Bernard Bolzano war nicht nur ein bedeutender Mathematiker, Logiker und Theologe, sondern hat sich darüber hinaus auch intensiv mit Fragen der Moralphilosophie beschäftigt und dabei viele Ideen der Angewandten Ethik von heute vorweggenommen. Auf dieser Grundlage entwickelte er auch seine für die damalige Zeit revolutionären Ideen zur politischen Philosophie, die über seine wirkungsmächtigen “Erbauungsreden” weite Verbreitung fanden. 
Viele seiner Gedanken und Forderungen (wie z. B. sein Kampf gegen Nationalismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, seine Forderung nach sozialer Gerechtigkeit und nach Gleichberechtigung der Frauen) sind heute noch genauso aktuell wie damals; 1820 führten sie sogar zu seiner Entlassung aus dem Lehramt. In diesem Vortrag wird gezeigt, was wir gerade heute von Bolzanos politischer Philosophie lernen können.
Zum Vortragenden
Prof. Dagfinn Føllesdal hatte als Professor für Philosophie an den Universitäten von Stan-ford und Oslo eine der wenigen “interkontinentalen” Doppelprofessuren inne. Ihm gebührt das Verdienst, eine fruchtbare Verbindung zwischen analytischer Philosophie einerseits und Phänomenologie und Existenzphilosophie anderseits hergestellt zu haben. Er (und nicht Saul Kripke, dem dieses Verdienst früher fälschlich zugeschrieben wurde) ist der Be-gründer der sogenannten “Neuen Referenztheorie”, mit deren Hilfe er Quine von dessen metaphysischen Vorbehalten gegenüber der quantifizierten Modallogik abbringen konnte. In den letzten Jahren beschäftigt sich Prof. Føllesdal immer mehr mit Fragen der Ange-wandten Ethik. Unter seinen zahlreichen wissenschaftlichen Publikationen sei besonders auf seine Bücher Rationale Argumentation (1986), Referential Opacity and Modal Logic (2009) sowie seine 5bändige Sammlung von Aufsätzen über Quine (2001) und seine 2bändige Edition von Aufsätzen von Quine (2008) hingewiesen. 2006 erhielt Dagfinn Føllesdal den Lauener-Preis für Analytische Philosophie.