50. Tagung der Österreichischen Gesellschaft für Arbeitsrecht und Sozialrecht
Ihr Präsident Univ.-Prof. Dr. Rudolf Mosler von der Universität Salzburg eröffnete die Jubiläumstagung in Zell am See.
Über 500 TeilnehmerInnen aus Wissenschaft und Praxis fanden heuer ihren Weg zur 50. Tagung der Österreichischen Gesellschaft für Arbeitsrecht und Sozialrecht. Die Jubiläumstagung fand am 26. und 27. März 2015, wie gewohnt im Ferry Porsche Congress Center in Zell am See statt. In seiner Begrüßung freute sich Präsident Univ.-Prof. Dr. Rudolf Mosler besonders, dass jedes Jahr mehr TeilnehmerInnen zur Tagung kommen. Bundesminister Rudolf Hundstorfer erläuterte aktuelle sozialpolitische Vorhaben und wünschte in seinen Grußworten der Gesellschaft alles Gute für die nächsten 50 Jahre. Bürgermeister Peter Padourek, M.A. bedankte sich dafür, dass die Tagung seit ihrem Beginn in Zell am See stattfindet.
„Betriebsübergang“ und „Vertrauensschutz im Sozialrecht“
Die Tagung fand heuer in einem neuen Format statt. So sprachen zu jedem Thema jeweils ein/e ReferentIn aus dem universitären Bereich und ein/e ReferentIn aus der RichterInnenschaft, um unterschiedliche Sichtweisen aufzuzeigen. Die ersten Vorträge wurden von assoz. Prof. Mag. Dr. Christoph Kietaibl (Universität Wien) und Hon.-Prof. Senatspräsident Dr. Gerhard Kuras (OGH) zum Thema „Betriebsübergang“ gehalten. Im Detail beschäftigten sie sich mit der Frage, ob Rechtsmissbrauch vorliegt, wenn ein Betriebsübergang nur zu dem Zweck, in einen für den Arbeitgeber günstigeren Kollektivvertrag zu wechseln, vorgenommen wird. Kietaibl stellte weiters die These auf, dass beim konzerninternen Betriebsübergang unter Zugrundelegung der Geschäftsgrundlagenlehre der Übergeber-Kollektivvertrag arbeitsvertraglich weitergelte, wenn Verschlechterungen eintreten, die die Billigkeitsschranken der Judikatur bei Änderungsvorbehalten überschreiten.
Im dritten Vortrag widmete sich Univ.-Prof. Dr. Walter J. Pfeil (Universität Salzburg) dem Thema „Vertrauensschutz im Sozialrecht“, das vor allem im Lichte der Wirtschaftskrise und ihrer Auswirkungen auf das Sozialrecht aktuelle Bedeutung hat. Beleuchtet wurde das Thema anhand der in den letzten Jahrzenten stattgefundenen Pensionsanpassungen und der diesbezüglichen Judikatur des VfGH, der derartige Eingriffe anhand des Prinzips des Vertrauensschutzes nach dem allgemeinen Gleichheitssatz prüft. Dr. Ingrid Siess-Scherz (Mitglied des VfGH) erörterte zusätzlich die Judikatur des EGMR, der in solchen Fällen den Eigentumsschutz heranzieht, kam aber zu dem Schluss, dass es keine Veranlassung für den VfGH gibt, in seiner Judikatur eine Umorientierung vom Gleichheitssatz zum Eigentumsschutz vorzunehmen.
„Arbeitsrechtliche Fragen zum Krankenstand“ und „Koalitionsfreiheit“
Im Seminar am Donnerstagabend behandelte Ass.-Prof. Dr. Andreas Mair (Universität Innsbruck) „Arbeitsrechtliche Fragen zum Krankenstand“. Besprochen wurde Judikatur zu folgenden Fragen: „Wann liegt ein Krankenstand vor?“, „Wann führt ein Fehlverhalten des Arbeitnehmers im Krankenstand zur Entlassung?“ und „Das Jahr 2013 – Ein Wendejahr für die arbeitsrechtliche Behandlung des Krankenstandes?“.
Den zweiten Veranstaltungstag startete RA Univ.-Prof. Dr. Franz Marhold (Wirtschaftsuniversität Wien) mit einem Vortrag zum Thema „Koalitionsfreiheit“. Er stellte den Bedeutungswandel der Judikatur des EGMR dar, die sich bei der Auslegung von Art 11 EMRK im Laufe der Jahre von der Annahme einer Streikfreiheit zu einem Streikrecht entwickelt hat. Prof. Dr. Dr. h.c. Angelika Nußberger M.A. (EGMR) beschäftigte sich näher mit diesem Judikaturwandel und erklärte ihn damit, dass bei der Auslegung der EMRK als „living instrument“ die Veränderungen der globalisierten Wirtschaftswelt und ihrer Werteordnung Eingang finden.
„Sozialtourismus“
Ao. Univ.-Prof. Dr. Michaela Windisch-Graetz (Universität Wien) referierte zum Thema „Zugang zu Sozialleistungen“, das in letzter Zeit im Zusammenhang mit dem sog. „Sozialtourismus“ Bedeutung erlangt hat. Windisch-Graetz beschäftigte sich mit der Rechtsprechung des EuGH zu diesem Thema, vor allem mit den Rs Trojani, Brey und Dano und dem Verhältnis dieser Entscheidungen zueinander. Aufgrund der fehlenden Verweise in der Rs Dano auf die Vorjudikatur sind viele Mutmaßungen möglich, ob in dieser Entscheidung wirklich ein Paradigmenwechsel erkennbar ist. BM aD Dr. Maria Berger (EuGH) beleuchtete die Position des EuGH und erörterte insb die Begründung in der Rs Dano. Außerdem erläuterte sie die aktuell anhängige Rs Alimanovic, zu der am 26.03.2015 die Schlussanträge des Generalanwaltes veröffentlicht wurden. In diesem Urteil sollte es möglich sein, noch einige klarstellende Aussagen zu treffen.
In den Pausen der Veranstaltung konnten sich die TagungsteilnehmerInnen an den vom Manz-, ÖGB- und Linde-Verlag betreuten Info-Tischen über die Neuerscheinungen in der arbeits- und sozialrechtlichen Fachliteratur informieren.
Nachwuchsforum
Am Nachmittag vor Tagungsbeginn fand heuer zum dritten Mal das Nachwuchsforum statt, das NachwuchswissenschafterInnen die Möglichkeit bat, ihre Forschungsarbeiten einem breiten Fachpublikum zu präsentieren. Die diesjährigen Vorträge stammten von Marta J. Glowacka, LL.M. (Wirtschaftsuniversität Wien, „Nachträgliche Änderungen im Zusammenhang mit Betriebspensionszusagen“), Mag. Miriam Mitschka (Universität Wien, „Gestalter und Gestaltungsmittel des nichtärztlichen, extramuralen Vertragspartnerrechts“), Dr. Stephanie Prinzinger (Arbeiterkammer Wien, „Die grenzüberschreitende Inanspruchnahme medizinischer Leistungen als passive Dienstleistungsfreiheit“) und Dr. Barbara Winkler (Wirtschaftskammer Wien, „Kollektivvertragliche Regelungen zur Arbeitszeit und Arbeitsruhe: Zwischen Flexibilisierung und Grenzen kollektiver Rechtsgestaltung“).
Am Donnerstagabend lud die Gesellschaft zu einer kleinen Jubiläumsfeier mit einem anschließenden juristischen Kabarettabend mit Ludwig Müller ein. Präsident Mosler kündigte in seinen Schlussworten als Termin für die nächste Tagung den 30. März – 01. April 2016 an.