Young Investigators Award
Results 2020
Inequality and Justice – Ethical, Legal and Economic Consideration
1rst place: Dr. Anna Milena Kern
„Essays on the liberalisation of international trade in services“
DSP-Kolleg: StADS Statistics and Applied Data Science
Supervisor: Univ.-Prof. Mag. Dr. Hannes Winner
2nd place: Mag. Dr. Isabel Staudinger, BA. MA. LLB.
„Conditionality – EU Financial Assistance as New Enforcement Mechanism of EU Law“
Supervisor: Univ.-Prof. Dr. Stefan Griller
3rd place: Dr. Kristin Albrecht
„Fiktionen im Recht“
DSP-Kolleg: PAL Perspektiven am Lebensende
Supervisor: Univ.-Prof. Dr. Stephan Kriste
About the winning project:
Dr. Anna Milena Kern „Essays on the liberalisation of international trade in services“
The Polish plumber destroys the French labour market? Not really! Negative impacts of posted workers on employment and wages in the old member states from 2008 to 2015 were almost exclusively caused by workers from other old member states and borne by the lower educated workers. Thereby, the education wage gap is growing. It is necessary to create a clear legal framework to minimize negative effects of the freedom services.
Quelle: euraktiv, 2009
Despite positive average effects for the countries as a whole, some groups of workers may experience negative consequences. In order to enrich the very emotional and politicized debate with facts and empirical evidence, I estimated the impact of posted workers at the sectoral level and for heterogeneously educated workers. The two main results for the old member states are as follows: (1) On average, wages rise, but this is absorbed completely by the high educated workers. The middle and lower educated show no wage effects. Furthermore, this phenomenon can be explained mechanically: All educational levels experience negative effects on working hours and on total wage payments. However, the reduction of hours in relation to the reduction of payment is stronger for the higher educated, which leads to the positive wage effect. This illustrates that the higher educated are leaving sectors, which are strongly affected, and are looking for new jobs in other sectors. Those who stay, benefit from wage increases. This does not apply to the middle and lower educated. Since they do not have the same opportunities for reorientation, they have to remain in the sectors and accept lower employment and stagnating wages. (2) Contrary to the fears of the reform opponents, these effects are not caused by the inflow from workers from the new member states. All effects are driven by workers from other old member states. At the country level, Germany is the only country of the 15 old member states, which shows a reaction to the workers from new member states. However, this may change over time if the inflow of workers from the new member states continues to rise at such a fast pace. This project has been very challenging, because especially the data and measurement of foreign workers is complicated. However, I hope that the results will help to understand the dynamics of our European internal market for services better. Despite the challenges arising from potential externalities of liberalisation, there is no way back to disintegrate the common market of services. If the European member states want to take part in the future design of trade and work on a global scale, they have to speak and act as one unity to advocate their common values. Nevertheless, it is indispensable to accompany liberalisation with harmonisation and strictly defined rules to create a level playing field between the member states and to avoid negative externalities. Additionally, a stronger inclusion of posted workers into the unions activity would reduce the competitive pressure on their members and help to create better working conditions for all European workers.
German:
Der polnische Klempner zerstört den französischen Arbeitsmarkt? Nicht wirklich! Negative Einflüsse von entsandten ArbeiterInnen auf Beschäftigung und Entlohnung in den alten Mitgliedsstaaten wurden von 2008 bis 2015 fast ausschließlich von Arbeitskräften aus anderen alten Mitgliedsstaaten verursacht und von schlechter Gebildeten getragen. Die Bildungs-Lohnlücke wächst. Es braucht einen klaren Rechtsrahmen, um negativen Auswirkungen der Dienstleistungsfreiheit zu minimieren.
Mein Name ist Milena Kern, ich war für drei Jahre an der Uni Salzburg als wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Volkswirtschaftslehre beschäftigt und bin überzeugte Europäerin. Dass der europäische Binnenmarkt uns zahlreiche Vorteile und wirtschaftliches Wachstum bringt, haben viele Studien bereits zeigen können. Trotzdem war die fortschreitende Verstrickung insbesondere in Bezug auf die Freiheit der Dienstleistungen extrem umstritten. Die Bolkestein Reform, die den Dienstleistungshandel liberalisieren sollte, löste um 2004 grenzüberschreitende Proteste aus. Die Reformgegner in den alten Mitgliedsstaaten befürchteten Druck auf Beschäftigung, Löhne und Arbeitsbedingungen in den betroffenen Sektoren durch die freie Dienstleistungserbringung von Arbeiter*innen aus den neuen Mitgliedsstaaten. Da die entsandten Arbeitskräfte weiterhin in ihrem Heimatland beschäftigt sind, können sie ihre Dienstleistung zu anderen Preisen anbieten, selbst wenn der Nettolohn gleich ist, da sich die Sozialversicherungsbeiträge unterscheiden. Um den Ängsten entgegenzusteuern wurden, u.a. im Auftrag der Europäischen Kommission, mehrere Studien veröffentlicht, die Wachstum für Handel, Wohlstand und Beschäftigung im Durchschnitt hervorsagten. Trotz positiver Effekte für die Länder als Ganzes, ist es möglich, dass einige Gruppen von Arbeiter*innen negative Einflüsse erfahren. Um die sehr emotionale und politisierte Debatte mit Fakten und empirischer Evidenz zu bereichern, habe ich die Effekte auf Sektorebene und für unterschiedliche Bildungsschichten berechnet. Die zwei wichtigsten Ergebnisse für die alten Mitgliedsstaaten sind wie folgt: (1) Im Durschnitt steigen die Löhne tatsächlich, was aber ausschließlich von den höher Gebildeten absorbiert wird. Mittlere und schlechter Gebildete zeigen keine Lohneffekte. Zusätzlich ist dieses Phänomen mechanisch zu erklären: Alle Bildungsschichten erfahren negative Effekte auf die Arbeitsstunden und auf die gesamte Entlohnung. Jedoch ist die Reduktion der Stunden im Verhältnis zur Reduktion der Entlohnung für die höher Gebildeten stärker, was zu den positiven Lohneffekten führt. Dies verdeutlicht, dass die höher Gebildeten stark betroffene Sektoren verlassen und sich eine neue Arbeit suchen. Diejenigen, die bleiben, profitieren von Lohnsteigerungen. Das gilt nicht für die mittel und schlechter Gebildeten. Da sie nicht dieselben Möglichkeiten haben sich umzuorientieren, müssen sie in den Sektoren bleiben und geringere Beschäftigung und stagnierende Löhne akzeptieren. (2) Entgegen der Befürchtungen der Reformgegner, sind die Ursache der eben beschriebenen Effekte, nicht die Dienstleistungserbringungen der Arbeiter*innen aus den neuen Mitgliedsstaaten. Alle Ergebnisse werden von den Arbeiter*innen aus den alten Mitgliedsstaaten getrieben. Auf Ländereben zeigt sich, dass Deutschland, das einzige der 15 alten Mitgliedsstaaten ist, was eine Reaktion auf die Arbeitskräfte aus neuen Mitgliedstaaten zeigt. Jedoch kann sich das im Laufe der Zeit ändern, wenn die Zahl der Arbeiter*innen aus den neuen Mitgliedsstaaten weiterhin mit so einem starken Tempo zunimmt. Dieses Projekt stellte mich vor große Herausforderungen, da unter anderem die Datenlage und Messung der ausländischen Arbeitskräfte sehr kompliziert ist. Ich hoffe jedoch, dass die Ergebnisse helfen, die Dynamiken in unserem europäischen Binnenmarkt für Dienstleistungen besser zu verstehen. Ich bin davon überzeugt, dass es trotz der Schwierigkeiten kein Zurück geben darf, weil eine Desintegration des Binnenmarktes zu neuen Problemen führen würde. Auf globaler Ebene ist es entscheidend, dass die EU-Staaten als ein Markt auftreten, wenn sie bei der weltweiten Gestaltung von Wettbewerb, Arbeitsbedingungen und Handel teilhaben wollen. Um das zu ermöglichen, ist es notwendig intern einheitliche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen, was einen klaren rechtlichen Rahmen, z.B. für die Nettolohnunterschiede, verlangt. Außerdem wäre es hilfreich, wenn die Gewerkschaften sich stärker für die entsandten Arbeitskräfte einsetzen, da sie so den Wettbewerbsdruck auf ihre Mitglieder verringern können.