Freizeittrend Bergsport – Das solltest du aus sportwissenschaftlicher Sicht beachten


Leistungstest beim Skibergsteigen

Corona hat das Freizeitverhalten der Österreicher verändert. Sowohl Jung als auch Alt sucht die Erholung immer mehr in der Natur und unter anderem auch in unserer schönen Bergwelt und immer mehr Personen probieren sich dabei beim Bergsport aus.

Auf commUNIty durftet ihr bereits zwei Artikel zum Thema Bergsport lesen, worin ihr Tipps für euren Bergwinter oder Bergsommer erhalten habt. Mein Name ist Monika Stadlmann und ich bin Mitarbeiterin am Institut für Sportwissenschaften an der Paris Lodron Universität Salzburg. In meiner Freizeit bin ich selbst sehr viel in den Bergen unterwegs und gebe darüber hinaus im Rahmen meiner Arbeit anderen Sportler*innen Tipps zum Thema Ausdauertraining. In diesem Artikel möchte ich euch erklären, wie ihr euren Körper, sprich eure Physiologie trainiert, damit ihr die Berge sowohl im Aufstieg als auch später im Abstieg ohne negative Begleiterscheinungen (Muskelkater, Verletzungen durch Übermüdung…) genießen könnt und darüber hinaus auch noch eure Leistungsfähigkeit steigert.

Bewegung ist gesund – aber leider nicht immer – das sagt die Sportwissenschaft dazu

Regelmäßige Bewegung hat sehr viele positive Effekte auf unsere Gesundheit, aber leider gibt es neben den positiven Effekten, bei falscher Anwendung auch Risiken und Nebenwirkungen, die allerdings mit hilfreichen Tipps vom Experten oder der Expertin weitgehend vermieden werden können. Der/die Sportwissenschafter*in spricht bei diesen Tipps von den sogenannten Prinzipien der Trainingslehre. Nachfolgende möchte ich euch die wichtigsten davon kurz erklären.

Das Prinzip der Regelmäßigkeit

Die Regelmäßigkeit macht es aus – viele von uns gehen gerne am Wochenende in die Berge und dann auch gleich noch etwas länger. Danach folgt unter der Woche eine längere Pause, welche die Effekte der Bergtour wieder verschwinden lassen. Das soll jetzt keinesfalls eine Aufforderung sein, die Bergtour am Wochenende zu streichen, sondern einfach auch zusätzlich unter der Woche ein bis zwei Einheiten einzubauen. Wir trainieren so zu sagen für unsere Abenteuer in den Bergen. Es muss dabei auch nicht zwingend dieselbe Belastungsform sein. Kurze Lauf- oder Radeinheiten, in moderatem Tempo, trainieren das Herzkreislaufsystem und bereiten uns auf unsere Unternehmungen am Wochenende vor.

Prinzip des trainingswirksamen Reizes

Dieses Prinzip beschreibt, wie man seine Belastung am besten dosieren sollte, um sich nicht zu überfordern, aber trotzdem positive Effekte durch die Bewegung hervorrufen kann. Die Belastung kann über Intensität und Dauer einer Einheit sowie den gesamten Umfang z.B. in einer Woche beschrieben werden. Was für jeden Einzelnen trainingswirksam bedeutet, hängt vom jeweiligen Fitnesszustand ab. Wir haben beim vorigen Prinzip schon geklärt, dass es besser ist, regelmäßig etwas zu machen, anstatt nur einmal sehr viel und dann lange wieder nichts. Im Weiteren versuchen wir unseren Körper nicht gleich am Anfang zu überfordern, sprich wir stecken uns zu Saisonbeginn eher kleinere Ziele und versuchen auch das Tempo niedrig zu halten. Im Laufe der Bergsaison können dann die Touren länger werden oder manchmal auch kurze intensivere Trainingseinheiten dabei sein.

Das Prinzip der individualisierten Belastung

Bei diesem Prinzip möchte ich noch näher auf die Intensität eingehen. Auf den Berggipfeln sind oft stark erschöpfte Bergsteiger*innen anzutreffen, die dann aber noch einen langen anstrengenden Abstieg oder eine kräfteraubende Abfahrt vor sich haben. Durch zu starke Ermüdung sinkt die Konzentration und damit passieren schneller Fehler, welche sich in hochalpinem Gelände oft fatal auswirken können.

Skitourengeher

Beim Gehen in der Gruppe sollte man immer auf den/die schwächste/n Teilnehmer*in achten, nicht umgekehrt!

Leider glauben sehr viele Menschen, dass sportliche Betätigung nur etwas bringt, wenn man sich so richtig gequält hat, doch gerade im Ausdauersport ist genau das Gegenteil der Fall. Die Bedeutung der Grundlagenausdauer wird im Freizeitsport sehr häufig unterschätz. Wir bauen uns mit lockeren Einheiten eine Art Fundament, auf dem wir dann z.B. eine längere und anstrengendere Bergtour draufsetzten können. Wenn wir uns bei jeder Bergtour zu intensiv belasten, tun wir unserem Körper nichts Gutes und erzielen nachhaltig auch kaum Fortschritte.

Das Prinzip von Belastung und Erholung

Belastung und Erholung sind im Sport stets als Einheit zu sehen. Zu lange Pausen führen zu keinen Anpassungserscheinungen, zu wenig oder zu kurze Pausen überfordern den Körper und führen auf längere Zeit gesehen zu Überlastungen. Die Länge der Pause richtet sich dabei nach der Intensität der Belastung. Es ist durchaus möglich, dass man am Wochenende 2-3 nicht allzu lange lockere Bergtouren macht. Danach sollte aber mindestens ein Tag Pause folgen. Ist eine Bergtour sehr lange oder eher intensiv, empfiehlt es sich, schon früher eine Pause einzulegen.

Diese Angaben sind als grobe Richtwerte zu sehen, wie Ausdauersport funktionieren kann. Wer es genauer wissen will und individuelle Empfehlungen auf sein/ihr aktuelles Leistungsniveau bekommen möchte, dem sei eine leistungsdiagnostische Überprüfung nahegelegt, die man entweder beim Sportmediziner*in oder beim Sportwissenschafter*in durchführen lassen kann.

Skitour

Am Institut für Sportwissenschaften der Universität Salzburg im ULSZ Rif besteht auch die Möglichkeit seine optimalen Trainingsbereiche direkt für das Skitourengehen oder Berggehen bestimmen zu lassen ( https://lauflabor.plus.ac.at/). Man geht dabei zu Fuß (mit oder ohne Stöcke) oder mit Tourenskiern am Laufband steil bergauf, während in gewissen zeitlichen Intervallen das Tempo nach und nach gesteigert wird. Über einen kleinen Tropfen Blut aus dem Ohrläppchen lässt sich dann das Laktat (Stoffwechselprodukt) für die jeweilige Intensität bestimmen, über welches abgeschätzt wird, wie sehr sich der Sportler oder die Sportlerin angestrengt hat. Mit diesen Werten können dann Trainingsempfehlung auf das jeweilige Ziel hin, gegeben werden. Einem genussvollen und hoffentlich verletzungsfreien Bergwinter steht dann nichts mehr im Weg.

Für weitere Fragen oder Tipps und Tricks rund um das Thema Bergsport und Ausdauertraining könnt ihr euch gerne per Mail an Frau Mag. Stadlmann unter melden. Wir wünschen euch tolle Bergtouren, bleibt’s gesund!

Euer commUNIty-Redaktionsteam

 

Photo Credits:

Titelbild: Leistungstest beim Skibergsteigen © Jahnel

Skitourengeher: © Monika Stadlmann