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Aufhebung des Templerordens unwirksam?

 Pressespiegel31.07.2020

Aufhebung des Templerordens unwirksam?

Seit dem Sommer 2019 gehen Salzburger Wissenschaftler den Spuren des Arnau de Torroja nach, des letzten Großmeisters der Tempelritter vor ihrer Auflösung im 13. Jahrhundert. Nachdem ein Grab in der Kirche von San Fermo (Verona) entdeckt wurde, nahmen die Wissenschaftler erste Untersuchungen darin enthaltener menschlicher Überreste vor und sichteten darüber hinaus bislang verloren geglaubte Dokumente.

Nun präsentieren der Bioarchäologe Jan Cemper-Kiesslich sowie der Rechtshistoriker Daniele Mattiangeli von der Paris Lodron Universität Salzburg erste Ergebnisse.  Diese bestätigen die Annahme, dass es sich tatsächlich um das Grab des Arnau de Torroja handelt und werfen darüber hinaus ein neues Licht auf den Orden und sein mögliches Überleben bis heute.

Entdeckung eines Steinsarkophags  

Die Geschichte beginnt damit, dass der derzeitige Magister der Katholischen Templer Italiens (Templari Cattolici d’Italia), Mauro Ferretti, einen Steinsarkophag in der Kirche von San Fermo entdeckte. Die darin enthaltenen Gebeine ließen schnell die Vermutung aufkommen, dass es sich dabei um Arnau de Torroja handeln könnte. Die Inschriften auf dem Sarkophag zusammen mit dem Fundort stellten einen eindeutigen Bezug zum Tempelritterorden des 12. und 13. Jahrhunderts her.  Aufgrund dieser Entdeckung fand sich ein internationales Expertenteam zusammen, das sowohl rechtshistorisch-mediävistischen als auch forensischen, archäometrischen und bioarchäologischen Fragen nachgeht um das Geheimnis um den letzten Großmeister der Tempelritter zu lüften.

Aber wer war dieser Arnau de Torroja? 

Arnau war ab 1179 der neunte Großmeister des Templerordens. Der Katalane wurde 1179 zum Großmeister gewählt. Er gilt als Nationalheld Kataloniens und kämpfte in der Reconquista erfolgreich gegen die Mauren für die Könige von Aragonien und Portugal. Arnau war ein geschickter Diplomat, der zwischen den einzelnen politischen Gruppen zu vermitteln wusste.

Naturwissenschaftlich-archäologische Untersuchungen  

– Zunächst nahmen die Wissenschaftler mehrere Steinproben des prunkvollen Sarges und konnten mit Hilfe einer Neutronenaktivierungsanalyse feststellen, dass der Deckel und der Korpus des Sarges gleichen Ursprungs sind. Um herauszufinden, aus welchem Steinbruch die Proben stammen, werden noch weitere Vergleichsproben durchgeführt.

– Von dem im Sarg befindlichen Skelett wurden Proben aus dem Oberschenkel entnommen. Mittels Radiocarbondatierung konnte ein Zeitfenster zwischen 1166 und 1259 ermittelt werden. Dies stimmt sehr gut mit dem überlieferten Sterbedatum des Arnau (1184) überein.

– DNA Analysen in zwei unabhängigen Laboren, eine Peptid-Analyse und die morphologisch-anthropologische Begutachtung diagnostizierten eindeutig das männliche Geschlecht des Skelettes.

– Weiters grenzten die Wissenschaftler das Sterbedatum eindeutig zwischen 50 und 70 Jahren ein und stellten fest, dass der Mann Rechtshänder war.

– Weitere Analysen zur Bestimmung der Herkunft und des Lebensraumes sowie zur Ernährung der Person sind geplant.

„Zusammenfassend können wir sagen, dass alle bisher erhobenen Befunde nicht gegen die Annahme sprechen, dass es sich tatsächlich um die Grablege des Arnau de Torroja  handelt – jedenfalls haben wir nichts gefunden, was dagegen spricht“, sagt Jan Cemper-Kiesslich von der Gerichtsmedizin der Paris Lodron Universität Salzburg. Entscheidend für den weiteren Verlauf des Projektes werde eine DNA-basierte molekularbiologische Identifizierung des Skelettes sein, so Cemper-Kiesslich. Das bedeutet, dass mehrere Verwandte des Arnau noch untersucht werden müssen, um einen eindeutigen Nachweis der biologischen Verwandtschaft des Skeletts zu bekommen. Die Familie Torroja ist in verschiedenen katalonischen Städten und ehemaligen Templerburgen bestattet. Die Untersuchung ihrer sterblichen Überreste wird aber erst möglich sein, wenn sich die Lage aufgrund von Covid-19 beruhigt hat. „Dann können wir die Identität des Skeletts aus dem Grab von San Fermo endgültig feststellen“, so Cemper-Kiesslich.

Der Templerorden vereinte Rittertum und Mönchtum  

Wer waren die Templer? Der Templerorden wurde 1118 in Jerusalem gegründet und vereinte erstmals die Ideale des adligen Rittertums mit denen des Mönchtums, die bis dahin streng getrennt waren. Ein weiterer wesentlicher Unterschied zwischen den Templern und anderen Orden war, dass sie direkt dem Papst unterstanden. Während der Kreuzzüge galten sie als militärische Eliteeinheit und beschützten insbesondere auch die Pilger im Heiligen Land. Auf Druck des französischen Königs Philipp IV. wurde der Orden 1312 nach einem langwierigen, aufsehenerregenden Prozess durch Papst Clemens V. in Avignon wieder aufgelöst. Vordergründig wurden sie der Blasphemie und Häresie angeklagt, in Wahrheit ging es vor allem um die Besitztümer der Templer. Bis heute ist diese Auflösung Gegenstand von Kontroversen. Vielfach wird auch ihre Rechtmäßigkeit bezweifelt. 

Rechtshistorisch-mediävistische Recherchen zum Templerorden  

Unter der Leitung des Rechtshistorikers Daniele Mattiangeli ist es einem internationalen Team gelungen, päpstliche Bullen und Pergamente aus dem 13. und 14. Jahrhundert sowie deren Übersetzungen in der Vatikanischen Bibliothek, dem Nationalen Archiv von Paris und dem österreichischen und britischen Kulturinstitut in Rom aufzuspüren und durchzusehen. 

Päpstliche Bulle bestätigt Verbot von Strafe und Exkommunikation gegenüber Templern  

„Wir haben uns die originale Version des Pergaments von Chinon aus dem Jahr 1308 angesehen, in dem es um die Anklage gegen die Templer geht. Sie wurden von der Inquisition der Blasphemie und des Satanismus beschuldigt“, erläutert Dr. Daniele Mattiangeli, vom Fachbereich Privatrecht der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Paris Lodron Universität Salzburg. „Die Ergebnisse lassen uns daran zweifeln, dass der Orden tatsächlich für immer aufgehoben worden ist“, so Mattiangeli. Denn bei genauerer Betrachtung gehe aus den Texten hervor, dass der Templerorden nur „vorübergehend suspendiert“ und nicht definitiv aufgelöst worden sei. In der wiederentdeckten Bulle „dignum esse conspicimus“ wurde festgehalten, dass es gegenüber den Templern verboten war, sie zu strafen oder gar zu exkommunizieren. „Dieses Verbot würde aus juristischer Sicht die Nichtigkeit der Entscheidung über die Aufhebung des Templerordens durch Clemens dem V. zur Folge haben und ein ganz neues Licht auf das – nur vorläufige – Ende der Templer werfen“, so Mattiangeli.

Hinzu komme der Umstand, dass Papst Clemens V. während des Konzils von Vienne allein und lediglich in Form einer päpstlichen Entscheidung über die Aufhebung entschied. Die Entscheidung sei nicht von einem Konzil gefällt worden, obwohl dies die Voraussetzung für die Aufhebung gewesen wäre, so Mattiangeli. 

Aufhebung könnte durch den Papst rückgängig gemacht werden  

Diese rechtliche Problematik könnte theoretisch auch heute noch geltend gemacht werden, mit dem Ziel, die Aufhebung des Ordens durch den Papst rückgängig zu machen. Die Unterlagen zeigen auch, dass die Entscheidung von Papst Clemens V. unter dem Druck von Philipp dem Schönen gefällt worden war. Die reichen Besitztümer der Templer gingen an den Johanniterorden und andere örtliche Herrscher. 

„Wir gehen davon aus, dass der Orden im Geheimen weitergeführt wurde“, so Mattiangeli. Denn trotz harter Verfolgung gelang zahlreichen Templern die Flucht. Ihre Spuren führen nach Spanien, Marokko und Portugal. Mehrere Vereine sehen sich heute als direkte oder indirekte Nachfolger des Templerordens, unter anderem die „Templari Cattolici d’italia“, die heute im Besitz der Kirche von San Fermo sind und die sterblichen Überreste Arnaus de Torroja verwahren.

Das Projekt wird an der Paris Lodron Universität Salzburg vom Interfakultären Fachbereich Gerichtsmedizin und dem Fachbereich Privatrecht der Rechtswissenschaftlichen Fakultät in Zusammenarbeit mit dem Magister der Templari Cattolici d’Italia, Mauro Ferretti betrieben. Weitere Kooperationspartner sind das Atominstitut der TU Wien, die anthropologische Abteilung der Rechtsmedizin Bern, die Gerichtsmedizin der MedUni Wien und die Fachbereiche Altertumswissenschaften und Geologie/Geographie der Paris Lodron Universität Salzburg.

Kontakt:

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Foto: Bioarchäologe Jan Kemper-Kiesslich und Rechtshistoriker Daniele Mattiangeli
Fotonachweis: Kolarik

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