Anna-Lena Wieser
Abstract
Amerikanische und afroamerikanische Gesellschafts- und Clubtänze treten in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in einer immensen Genre- und Typenvielfalt in Erscheinung. Die großen Hollywood-Filmmusicals und Musical Shorts der Jazz- und Swing-Ära dokumentieren bereits eine Fülle an künstlerischen Ausdrucksformen. Die Tänzerin, Filmemacherin und Tanzjournalistin Mura Dehn (1902-1987) zeigt durch ihre Filmreihe The Spirit Moves. A History of Black Social Dance on Film, was abseits der US-amerikanischen Filmindustrie in den Clubs und Ballrooms New Yorks tänzerisch dargeboten wurde. Das Anliegen dieser Dissertation ist eine kulturhistorische, inszenierungs- und bewegungsanalytische Auswertung des Filmmaterials Mura Dehns. Der Fokus liegt dabei auf der Ästhetik, Entwicklung, Entfaltung und Transformation der gezeigten Tänze sowie auf deren Fusionen mit Ausdrucksformen des Broadways und Hollywoods. Das Untersuchen der Filme und des Nachlasses Mura Dehns ist jedoch nicht nur im Hinblick auf die Analyse der Tanzformen und -stile von Bedeutung, sondern auch für einen Überblick über Dehns künstlerische Arbeit als Filmemacherin essentiell. Damit liegt der zweite Schwerpunkt dieses Projekts in der Verortung von Mura Dehns Œuvre in der Musik- und Tanzgeschichte. Inwieweit bestimmen eurozentrisch gefärbte Betrachtungsweisen die Machart der Filmreihe und den Blick Mura Dehns auf die tanzenden Körper? In diesem Kontext ist das Forschungsmaterial auch kritisch zu reflektieren. Das Dissertationsprojekt bewegt sich damit im Spannungsfeld zwischen dem Aufdecken künstlerischer Transfers und Verflechtungen einerseits und dem Sichtbarmachen kulturell verankerter Ordnungssysteme andererseits.