Geschlechtsneutrale Sprachformen
Die deutsche Schrift- und Lautsprache bieten viele Formulierungsmöglichkeiten, die keine Auskunft über das Geschlecht geben. Diese werden als „geschlechtsneutral“ bezeichnet. Sie eignen sich insbesondere, wenn allgemeine Aussagen gemacht werden oder wenn es keine Informationen zum Geschlecht der Personen gibt. Abgesehen davon können meist komplizierte Satzkonstruktionen vermieden werden.
Geschlechtsneutrale Personenbezeichnungen
Also Personenbezeichnungen, aus denen das Geschlecht nicht automatisch ersichtlich ist, weil sie in der Einzahl und in der Mehrzahl geschlechtsneutral sind, z.B.
- die Person, die Persönlichkeit, der Mensch etc.
- das Mitglied, das Individuum, das Kind etc.
- Alle Zusammensetzungen mit -kraft, -hilfe, -person,z.B. die Bürokraft, die Lehrperson etc.
Geschlechtsneutrale Mehrzahlformen
Also Formen in der Mehrzahl, aus denen das Geschlecht nicht automatisch ersichtlich ist. Dabei kann unterschieden werden zwischen:
- Geschlechtsneutralen Mehrzahlwörtern
- z.B. die Leute, die Menschen, die Personen etc.
- Mehrzahlwörtern, die in der Einzahl mit allen Artikelngleich lauten (Nomen im Differentialgenus)
- z.B. die Beschäftigten, die Betroffenen
- aber auch ohne Artikel: Beschäftigte, Betroffene etc.
- Mehrzahlwörtern, die aus Adjektiven oder dem Partizip gebildet werden
- z.B. Studierende, Lehrende, Mitarbeitende etc.
Institutions-, Kollektiv- und Funktionsbezeichnungen
Statt einer Person wird die Institution, das Kollektiv oder die Funktion genannt. Das eignet sich zum Beispiel gut für Formulare, Vordrucke, automatisierte Aussendungen, Mitteilungsblätter etc. und wird bereits oft verwendet, z.B.
- Das Gericht, das Ministerium
- Das Personal, die Abteilung, das Team
- Der Vorsitz, die Direktion, die Leitung
Abkürzungen
Eine weitere Möglichkeit geschlechtsneutraler Formulierung ist es, die Artikel abzukürzen. Dadurch fällt die Geschlechtermarkierung weg. Diese Sprachform findet sich vor allem in Dokumenten und E-Mails, sie funktioniert in der Einzahl und in der Mehrzahl.
- z.B. e. statt eine oder einer oder eines
- z.B. d. statt der oder die oder das
UMFORMULIERUNGEN
Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, Geschlechtermarkierungen im Text wegzulassen. Unter anderem, indem der Satz umformuliert wird.
Wer-Formulierungen
z.B. statt „Studenten besuchen Lehrveranstaltungen.“ → „Wer studiert, besucht Lehrveranstaltungen.“
Relativsätze in der Mehrzahl
mit „alle, die …“,„diejenigen, die …“ „manche, die …“
z.B. statt „Die Stipendiaten müssen ihr Stipendium innerhalb des nächsten Monats antreten“
→ „Alle, die ein Stipendium erhalten haben, müssen dieses innerhalb des nächsten Monats antreten.“
oder
→ „Diejenigen, die ein Stipendium erhalten haben, müssen dieses innerhalb des nächsten Monats antreten.“
HINWEIS: Die Formulierung „Alle, die …“ kann nur verwendet werden, wenn die Aussage auf alle zutrifft. Denn sie beinhaltet eine Verallgemeinerung und ist daher nicht immer zutreffend, etwa bei einer Ausschreibung für ein Förderprogramm, das Menschen durch bestimmte Kriterien wie Alter oder Nationalität ausschließt. Hier empfiehlt sich eine genaue Beschreibung, wer gemeint ist. Dafür sind Formulierungen wie „manche, die …“ oder „diejenigen, die …“ hilfreich.
Passivformulierungen
„Die Mitarbeiter der Personalabteilung erarbeiten einen neuen Arbeitsplan“ → „In der Personalabteilung wird ein neuer Arbeitsplan erarbeitet“
Formulierungen mit „ist … zu“ (modaler Infinitiv)
z.B. „Der Antragsteller füllt den Antrag vollständig aus.“ → „Der Antrag ist vollständig auszufüllen.“
Direkte Anrede
z.B. statt „Adresse des Antragstellers“ → „Ihre Adresse“
Adjektivformulierungen
statt „Rat des Arztes“ → „ärztlicher Rat“
statt „Arztgeheimnis“ → „ärztliche Schweigepflicht“
Neutrale Formulierungen für alle Geschlechter
Unpersönliche Pronomen wie „jemand“, „niemand“ …können als geschlechtsneutral verwendet werden:
- z.B. statt „jemand anderer“ → „jemand anderes“
- statt „jemand Verdächtiger“ → „jemand Verdächtiges“
- aber auch „Eines von uns beiden muss heute noch abwaschen“
HINWEIS: Mit dem sächlichen Grammatikgeschlecht (Neutrum) auf Personen zu verweisen funktioniert nicht immer. Deshalb empfiehlt sich diese Form für allgemeine Aussagen und nicht für eine bestimmte Person, außer die Person verwendet das sächliche Geschlecht selbstbestimmt für sich.
Weitere Beispiele zu inklusiverer Sprache gibt es hier: