Wahrnehmungen von und Einstellungen zu Varietäten und Sprachen an österreichischen Schulen
Teilprojekt des SFB „Deutsch in Österreich“ in Salzburg
Über das Projekt
Worum geht es? Was ist die Motivation?
Sowohl in der Sprachkontaktforschung als auch in der Variationslinguistik wurde die komplexe Beziehung zwischen Sprachwahrnehmungen (Preston 1999) und Spracheinstellungen (Garrett 2010) auf der einen und Sprachgebrauch auf der anderen Seite lange Zeit vernachlässigt. In der Forschung zur ‚inneren und äußeren Mehrsprachigkeit‘ (Wandruszka 1979) an österreichischen Schulen fehlen integrierte Studien zu solchen Zusammenhängen gänzlich (vgl. Dannerer & Mauser 2018). Unser Projekt ist die erste empirische Studie, die das gesamte sprachliche Repertoire an österreichischen Schulen im städtischen und ländlichen Raum, das von Varietäten des Deutschen (Ransmayr 2020) bis zu Varietäten verschiedener anderer Sprachen reicht, in den Blick nimmt. Die Ergebnisse des Projekts sollen neue empirische Erkenntnisse für die internationale Forschung über die Wahrnehmung von und die Einstellung zu sprachlicher Vielfalt an Schulen liefern und letztlich zur schulpolitischen Diskussion über die Angemessenheit der alleinigen Repräsentation von Standardsprachen an Schulen (Delarue & De Caluwe 2014) bzw. zum ,monolingualen Habitus‘ von Schulen (Gogolin 2008) beitragen.
Was ist das Ziel des Projekts?
Das übergreifende Ziel des Projekts, eine integrierte Analyse der Sprachwahrnehmung, der Spracheinstellungen und des Sprachgebrauchs von Lehrer:innen und Schüler:innen mit Blick auf Standard- und Nicht-Standardvarietäten des Deutschen und anderer Sprachen (vor allem Einwanderersprachen) zu erstellen. Davon leiten sich verschiedene Teilziele ab: Es sollen Zusammenhänge zwischen sprachlichen Wahrnehmungen, Spracheinstellungen und sprachlichen Biografien von Lehrer:innen und Schüler:innen an österreichischen Schulen ermittelt werden. Darüber hinaus soll festgestellt werden, wie sich diese kognitiven und biographischen Daten zum tatsächlichen Sprachgebrauch im Schulunterricht verhalten. Ein besonderer Fokus soll dabei auf den unterschiedlichen Unterrichtssituationen (Lehrer:innenvortrag, formelle und informelle Lehrer:innen-Schüler:innen-Gespräche, Arbeitsgruppen- und Pausengespräche zwischen Schüler:innen) liegen, um so das kontext- und situationsabhängig dynamische Sprachverhalten von Lehrer:innen und Schüler:innen zu ergründen.
Was wird wie gemacht?
Wahrnehmungen und Einstellungen von Lehrer:innen und Schüler:innen werden durch quantitative und qualitative Auswertungen von Online-Fragebögen sowie Aufnahmen von Interviews und Fokusgruppendiskussionen (unter Schüler:innen) ermittelt. Die Erhebungen fanden in einerseits städtisch geprägten, andererseits ländlich geprägten Schulen in den ‚westlichen‘ Bundesländern Vorarlberg, Tirol und Salzburg sowie in Wien statt. Diese Auswahl war zum einen logistischen (und Kosten-) Gründen geschuldet. Sie erlaubte zum anderen, Stadt-Land-Unterschiede sowie Unterschiede zu berücksichtigen, die sich auf verrschiedene Dialekt-Standard- bzw. Mehrsprachigkeitskonstellationen zurückführen lassen (diglossische Verhältnisse im dialektal alemannischen Vorarlberg vs. diaglossische Verhältnisse in den weitgehend bairisch geprägten Bundesländern Tirol und Salzburg vs. eine weitgehend ,dialektfreie‘, dafür aber von starker äußerer Mehrsprachigkeit bestimmte Situation in Wien). Darüber hinaus wurden 24 Stunden authentischer Unterrichtskommunikation an Schulen im Land Salzburg aufgenommen und transkribiert. Diese Daten werden schließlich mit den ,subjektiven‘ Daten verglichen, um vor allem herauszufinden, wie sich die Sprachwahrnehmungen von Lehrer:innen und Schüler:innen zum tatsächlichen Sprachgebrauch in der Schule verhalten.