Was ist Glück? Glücksforscher der PLUS, Prof. Anton Bucher, im Gespräch


Titelbild Was ist Glück

Vierblättrige Kleeblätter, Rauchfangkehrer und Sternschnuppenregen sehen viele Menschen als Glücksbringer an und sollen sie somit vor Pech schützen. Doch was hat es mit dem Glückskonzept eigentlich auf sich? Ist es eine magische Macht von oben, oder findet der Glücksprozess doch intern statt?

Wir haben dem Glücksforscher der PLUS, Prof. Dr. Anton Bucher, genau diese Frage gestellt und haben uns gemeinsam mit ihm auf die Suche nach dem Glück gemacht. Warum sind manche Menschen eigentlich häufiger glücklich als andere? Was passiert in unserem Gehirn, wenn wir glücklich sind? Und kann man Glück messen? Diese Fragen beantworten wir im heutigen Blogartikel.

Was ist eigentlich Glück? Woher kommt die Begrifflichkeit?

„Glück kommt aus dem mittelhochdeutschen ‚Gelücke‘ und bedeutete ursprünglich, wie etwas ausgeht und schließt, aber auch, ob etwas gelingt bzw. glückt. Im Deutschen wird unterschieden zwischen Glück als Zufall, aber auch als länger anhaltende, positiv erlebte Befindlichkeit, die sich auch im Gesichtsausdruck zeigen kann: Seitwärts angehobene Lippen, Lächeln, angehobene Augenbrauen und geweitete Pupillen.“

Gibt es unterschiedliche Arten von Glück?

  • Zufallsglück: im englischen luck, im französischen fortune
  • Befindlichkeitsglück: im englischen happiness, im französischen bonheur

„Zusätzlich wird in der Glücksforschung unterschieden zwischen hedonistischem Glück – als Sinnesgenuss, Lust, Freude – und dem eudaimonistischen Glück, das darin besteht, dass Personen ihre Talente ausleben, tugendhaft leben, sich selber verwirklichen, ein gelingendes, glückendes Leben führen. Dieses Glück ist anstrengender und anspruchsvoller als das hedonistische.“

Kann man Glück messen? Hat jede*r dasselbe Empfinden, wenn er/sie glücklich ist?

„Glück wird üblicherweise durch subjektive Selbsteinschätzung gemessen. Bald kann es auch mit Einzelitems, in den USA very happy, pretty happy, not to happy, oder mit breiteren Items, bis zu elf Punkten zwischen „total glücklich“ (10), „total unglücklich“ (0) gemessen werden. Oft praktiziert wird die Erlebensstichprobenmethode: Proband*innen erhalten ein Smartphone und werden auf diesem angepiepst, geben ein, wo sie sind, was sie tun, wie sie sich fühlen, oft auch mit Gesichterskalen, smileys. Das verhindert Erinnerungsfehler bei Retrospektiven.“

Wie wird man glücklich? Kann man dauerhaft glücklich sein? Gibt es sowas wie einen „Glücksrausch“?

„Glück ist eine Kontrasterfahrung. Sein Gegenteil ist übrigens nicht die Traurigkeit, sondern die Depression. Es gibt viele Anlässe für’s Traurigsein: Krieg in der Ukraine, Ungerechtigkeiten auf diesem Planeten, Verlusterfahrungen – und das gehört unvermeidlich zum Leben dazu. Psychisch in Ordnung ist ein Mensch, wenn er sich freuen und glücklich sein kann, wo und wann es sich geziemt, aber auch traurig sein kann, wann und wo es angemessen ist.

Natürlich gibt es euphorische Glücksräusche, etwa bei der Geburt eines Kindes, überwältigende Liebe, aber die halten in der Regel nicht zu lange an. Diese Intensität unterscheidet Glück auch von der Zufriedenheit. Weinen tun wird nicht aus Zufriedenheit, sondern aus tiefstem Glück.

Wie Menschen glücklich werden, ist sehr individuell. Meine älteste Tochter war in der Pubertät einmal sehr glücklich, wie sie eine Ratte als Haustier erhielt, mir grauste damals. Aber allgemein kann gesagt werden: Was sich Menschen selber erarbeiten, ist glücksbegünstigender.“

Nichts ist beglückender, als sich auf einen Stuhl zu setzen, den man selber gezimmert hat, so der französische Philosoph Allan.

 

„Besonders glücksrelevant sind auch soziale Nahbeziehungen, Liebe, Wertschätzung, Anerkennung, Vertrauen – weit mehr als materielle Faktoren. Selbst ein Lotteriegewinn. Lottogewinner waren zwei Jahre später wieder gleich glücklich wie zuvor. Aber auch Paraplegiker, die nach dem Unfall am Boden zerstört waren, aber sich in zwei Jahren emotional wieder hochziehen konnten, vor allem, weil sie sich an kleinen unscheinbaren Dingen erfreuen konnten. Überwältigendes Glück: Wieder selber die Zähne putzen können.“

Was passiert im Gehirn, wenn wir Glück verspüren?

„Im Gehirn wird jeweils aus dem nucleus accumbens Dopamin ausgeschüttet, was uns aktiv und erwartungsfroh stimmt: Vorfreude ist die schönste Freude. Zu den Glücksbotenstoffen zählt auch Serotonin, das die Informationsweitergabe zwischen den Synapsen beschleunigt, aber auch Oxytocin, das Kuschelhormon, das nicht ausgeschüttet wird, wenn die Fingerkuppen über Geldscheine streicheln, sondern wenn Menschen sich umarmen, oder beispielsweise eine Wöchnerin ihr Baby an die Brust presst.“

Kann man Glück vermehren? Wenn ja, wie?

„Glück lässt sich durchaus vermehren, aber nur bedingt. Lange war von einem Glücksrichtswert die Rede, auf den wir nach Euphorien wieder zurückfallen, bzw. zu dem wir wieder hochkommen, wenn wir Schlimmes erleben mussten. Mittlerweile hat die Positive Psychologie Strategien untersucht, die Glück durchaus erhöhen können, etwa Dankbarkeit, ein Dankbarkeitstagebuch führen; ehrenamtlich soziale Tätigkeit, gute Werke, viel körperlich in Bewegung sein, aber auch Übungen der Achtsamkeit, der Meditation.“

Leben glückliche Menschen länger?

„Häufige positive Emotionen, die auch der Gesundheit gut tun – entspannter Herzschlag, besseres Immunsystem – leben im Schnitt um die fünf Jahre länger.“

Glücksproduktion und Glücksempfinden finden also intern statt und können von innen durch gezielte Übungen und Rituale verstärkt werden. Wir sind uns einig: Glücklich sein ist das wahrscheinlich das Beste auf der Welt! Nicht zu vergessen ist, dass man nicht immer glücklich sein kann, da das Leben manchmal wie eine Achterbahnfahrt sein kann. Das ist aber völlig normal und auch in Ordnung so.

Danke an Herrn Prof. Bucher für’s Gespräch! All jene, die noch gezieltere Fragen haben, können sich gerne bei ihm melden oder auch in sein Buch „ Psychologie des Glücks“ hineinschnuppern. Dort werden alle dazugehörigen Glückskomponenten noch weiter behandelt.

Viel Glück!

Eure Vanessa

Vanessa kommt aus Oberösterreich und ist Lehramtsstudentin. Wenn sie nicht gerade die warmen Sonnenstrahlen auf ihrer Terrasse mit einer Tasse Kaffee und einem guten Buch genießt, verbringt sie ihre Freizeit am liebsten draußen in der Natur im Wald oder in den Bergen. Außerdem ist sie eine totale Cat Mom und für sie wäre der Alltag ohne ihre zwei pelzigen Gefährten nur halb so schön!

 

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