Bibliothekswissenschaft
Ein Praxisbericht aus der Bibliothek
von Renate Schönmayr
Am Beginn steht die Analyse: Unsere Magazine sind voll mit Geschriebenem, wir sammeln, ordnen und bewahren. Aber wie gehen wir in der Bibliothek eigentlich mit Sprache um? Wie – und wo! kommunizieren wir mit denjenigen, für die wir das Gesammelte zur Verfügung stellen.
Es erfordert ein genaues Hinsehen, einen anderen Blickwinkel einnehmen, ein Sich-Hinein-Versetzen in andere, um mögliche sprachliche Diskriminierungen zu identifizieren. Die Daten unserer BibliotheksbenutzerInnen – Bibliotheksbenutzenden, ja wie jetzt!? – werden uns im Bibliothekssystem binär eingespielt. Welche Möglichkeiten haben wir, das zu korrigieren? Welche technischen Details müssen geklärt werden, wer ist involviert? Welche Anreden verwenden wir dann in den automatisch versandten Mails an die unterschiedlichen Zielgruppen?
Manches ist einfach: Ein Hinweis im Rahmen des Feedbacks zur Sprachbox langt ein: bei der erweiterten Suche in unseren Beständen kann man in UBsearch Titel nur nach „Autor“ suchen. Da haben wir etwas übersehen, danke, schon korrigiert…
Wir schauen auf unserer Homepage, wir durchforsten unsere Formulare, wir überlegen, wie unsere inhaltliche Aufstellung in der Bibliothek benannt ist: „Philosophen“ geht nicht, – aber „Kirchenväter“ schon?
Es braucht viele unterschiedliche Sichtweisen, daher ist es hilfreich, wenn möglichst viele Personen aus unterschiedlichen Arbeitsfeldern sich auf die Suche nach diskriminie- render Sprache im Bibliotheksbereich begeben. Nicht alle Mitarbeitenden sind bei dem Thema sensibilisiert, manche empfinden sprachliche Adaptionen als überflüssig oder mühsam. Es braucht ab und zu Überzeugungsarbeit und das kann auch manchmal durchaus anstrengend sein.
Das Thema ist niemals abgeschlossen, es gilt immer wieder neu: genau zuhören, und zwar auch mir selber. Das ist gerade an einer Universität wichtig, und das ist gerade an einer Universität zum Glück auch gut möglich.
Weitere Quellen aus der Bibliothekswissenschaft
› Bresnahan, Megan (2022) “Library Diversity and Inclusion Statements in Action”, Journal of Library Administration, 62(4), pp. 419-437.
In recent years, many academic libraries have renewed theircommitments to advancing equity, diversity, and inclusion (EDI) initiatives in public statements. In this qualitative study,the author interviewed academic librarians to understandhow these commitments have been actualized in libraries,and what barriers and challenges have been faced by individuals coordinating this work. The study includes recommendationsfor library administrators for providing effective structuresand support for EDI efforts.
› Doğtaş, Gürsoy et al. (2022) „Kritik an rassifizierenden und diskriminierenden Titeln und Metadaten –Praxisorientierte Lösungsansätze“, 027.7 Zeitschrift Für Bibliothekskultur / Journal for Library Culture, 9(4).
In den letzten Jahren ist eine Debatte immer stärker in der Öffentlichkeit ausgetragen worden: Wie mit rassistischen Inhalten umgehen? Auch in Bibliotheken, Archiven und Museen muss die Frage gestellt werden, welche Methoden Anwendung finden sollen, sodass diskriminierende Inhalte nicht weiter reproduziert werden. Ausgehend vom Eintrag zu Carl Einsteins (1885-1940) Publikation „N*plastik“ (1915) in der Bilddatenbank der Universität für angewandte Kunst Wien wird die Frage gestellt, welcher Umgang in Bezug auf rassistische Begrifflichkeiten gefunden werden kann.
Volltext abrufbar unter 0277.pubpub.org/pub/0njzzuq9/release/1
› Frick, Claudia und Honold, Christine (2022) „Gendersensible Sprache im Kontakt mit Bibliotheksnutzenden“ 027.7 Zeitschrift Für Bibliothekskultur / Journal for Library Culture, 9(4).
Bibliotheken wollen und sollen inklusive Orte für alle Menschen sein und eine positive und wertschätzende Atmosphäre schaffen. Teil davon ist der respektvolle Umgang mit Nutzenden, sowohl im direkten Kontakt vor Ort als auch beim Kontakt über Anmeldeformulare und Webseiten. Dieser Text untersucht stichprobenartig an welchen Punkten Geschlecht im Kontakt mit Nutzenden vorkommt und beleuchtet dabei insbesondere die Bereiche Anmeldeformular und Webseite sowie Anmeldung und Auskunft vor Ort.
Volltext abrufbar unter 0277.pubpub.org/pub/7kfncklx/release/2?readingCollection=2d09bc20
Alle Texte sind online oder über UB Search zugänglich.