Rechtsgrundlagen Österreich
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Gleichstellung
Die verfassungsrechtliche Grundlage der Gleichbehandlung in Österreich sind Artikel 2 Staatsgrundgesetz und Artikel 7 Bundes-Verfassungsgesetz.
Art. 2 StGG: Vor dem Gesetze sind alle Staatsbürger gleich.
Art 7 B-VG:
Alle Staatsbürger sind vor dem Gesetz gleich. Vorrechte der Geburt, des Geschlechtes, des Standes, der Klasse und des Bekenntnisses sind ausgeschlossen. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Die Republik (Bund, Länder und Gemeinden) bekennt sich dazu, die Gleichbehandlung von behinderten und nichtbehinderten Menschen in allen Bereichen des täglichen Lebens zu gewährleisten.
Bund, Länder und Gemeinden bekennen sich zur tatsächlichen Gleichstellung von Mann und Frau. Maßnahmen zur Förderung der faktischen Gleichstellung von Frauen und Männern insbesondere durch Beseitigung tatsächlich bestehender Ungleichheiten sind zulässig.
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Gleichstellung am Arbeitsmarkt und in sonstigen Bereichen
Der Themenbereich „Gleichstellung“ wird in der österreichischen Politik und Rechtslage nach wie vor größtenteils als die Gleichstellung von Männern und Frauen verstanden.
HINWEIS: Eine Erweiterung der relevanten Gesetze auf Geschlechtervielfalt ist in Diskussion. So fordert etwa die Gleichbehandlungsanwaltschaft seit längerer Zeit die ausdrückliche Inklusion von trans, inter* und nichtbinären Personen im GlBG.
Die zentrale Rechtsgrundlage dafür ist das Gleichbehandlungsgesetz (GlBG). Das GlGB regelt einerseits die Gleichbehandlung aller Personen in privaten Arbeitsverhältnissen. Dementsprechend finden sich darin u.a.
› das Verbot der Diskriminierung auf Grund des Geschlechts, der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters und der sexuellen Orientierung in allen Stadien des Arbeitsverhältnisses (§§ 4, 17 GlBG)
› das Verbot von (sexueller) Belästigung am Arbeitsplatz (§§ 6, 7 GlBG)
› die Verpflichtung zur geschlechtsneutralen Stellenausschreibung (§9 GlBG)
Darüber hinaus wird im GlBG auch die Gleichbehandlung „in sonstigen Bereichen“ vorgeschrieben. Dabei steht ein Verbot der Diskriminierung beim „Zugang zu und Versorgung mit öffentlichen Gütern und Dienstleistungen“ im Mittelpunkt.
Beispiele für verbotene Diskriminierung „in sonstigen Bereichen“ sind:
› Höhere Versicherungsprämien für Frauen aufgrund möglicher Schwangerschaft
› Wohnungsinserate mit der Voraussetzung „nur für Inländer“
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Quellen:
› Gleichbehandlungsgesetz (GlBG) abrufbar unter www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage= Bundesnormen&Gesetzesnummer=20003395
› Informationen zu Gleichbehandlung in der Arbeitswelt und in sonstigen Bereichen www.oesterreich.gv.at/ themen/dokumente_und_recht/gleichbehandlung.html
› Forderungen der Gleichbehandlungsanwaltschaft www.gleichbehandlungsanwaltschaft.gv.at/ Gleichstellungspolitik/Forderungen.html
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Geschlechtervielfalt
Geschlechtseintrag
Bis vor Kurzem gab es nur zwei mögliche Geschlechtseinträge im Personenstandsregister, „männlich“ oder „weiblich“. Die Bestimmung des Geschlechts erfolgt bei der Geburt durch medizinisches Personal, die Eintragung ins Personenstandsregister im Anschluss durch das Standesamt, wobei der erste Vorname dem eingetragenen Geschlecht entsprechen muss.
Durch das Urteil des Verfassungsgerichtshofs vom 15. Juni 2018 und der Ergänzung vom 09. September 2020, die ein* inter* Aktivist_in errungen hat, wurden der Geschlechtseintrag im Zentralen Personenstandsregister auf 6 Eintragungsoptionen erweitert.
Die neu geschaffenen Eintragungsmöglichkeiten sind „divers“, „inter“ oder „offen“ sowie das Weglassen des Geschlechtseintrags (VfGh G 77/2018-9, 12).
Voraussetzung für eine Eintragung des Geschlechts als „divers“, „inter“ oder „offen“ sowie das Weglassen des Eintrages ist, dass eine medizinische Zuordnung zum männlichen oder weiblichen Geschlecht bei der Geburt nicht möglich ist. Eine Änderung des Geschlechtseintrags zu einem späteren Zeitpunkt ist nur mit einem Fachgutachten möglich (§41 und 42 PStG 2013).
Laut Durchführungsanleitung des Innenministeriums werden trans* Personen aus diesen Kategorien ausdrücklich ausgenommen.
Ein aktuelles Urteil des Verwaltungsgerichts Wien vom 26. Jänner 2023 hat der Beschwerde einer nicht-binären Person stattgegeben und erlaubt den Geschlechtseintrag „nichtbinär“ im Zentralen Personenstandsregister. Ob dieses Urteil vor dem Höchstgericht standhält bzw. welchen Einfluss dieses Urteil auf die österreichweite Rechtsprechung hat, wird sich in der nächsten Zeit zeigen.
Quellen
› Urteil des VfGh G 77/2018-9 vom 15. Juni 2018: www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Vfgh& Dokumentnummer=JFT_20180615_18G00077_00
› Ergänzung zur Durchführungsanleitung d. Innenministeriums (Geschäftszahl: 2020-0.571.947): vimoe.at/wp-content/uploads/2020/10/2020-09- ErlassGeschlechtseintragNeu.pdf
› Urteil des Verwaltungsgerichts Wien VGW-101/V/032/11370/2022-10 vom 26. Jänner 2023: www.ris.bka.gv.at/JudikaturEntscheidung.wxe? Abfrage=Lvwg&Dokumentnummer= LVWGT_WI_20230126_VGW_101_V_032_11370_2022_00
› Personenstandsgesetz 2013 www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage= Bundesnormen&Gesetzesnummer=20008228
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Änderung des Geschlechtseintrages
Trans* Personen können, nach jahrelangen Kämpfen von trans* Personen vor Gericht, die Änderung des Geschlechtseintrags im Zentralen Personenstandsregister beantragen. Die Änderung des Geschlechtseintrages kann beim zuständigen Standesamt beantragt werden.
Nach der aktuellen höchstgerichtlichen Rechtsprechung ist für die Änderung des Geschlechtes ein „irreversibles Zugehörigkeitsempfinden zum anderen Geschlecht und eine deutliche Annäherung an das äußere Erscheinungsbild des anderen Geschlechts“ gefordert (VwGH 15.09.2009, 2008/06/0032, VwSlg 17746 A/2009). Dies muss in aller Regel durch Einholung eines Sachverständigengutachtens ausreichend geklärt werden.
Seit 2009 ist keine geschlechtsangleichende Operation für eine Änderung des Geschlechts in Österreich Voraussetzung.
Quellen
› Rechtliche Informationen zur Änderung der Geschlechtszugehörigkeit: www.oesterreich.gv.at/ themen/dokumente_und_recht/%C3%84nderung-der- Geschlechtszugeh%C3%B6rigkeit.html
› Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs VwGH 15.09.2009, 2008/06/0032: www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Vwgh& Dokumentnummer=JWT_2008060032_20090915X00
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Menschen mit Behinderungen
Behindertengleichstellungsgesetz (BGStG)
Neben der verfassungsrechtlichen Gleichstellungsgarantie in Art. 7 B-VG verankert das Behindertengleichstellungsgesetz (BGStG) die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen sowie das Verbot der Diskriminierung auf Grund einer Behinderung.
Ziel des Gesetzes ist es, „die Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen zu beseitigen oder zu verhindern und damit die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Leben in der Gesellschaft zu gewährleisten und ihnen eine selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen.“ (Art. 1 BGStG)
Im Rahmen des BGStG wird eine Behinderung als „die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren“ definiert (Art. 3 BGStG).
Das Diskriminierungsverbot gilt nicht nur für Menschen mit Behinderungen selbst, sondern wird auch auf ihnen nahestehende Personen erweitert (z.B. Mutter eines Kindes mit Behinderungen). Die Behindertenanwaltschaft ist zuständig für die Beratung und Unterstützung von Personen, die sich im Sinne des BGStG oder des Behinderteneinstellungs-Gesetzes diskriminiert fühlen.
Universitätsgesetz 2002 (UG)
In Bezug auf ein Hochschulstudium von Menschen mit Behinderungen stellt der sogenannte Nachteilsausgleich das wichtigste Instrument zur Gleichberechtigung dar. Der Nachteilsausgleich besteht zum Beispiel aus dem Zulassen von notwendigen Hilfsmitteln und Assistenzleistungen, der Verlängerung der Bearbeitungszeit bei Klausuren oder dem Splitten einer Prüfungsleistung in Teilleistungen. Die Maßnahmen zum Nachteilsausgleich sind individuell auf die Bedürfnisse der jeweiligen Person und die Anforderungen der Lehrveranstaltung abzustimmen.
Die Rechtsgrundlage dafür stellt §59 (1) Z 12 UG 2002 dar.
59 (1) Z 12: Den Studierenden steht nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen Lernfreiheit zu. Sie umfasst insbesondere das Recht, […]
– auf eine abweichende Prüfungsmethode, wenn die oder der Studierende eine Behinderung nachweist, die ihr oder ihm die Ablegung der Prüfung in der vorgeschriebenen Methode unmöglich macht, und der Inhalt und die Anforderungen der Prüfung durch eine abweichende Methode nicht beeinträchtigt werden.
Quellen
› Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz – BGStG: www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20004228
› Behindertenanwaltschaft: www.behindertenanwalt.gv.at
› Universitätsgesetz 2002 – UG www.ris.bka.gv.at/ GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen& Gesetzesnummer=20002128
› Informationen zum Nachteilsausgleich an der PLUS (Abteilung Disability & Diversity) www.plus.ac.at/disability-diversity/information-fuer- lehrende/nachteilsausgleich