Roxane Lindlacher

FachbereichKunst-, Musik- und Tanzwissenschaft
HauptbetreuerUniv.-Prof. Dr. Nils Grosch
NebenbetreuerUniv.-Prof. Dr. Carolin Stahrenberg (Linz
BeginnApril 2024
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Thema der DissertationStaging the body. Performances von Gender, Ethnicity, Age und Ability in Notenausgaben populärer Musik aus den Jahren 1930 bis 1950 in Österreich und Deutschland
 

Abstract

Für die Produktion populärer Musik kann in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein großes Wachstum beobachtet werden. Musik wurde in immer höheren Stückzahlen komponiert und verlegt, als Schallplatten produziert sowie auf der Bühne, im Film und im Radio präsentiert, wobei sich intermediale und internationale Netzwerke geformt haben, die die weite Verbreitung von populärer Musik im kulturellen Leben der Menschen begünstigten. Der so erlangte hohe Stellenwert der populären Musik im Alltag der Gesellschaften der Weimarer Republik bzw. Ersten Republik setzte sich auch nach der Machtergreifung der NSDAP in Deutschland und im Austrofaschismus in Österreich fort. Schnell erkannten die faschistischen Systeme die Möglichkeiten der allumfassenden Propaganda und der Unterhaltung des Volkes, die ihnen durch die Beeinflussung der Produktion populärer Musik eröffnet wurden.

Ein Aspekt, der in der populären Musik stets von großer Bedeutung war, ist der des Körpers. Er wird in den diversen Medien der Produktion populärer Musik behandelt und inszeniert, sei es in Liedern selbst, im Tanz, auf der Bühne, in der Stimme oder im Notendruck von bekannten Schlagern. Vor allem dieser letzte Teilbereich der Körperinszenierung bietet einen vielfältigen Ansatz, um Körper zu verhandeln, beispielsweise als Illustration, im Liedtext oder in den mit den Schlagern verbundenen Tanzgattungen. Für die nationalsozialistische Regierung stellte der Körper ein zentrales Element in ihrem ideologischen Programm dar, anhand dessen Diskurse um Rassenpolitik, Ausgrenzung vs. Gemeinschaft und Geschlechterrollen verhandelt wurden. So steht eine Vielzahl an Schlager-Notenausgaben, in denen der Körper eine Rolle spielt, an der Schnittstelle zwischen Ideologie und Musikindustrie.

In dieser Dissertation werden Notenausgaben populärer Musik als Medienkombinationen betrachtet, anhand derer sich Darstellungen, Inszenierungen und Verhandlungen von Körpern in zeitgenössischen Diskursen zwischen 1930 und 1950 zeigen. Es soll vor allem mit Hinblick auf Gender, Ethnicity, Age und Ability dargestellt werden, inwiefern kulturelle Figurationen und Stereotypisierungen deutlich werden. So soll der Frage nachgegangen werden, inwieweit Körper nach ideologischen Einflüssen inszeniert werden und in welchem Maße die Musikindustrie sich hier noch ‚frei‘ am Markt orientieren konnte. Schließlich steht der Körper im Mittelpunkt der Dissertation, der, eingebettet in mediale, politische und ideologische Umstände der Zeit, als zu dechiffrierender Text gelesen wird.  Dazu wird u.a. auf die umfassenden Bestände an Notenausgaben des AKM-Archivs an der Anton Bruckner Privatuniversität Linz, der Österreichischen Nationalbibliothek sowie des Zentrums für Populäre Kultur und Musik in Freiburg zurückgegriffen und diese kritisch ausgewertet.

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