Einblicke ins Literaturarchiv Salzburg
Stefan Zweigs Marie Antoinette
Werknotizen und Manuskript zum Kapitel „Geheimnis des Alcovens“
Die 1932 erschienene Biographie Marie Antoinette – Bildnis eines mittleren Charakters war eines von Stefan Zweigs erfolgreichsten Büchern. Zur Entstehungszeit des Textes lebte der Autor in Salzburg.
Marie Antoinette, Schriftzug der Erstpublikation 1932
Die Genese dieser Biographie ist durch Originale besonders gut dokumentiert. Dazu gehören das in der Ausstellung gezeigte Notizbuch und das Manuskript, die beide das Kapitel „Geheimnis des Alcovens“ zum Gegenstand haben. In diesem Kapitel beschreibt Zweig die ehelichen Probleme nach der Hochzeit Marie Antoinettes mit dem französischen Dauphin und späteren König Louis XVI. Nicht zuletzt aufgrund dieser von Zeitgenossen als allzu freizügig kritisierten Passagen entschloss sich Zweig, das Kapitel bei der späteren Überarbeitung des Buches zu streichen und Teile daraus in andere Abschnitte einfließen zu lassen.
Bei den Aufzeichnungen im Notizbuch handelt es sich um die vermutlich erste Fassung des späteren zweiten Kapitels von Marie Antoinette. Wie bei Zweig in dieser Arbeitsphase üblich, sind die Notizen mit Bleistift verfasst. Sie bestehen aus oftmals unvollständigen und noch nicht komplett ausformulierten Sätzen.
Die wohl nächste Stufe der Bearbeitung dieses Kapitels ist als Manuskript ebenfalls erhalten geblieben. Obwohl der Text in dieser mit Tinte niedergeschriebenen Fassung noch nicht seine endgültige Form erhalten hatte und von Stefan Zweig noch in mehreren Gängen überarbeitet wurde, hat das Kapitel inzwischen die Überschrift „Geheimnis des Alcovens“ bekommen.
Website „Stefan Zweig digital“, Literaturarchiv Salzburg
Stefan Zweig digital
Weitere Dokumente und Informationen zu Zweigs biographischem Roman über Marie Antoinette finden Sie auf einer eigenen Themenseite.
Das Informations- und Forschungsportal des Literaturarchivs zu Zweigs Leben und Werk wurde inhaltlich von Oliver Matuschek und Lina Maria Zangerl gestaltet. Die gezeigten Dokumente können Sie dort digital durchblättern.
Website Stefan Zweig Zentrum Salzburg
Stefan Zweig Zentrum
Der Vermittlung des Werks von Stefan Zweig widmet sich auch dieses international tätige Forschungs- und Veranstaltungszentrum an der PLUS.
Thomas Bernhard und Peter Handke – ein Prozess und eine Ehrung
Als 1975 im Salzburger Residenz Verlag Thomas Bernhards erster autobiographischer Band Die Ursache. Eine Andeutung erschien, erstattete das reale Vorbild der Figur des „Onkel Franz“ gegen Bernhard und dessen Verleger Wolfgang Schaffler Anzeige wegen Verleumdung und Ehrenbeleidigung. Nach mehreren juristischen Schritten stimmten beide Parteien im Mai 1977 einem Vergleich zu; die beanstandeten Passagen wurden in zukünftigen Auflagen getilgt.
Im hier ausgestellten Brief vom 26. April 1977 an Schaffler zeigte sich Bernhard hingegen noch kompromisslos:
„Lieber Herr Schaffler, / bevor ich abreise, Folgendes: / ich kann u. will in d. „Ursache“ / nichts ändern, kein Wort, u. / keines ‚tilgen‘, es bleibt / alles, wie es ist – u. ich / laße [!] es auf den Prozess / ankommen. / Ich werde zu Gericht gehn, / gleich, wie es ausgeht. / Ich ändere nichts! / Bitte veranlaßen [!] Sie alles / in diesem einzigen mir / möglichen Sinn. / Kommt eine neue Ausgabe, / muß sie erscheinen, wie die / 1. Ausgabe. […]“
Am Literaturarchiv wurde über mehrere Jahre ein Forschungsschwerpunkt zu Thomas Bernhard betrieben; das umfangreichste Produkt ist das 2018 erschienene Bernhard-Handbuch (hg. von Martin Huber und Manfred Mittermayer, unter Mitarbeit von Bernhard Judex).
Einige Stunden vor der Verleihung des Ehrendoktorats der Paris Lodron Universität Salzburg am 18. Juni 2003 notierte Peter Handke auf einem Spaziergang in Anif bei Salzburg auf der Rückseite eines Telegramms aus Hubert Burdas Münchner Büro einige Stichworte zur Rede, die er später beim Festakt hielt (siehe Foto). Dieses „Konzeptblatt“ überließ er Adolf Haslinger, dem Gründer der (heute nach ihm benannten) Stiftung Salzburger Literaturarchiv, als Schenkung. Die Transkription der vom ORF aufgezeichneten Rede wurde 2004 unter dem Titel Einige Anmerkungen zum Da- und Dort-Sein im Salzburger Verlag Jung und Jung publiziert.
Einige charakteristische Passagen aus dem in der Ausstellung gezeigten Manuskriptblatt: „Am-Rand-Sein –, Im-Eck-Sein / ein paar Aperçus über Da– und Dort-Sein, / Vorhandensein, Erscheinen, In E. Treten / Überall- und Nirgendssein / Verschwinden, Idioten einst / und jetzt“ [oben], „sehr vieles, was öfftl. wird, ist nirgends da / zuhause, bei sich: da – aber wenige bleiben zuhause bei / sich“ [Mitte], „privat, öffentl. (Antike: heute, Idioten, die nicht in d. / Polis waren – heute: nicht unbedingt die Abseitsstehenden die / Idioten)“ [unten]. Auffällig ist die Nennung Zdeněk Adamecs, dem Handke sein jüngstes Salzburger Festspielstück (2020) gewidmet hat.
Aus den zahlreichen Archivalien zu Handke im Literaturarchiv ragt die vollständige Dokumentation der Werkgenese eines seiner bedeutendsten Dramen heraus: Immer noch Sturm (Salzburger Festspiele 2011). Daraus ist hier eine auch inhaltlich bemerkenswerte Manuskriptseite zu sehen.
Einer der bedeutendsten österreichischen Autorinnen ist ein großes Editionsprojekt des Literaturarchivs gewidmet:
Ingeborg Bachmann
Seit 2017 erscheint die Salzburger Bachmann Edition.
Hans Höller, der an der Universität Salzburg einen Forschungsschwerpunkt zu Ingeborg Bachmann aufgebaut hatte, fungierte bis 2021 gemeinsam mit Irene Fußl als Herausgeber (Mitarbeit: Silvia Bengesser); mittlerweile ist Uta Degner (FB Germanistik) an seine Stelle getreten. Die kritische Studienausgabe der Werke und Briefe macht auch die ursprünglich bis ins Jahr 2025 gesperrten Teile des Nachlasses erstmals zugänglich: den Briefnachlass sowie ca. 500 weitere bisher gesperrte Blätter.
Texte: Manfred Mittermayer, Lina Maria Zangerl
Fotos: © PLUS, Literaturachiv Salzburg (1, 2) | © Luigi Caputo (3) | © Erika Schmied (Coverfoto) (4) | © Doris Wild (5) | © Heinz Bachmann (6)