuelle Handlungen dargestellt. „Am Morgen danach lief bei meinem damaligen Chef, Professor Otto Triffterer, das Telefon heiß. Rektor und Erzbischof fragten an, ob eine solche Darstellung nicht unter den Straftatbestand der öffentlichen geschlechtlichen Handlungen falle. Meines Erachtens liegt im Sinn der Kunstfreiheit bei einer hochrangigen künstlerischen Darbietung nicht die Voraussetzung vor, dass das Verhalten geeignet ist, ein ‚berechtigtes Ärgernis zu erregen‘. Professor Triffterer gab damals eine vorsichtigere Auskunft.“
Als einer der spektakulärsten Strafrechtsfälle in der Kunstszene gilt die Causa „Han van Meegeren“, dem wohl genialsten Kunstfälscher des 20. Jahrhunderts. Mit den Worten „ Ich habe das Bild gemalt“ kämpfte er nach dem 2.Weltkrieg um sein Leben. Denn ihm drohte wegen des Vorwurfs der Kollaboration die Todesstrafe. Er hatte dem nationalsozialistischen Reichsmarschall Hermann Göring ein angeblich vom großen holländischen Barockkünstler Jan Vermeer van Delft gemaltes Bild veräußert. Tatsächlich aber stammte das Bild von ihm, van Meegeren. Er hatte seine Malweise so perfekt an die „Alten Meister“ angelehnt, dass auch die ausgewiesensten Experten die Fälschungen nicht erkannten. Die Strafverfolgungsbehörden schenkten seinem Geständnis keinen Glauben. Und so malte er in der Untersuchungshaft binnen weniger Wochen ein weiteres Bild im Sinne Vermeers. Erst durch diese eigene Entlarvung als Kunstfälscher konnte er seinen Kopf retten.
Ob der Fall der Rockband Kiss, deren T-Shirt-Logos in Deutschland zu einem Strafverfahren führten, oder das Beispiel der Künstlerin, die ihren Hasen für eine Performance tötet – die Texte und Beispiele der Ausstellung sollen nicht nur Juristen ansprechen, sondern ein breites interessiertes Publikum, sagt Schmoller. „Ich halte die verschiedenen Berührungspunkte von Kunst und Strafrecht für äußerst spannend und bin begeistert, dass wir die Ausstellung jetzt in Salzburg zeigen können“.
Ort der Ausstellung : Sala Terrena, Churfürststraße 1, 5020 SalzburgÖffnungszeiten: Montag bis Freitag, 8.00 – 20.00 Uhr
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