Crossculture Religious Studies Project: ab Herbst 2022 an der PLUS


Uni in Yogyakarta

An der Paris Lodron Universität Salzburg entstehen aktuell eine Vielzahl neuer Projekte und Angebote, darunter auch das Crossculture Religious Studies Project vom Fachbereich der Religionswissenschaft. Kick-off dieses Projekts ist die dazugehörige Summerschool, die von 1. bis 5. August in Salzburg im Rahmen der Hochschulwochen stattfindet. Wir haben mit Initiator und Projektleiter Prof. Dr. Martin Rötting, gesprochen – über Entstehung, Entwicklung und Zukunftsperspektiven des Crossculture Religious Studies Project.

Abgesehen von Salzburg sind fünf Universitätsstandorte am kulturübergreifenden Religious Studies Project beteiligt: Seoul, Nairobi, Haifa, München und Yogyakarta. Eine spannende Mischung, die dafür sorgt, dass Studierende einen globalen, rundumfassenden Blick auf Religious Studies bekommen.

Wie ist das Projekt entstanden? Woher kam die Idee?

Martin Rötting: „Eine der Initialzündungen war die Bemerkung von Gregory Alles in dem Buch ‚Global Religious Studies‘, dass der globale Aspekt in den Religionswissenschaften viel zu wenig vorhanden ist. Damit ist gemeint, dass viele ausschließlich aus der Perspektive ihrer Situation lehren und forschen und, dass man eigentlich – wenn man postkoloniale Strukturen bedenkt – darüber hinaus gehen und wirklich um ein vielfaches internationaler zusammenarbeiten müsste.

Crossculture Projekt Booklet

Ein weiterer Anstoß war die Überlegung, dass wir hier in Salzburg eine kleine Universität mit einem sehr kleinen Religious Studies-Standort sind und dadurch die Frage auftaucht, wie man sich spezialisieren kann. Einerseits haben wir eine starke christliche Tradition, also Fürstbistum, Benediktineruniversität etc. und gleichzeitig haben wir andere Religionen, die aber nicht allzu stark vertreten sind. Es gibt zwei drei Moscheen und buddhistische Zentren, aber eben nicht viele.

Das Crossculture Religious Project verbindet den Charme einer familiären Uni (wie Salzburg) mit der großen Welt und somit unterschiedlichen Standorten und Kulturen.

So kam dann die Idee der stärkeren Vernetzung auf. Denn, wenn man sich Universitäten aussucht, die genau das haben, was man selber nicht hat, beispielsweise die  buddhistische Universität in Seoul, die  Universität in Haifa mit dem Bezug zum Judentum oder die  Universität in Nairobi mit ihrer afrikanischen Stammesreligiosität, kann man viele Lücken schließen. Durch die Zusammenarbeit mit diesen Bildungseinrichtungen kann man genau das anbieten, was einem selber fehlt, seien es Praxisfelder oder Orte, wo man hingehen kann, um sich die Auslebung der Religion tatsächlich anzuschauen. Gleichzeitig bietet der Universitätsstandort Salzburg den anderen Universitäten etwas, das diese vielleicht nicht haben. Im Fall von Salzburg zum Beispiel traditionelle Klösterstrukturen.“

Und wie lange hat die Entwicklung gedauert?

Martin Rötting: „Aufgrund der Pandemie gab es natürlich auch Schwierigkeiten und es war schon etwas komplizierter die Dinge ins Rollen zu bekommen, wenn man sich nicht persönlich kennt. Aber letztlich hat alles gut geklappt.“

Was zeichnet die fünf weiteren Universitätsstandorte im Speziellen aus? Was macht ein Studium dort attraktiv?

Martin Rötting: „Der Schwerpunkt von soziokultureller Struktur, die sie haben. Die Universität Dongguk ist eine buddhistische Gründung und hat unheimlich viel Kontakt zu buddhistischen Studien und zu buddhistischen Klöstern in Seoul und in ganz Südkorea. Die Universität Haifa punktet mit dem Schwerpunkt Jewish Studies. Das Besondere ist also immer die Verbindung zwischen Lokalität und deren Forschungstradition.  An der Universität München ist es das Haus der Kultur und Religionen in München und der interkulturelle Master der Jesuiten – beides zusammen ergibt einen starken interreligiösen Fokus. Am interreligiösen College – das Haus der Kultur und Religionen –kann man Praktika machen, die es woanders nicht gibt. Die  Gadjah Mada University hat den Fokus auf den Islam und indonesische Religion.“

Crossculture Religious Studies Project

Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit den fünf weiteren Universitätsstandorten?

Martin Rötting: „Die Zusammenarbeit läuft auf drei Ebenen ab. Das eine ist schlicht und ergreifend die Möglichkeit, dass alle Standorte sich verpflichten, einen Teil ihres Lehrprogramms auf Englisch abzuhalten, sodass jede*r hinfahren und mitmachen kann und die absolvierten Kurse anschließend anerkannt werden. Um das zu ermöglichen, haben wir intensiv mit den beteiligten International Offices sowie mit dem akademischen Personal zusammengearbeitet.

Die zweite Ebene ist, dass wir bei der Crosscultural Summerschool das Programm miteinander gestalten. Dort haben wir also auch schon inhaltlich miteinander gearbeitet. Daraus könnten sich dann in Zukunft auch gemeinsame Projekte ergeben.

Crossculture Religious Studies Project Summer School

Und die dritte Ebene ist folgende: Es gab früher die Zeitschrift „Salzburger Theologische Zeitschrift“. Nach dem Tod des damaligen Herausgebers Ulrich Winkler haben wir diese umgestaltet und erweitert. Daraus geworden ist eine englischsprachige peer review- Zeitschrift mit dem Namen „ Crosscultural Studies of Religion and Theology Interdisciplinary Perspectives“. Dem Namen kann man schon entnehmen, dass wir die Zeitschrift auch deswegen so nennen, damit alle Partizipierenden des Projektes dort ihre Arbeiten veröffentlichen können. Auch die verschiedenen akademischen Partner arbeiten dort zum Teil mit – aktuell circa die Hälfte.“

Für wen ist die Teilnahme am Programm besonders empfehlenswert? Was sollten die Studierenden mitbringen?

Martin Rötting: „Besonders empfehlenswert ist es für Studierende der Religionswissenschaft (bzw. Religious Studies), die über den Tellerrand hinausblicken und neues kennenlernen wollen. Für all jene, die den religiösen Aspekt in einem bestimmten Bereich (den es bei uns in Salzburg nicht gibt) noch weiter vertiefen und mit einem bestimmten theoretischen Blick oder einem bestimmten Methodenansatz verbinden wollen. Mitbringen sollten sie auf jeden Fall Neugier und die Bereitschaft, sich auf andere akademische Kulturen einzulassen. Es wird nicht überall so laufen wie in Salzburg und das ist ja auch gut so.“

Wie schätzen Sie die Berufsaussichten nach Abschluss dieses Programms ein? Hat man höhere Jobchancen, wenn man die internationale Variante des Studiums Religious Studies wählt?

Martin Rötting: „Das denke ich auf jeden Fall. Denn man wird dadurch flexibler, kann sich auf neue Situationen besser einlassen und die gewonnene Erfahrung natürlich auch im späteren Berufsfeld gut gebrauchen – egal ob das in der Medienwelt ist oder als Fachreferent*in für Religion in einem Bildungshaus.“

Sind die Kurse im Rahmen dieses Projekts alle auf Englisch? Welches Sprachniveau sollten Studierende mitbringen?

Martin Rötting: „Die Kurse sind sowohl auf Englisch als auch in der jeweils lokalen Sprache. Beim Englisch-Sprachniveau empfehlen wir B2, denn damit ist sichergestellt, dass man auch einer Vorlesung folgen kann.“

Im August findet als Kick-off eine Summer School im Rahmen der Salzburger Hochschulwochen statt. Was erwartet die Teilnehmer*innen dort?

Martin Rötting: „Dass sie reingeworfen werden in eine interdisziplinäre und interkulturelle Fachdebatte zu verschiedenen Themen und mit Vertreter*innen – sowohl akademischen als studierenden – der ganzen Partneruniversitäten. Dadurch können alle Teilnehmer*innen der Summer School das, was Crossculture in Religious Studies bedeutet, eben die verschiedenen Herangehensweisen an ein Thema, quasi hautnah erleben.“

Was finden Sie am Crossculture Religious Project besonders toll und erwähnenswert?

Martin Rötting: „Dass es den Charme einer familiären Uni (wie Salzburg) mit der großen Welt und somit unterschiedlichen Standorten und Kulturen verbindet.“

Wenn es ein Wunschszenario gibt: Wohin hat sich das Projekt in fünf Jahren entwickelt?

Martin Rötting: „Vielleicht zu einem Joint Master Programm – wenn alle Unis daran Interesse haben. Unterrichtssprache wäre dann Englisch, das wäre der Vorteil eines Joint Masters. Dann wäre die Zielgruppe noch größer. Aus Studierendensicht ist der Unterschied allerdings nicht allzu groß, denn sie können bereits jetzt an allen Unis studieren. Die Studierenden bekommen allerdings aktuell nur den Abschluss einer Uni, beim Joint Master wäre der Abschluss dann von allen Unis gemeinsam.

Eine zweite Sache, die mir noch wichtiger ist: Zu Beginn habe ich ja erwähnt, dass Gregory Alles und viele andere Fachleute sagen, man muss das Fach Religionswissenschaft globaler betrachten. Wie verstehen Menschen in Nairobi ihre Religion und wie geht es ihnen, wenn sie auf das Christentum schauen – zum Beispiel nach Salzburg. Es geht also darum, das alles in das Verstehen von Religion mit einzubeziehen. In fünf Jahren wissen wir viel mehr darüber, was passiert, wenn man das wirklich versucht. Mit diesem Wissen sehe ich uns in fünf Jahren.“

Lieber Herr Rötting, vielen Dank für das spannende Gespräch!

Euer commUNIty Redaktionsteam

 

Photo Credits:
Titelbild: Uni Yogyakarta
Grafiken 1 und 3: Orinta Rötting
Bild 2 im Text: Uni Dongguk