Wie kommt der Neuzugang ChatGPT im Studium an?
Von Katharina Kreisa
Eine junge Technologie trifft auf den routinierten Universitätsalltag. Der Chat Bot ging 2023 durch die Decke und wurde auch an Hochschulen verwendet. Wie sehen sowohl Studierende als auch Dozent:innen der Paris Lodron Universität Salzburg (PLUS) das Thema künstliche Intelligenz und wie wird ChatGPT im Unileben verwendet?
Fragt man ChatGPT, wie es im Studium behilflich sein kann, antwortet es wie folgt:
„ChatGPT kann im Studium auf vielfältige Weise helfen:
1. Rechercheunterstützung
2. Aufsatz- und Textentwicklung
3. Verständnis komplexer Konzepte
4. Sprachprüfung und Korrekturlesung
5. Programmierhilfe
6. Vorbereitung auf Prüfungen
7. Ideen für kreative Projekte
8. Zeitmanagement.“
Zudem ergänzt der Chat Bot in seiner Antwort, dass er als unterstützendes Instrument für das Studium dient. Er könne aber keine Betreuung durch Lehrpersonal ersetzen.
Was sagen Dozent:innen?
Artificial Intelligence (AI) hat dazu geführt, dass sich die PLUS mit dem Thema Datenverarbeitung sowie Dateninterpretation auseinandersetzt. Der Begriff Intelligenz ist laut Josef Trappel, dem Leiter des Fachbereichs Kommunikationswissenschaft, irreführend. Es handle sich vielmehr um datengestützte und algorithmische Entscheidungen nicht de facto um Intelligenz. Diese Meinung vertritt auch der Leiter vom Fachbereich Informatik, Christoph Kirsch. „ChatGPT ist nur ein Spiegel der Intelligenz des Nutzers. Das wird auch in absehbarer Zukunft so bleiben“, sagt er. Die wahre Intelligenz sei die richtigen Fragen zu stellen, denn selbst richtige Antworten auf falsche Fragen führen letztendlich zu keinen neuen Erkenntnissen. „Der Wandel für die akademische Wissensproduktion steht in Salzburg, wie an anderen Universitäten am Anfang“, fährt Trappel fort. ChatGPT habe Türen zu neuen Möglichkeiten eröffnet. Die Wissenschaft werde sich bemühen müssen, diese in sozial und politisch verträgliche Bahnen zu lenken.
Was sagen Studierende?
„Ich sehe ChatGPT als eine fast schon absehbare Entwicklung unserer Zeit“, sagt Flora Platzer. Sie studiert Kommunikationswissenschaft im siebten Semester. Informatik und Technologie sollen laufend noch nie dagewesene Fähigkeiten hervorbringen. Die 22-Jährige habe sich noch nicht damit befasst, welche Aufgaben ihr das Programm sinnvoll abnehmen könnte. Es diene eher zur Unterhaltung. In Lehrveranstaltungen sei ChatGPT aber immer wieder Thema. „Aus meinem Umfeld höre ich, dass das Programm beim Zusammenfassen von Lektüre oder beim Kürzen von Texten verwendet wird“, fährt sie fort.
Alica Diem studiert Kommunikationswissenschaft im fünften Semester. Ihr Umfeld nimmt ChatGPT kontrovers wahr. Manche scheuen sich davor es auszuprobieren während andere es als treuer Begleiter im Alltag benutzen. „Tendenziell haben die Leute Respekt vor der Technologie und sind vorsichtig, was bei diesem Thema auch nicht schlecht ist“, sagt Diem. Die AI hat in erster Linie ihr Studierendenleben effizienter gestaltet. Dennoch müsse sie sehr deutlich nachprüfen, ob die Antworten der AI stimmen. Sie lasse sich aber gerne davon inspirieren.
Wie beeinflusst ChatGPT die Zukunft der Medienbranche?
„Ich mache mir nicht wirklich Sorgen, dass ChatGPT den Journalismus, in dem ich zum Beispiel arbeite, ersetzen wird“, sagt Platzer. So etwas sei bisher noch nie passiert mit neuen Technologien. „Menschen ersetzen kann so ein Programm nie“, fährt sie fort. Sie sehe AI als Chance, denn vertrauenswürdige Quellen werden aufgrund von Fake News durch AI rarer und die Arbeit von seriösen Redaktionen könne wichtiger denn je werden. Es sei aber klar, dass sich Aufgaben dadurch verändern.
Diem sieht die Sache ähnlich. „Technologien und Berufsfelder entwickeln sich ständig weiter und beeinflussen sich gegenseitig – das war schon immer so“, denkt sie. Möglicherweise werde AI manche Jobs ersetzen, aber dadurch entstehen neue Berufsgruppen. „AI im Job zu verwenden, finde ich nicht verwerflich, solange man dies in einem ethischen und gesellschaftlichen Rahmen tut“, fährt sie fort. Die Kennzeichnungspflicht von ChatGPT sei ein spannendes Thema, das noch in den Kinderschuhen steht.
Als Antwort auf den Einsatz von AI in der Arbeitswelt sind Websites wie beispielsweise Job-Futuromat ins Leben gerufen worden. Die Website gibt an zu wie vielen Prozent Berufsfelder oder Berufe von Technologien verändert werden. So liegt die Automatisierbarkeit vom Journalistenberuf bei 20 Prozent. Eine von fünf Kerntätigkeiten ist zum aktuellen Stand automatisierbar. Von Lektorat, Medienkonzeption, Publizistik, Redaktion, Recherche und Informationsbeschaffung, ist ausschließlich letztere automatisierbar. „Da redaktionelle Berufe ursächlich kreativ sind, stößt AI schnell an seine Grenzen“, sagt Trappel. Der Beruf Public-Relation-Manager ist zu 40 Prozent automatisierbar, was zwei von fünf Kerntätigkeiten entspricht. AI kann bei Kalkulationen und Erfolgskontrollen helfen, nicht aber bei Präsentationen, Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikationspsychologie. Eine Automatisierbarkeit einer Marketingfachkraft ist aktuell zu null Prozent gegeben. Keine der acht Kerntätigkeiten kann von Technologien übernommen werden. Job-Futuromat stellt klar, dass im Zuge von Technologien sich auch Tätigkeitsbereiche weiterentwickeln.
Ist ChatGPT mit Vorsicht zu genießen?
„Die Chancen sind genauso wenig absehbar wie die Risiken“, sagt Trappel. Momentan werde die Merk- und Speicherfähigkeit von ChatGPT positiv bewertet. Er legt allen Studierenden die Binsenweisheit ans Herz: „Wenn Wahrheit keine Rolle spielt, kann AI für die Textproduktion verwendet werden“. Da Wissenschaft auf Wahrheit basiert, führt ChatGPT schnell in die Irre. „Heute lassen sich AI generierte Texte durch geübte Betreuer:innen gut erkennen“, fährt er fort. Ob das in zehn Jahren noch so ist, werde man sehen.
Blickt man auf die Schattenseiten, bietet der Chat Bot Risiken. Das Programm erfindet hin und wieder Quellen oder Informationen und macht das nicht kenntlich. Man befindet sich rasch auf dem dünnen Eis von Fake News. „Das Problem ist, dass wir dazu neigen Aufgaben aus Bequemlichkeit auf Programme zu verlagern. Wirklich vertrauen kann man ChatGPT nicht, zumindest noch nicht“, sagt Platzer. Fähigkeiten wie das kritische Prüfen von Informationen oder das sinnerfassende Lesen nicht zu verlernen, gilt es im Auge zu behalten.