TRAVIS

Das mangelnde Vertrauen in Institutionen wie Regierungen, Medien oder Gesundheitssysteme wird aktuell immer wieder für soziale, kulturelle und politische Probleme europäischer Gesellschaften verantwortlich gemacht. Zwar untersuchen viele Wissenschaftler*innen die Beziehung zwischen Vertrauen, Technologie und Desinformationen, oft wird jedoch außer Acht gelassen, wie Vertrauen eigentlich im Alltag und in unserer Medienpraxis hergestellt und gelebt wird.  Trust And Visuality: Everday digital practices (TRAVIS) ist ein Forschungsprojekt, welches genau diese Prozesse genauer unter die Lupe nimmt, nämlich welche Rolle Bilder für Menschen spielen, wenn es darum geht, Vertrauen rund um Gesundheit und Wohlbefinden zu erfahren, aufzubauen und auszudrücken.

Wir haben diesen Fokus aus drei Gründen gewählt: Zum einen nehmen Menschen visuelle Informationen als vertrauenswürdiger wahr als andere kommunikative Modi wie etwa gesprochene oder geschriebene Sprache. Außerdem ist Vertrauen zwar essentiell für das soziale Zusammenleben, jedoch haben sich Vertrauensprozesse dadurch verkompliziert, dass wir zunehmend online kommunizieren: Wir müssen die Vertrauenswürdigkeit unserer Kommunikationspartner*innen und ihrer Intentionen aus dem, was wir am Bildschirm vermittelt und algorithmisch manipuliert sehen, ableiten. Schlussendlich ist auch die Pandemie von Bedeutung, welche gezeigt hat, wie visuelle digitale Repräsentationen individueller (Schrittzähler, Recovery-Selfies) und kollektiver (Visualisierungen von Infektionsraten) Gesundheit immer zentraler für unser Leben werden. Alltägliche, visuelle Kommunikation auf Social Media zu Gesundheitsthemen und persönlicher Gesundheitscontent bieten daher das ideale Forschungsfeld, um Vertrauen besser zu verstehen.

TRAVIS untersucht, wie und wieso Menschen manchen visuellen digitalen Inhalten mehr als anderen vertrauen und wie Content Creators und Journalist*innen Vertrauenswürdigkeit mit und durch digitale visuelle Inhalte kreieren. Unsere Forschung findet in vier verschiedenen kulturellen Kontexten statt: Estland, Finnland, Großbritannien und Österreich. Somit ist es möglich, die Perspektiven von nordischen, osteuropäischen/postsowjetischen, angelsächsischen und germanischen Kulturen zu vergleichen – jede mit ihren eigenen Traditionen und Vertrauensnormen sowie signifikanten Unterschieden darin, wie viel Vertrauen in verschiedene Institutionen gesteckt wird.

Um die gesellschaftliche Relevanz unserer Forschungsergebnisse sicherzustellen, kooperiert TRAVIS mit unterschiedlichen lokalen Initiativen. Zusammen sorgen wir für die Verbreitung von Wissen, Bewusstseinsbildung und Skills für mehr vertrauenswürdige, unvoreingenommene und sozial verantwortliche digitale Visualisierungen und Visualisierungspraktiken (inkl. computergenerierter Bildtechnologien) sowie Verständnis für die sozialen Mechanismen und Bedeutungen der Vertrauenskrise, die das Leben der Europäer*innen betreffen.

TRAVIS ist eine europäische Forschungskollaboration, Projektleiterin des Gesamtprojekts ist  Katrin Tiidenberg (Universität Tallinn, Estland), weitere leitende Projektpartner sind  Gillian Rose (Universität Oxford, UK) und  Asko Lehmuskallio (Universität Tampere, Finnland).

Das Projekt TRAVIS wird ermöglicht vom  FWF , dem  Estonian Research Council, der  Academy of Finland und dem Economic and  Social Research Council FWFunter dem CHANSE ERA-NET Co-fund programme, das im Rahmen des European Union’s Horizon 2020 Research and Innovation Programme, als Grant Agreement no 101004509 gefördert wird.

 

 

Das Team

DSC_1049_WebDr. Maria Schreiber ist Postdoc am Fachbereich Kommunikationswissenschaft der Universität Salzburg. Sie promovierte in Publizistik und Kommunikationswissenschaften an der Universität Wien. Als Stipendiatin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften war sie Teil des interdisziplinären    DOC-Team-Projekts Bildpraktiken. Sie war im Graduiertenkolleg “Sichtbarkeit und Sichtbarmachung” der Universität Potsdam zu Gast, weiters am Digital Ethnography Research Center der RMIT University in Australien.

 

Lietdke-MariusMarius Liedtke MA ist wissenschaftlicher Mitarbeiter und Dissertant im Forschungsprojekt „Trust and Visuality: Everyday digital practices (TRAVIS)“. Seinen Master absolvierte er in Soziokulturelle Studien an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder). Weiterhin ist er Co-Autor der Studie   „Von Influencer*innen lernen: YouTube & Co. als Spielfelder linker Politik und Bildungsarbeit“ (2019) und Teil des Forschungsprojekts   „STICK & FLOW: A Critical Framework for investigating bot engagement on social media“. Marius Forschungsinteressen umfassen digitale Kulturen, politischen Aktivismus und (audio-)visuelle Kommunikation.

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andrea

Dr. Andrea Schaffař arbeitet als Post-Doc: Sie ist Teil des österreichischen TRAVIS-Teams am Fachbereich Kommunikationswissenschaft der Universität Salzburg. Zudem ist sie an der Universität für angewandte Kunst in Wien am Institut für Cross-Disciplinary Strategies tätig. Ihr Arbeitsschwerpunkt liegt in der Anwendung von qualitativen Methoden und Methodologien an den Schnittstellen verschiedener Disziplinen. Ergänzend dazu forscht und lehrt sie in den Bereichen Medienwissenschaft und Medienpädagogik, Stadtforschung und Wohnen sowie soziale Dynamiken. Sie veröffentlichte kürzlich ‚  Digital dynamics and change‚ in   GIO, über   Grounded Theory in   Analyzing Group Interactions und arbeitet derzeit an einem Buchkapitel für   ‚Wohnen erforschen‘ über Gruppendiskussionen und wie Forschungsergebnisse in Entwicklungsprozessen von Wohnprojekten genutzt werden können. Darüber hinaus arbeitet sie als Trainerin und Beraterin im Bereich der Organisationsentwicklung und Gruppendynamik.

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