Weihnachten damals vs. heute: Die ältesten Studierenden der Uni 55-PLUS berichten über ein typisches Weihnachtsfest vor mehr als 80 Jahren.
Wieder einmal ist es soweit, Weihnachten steht vor der Tür. Wir dürfen uns also auf leuchtende Kugeln am prachtvollen Christbaum, funkelndes Lametta an den Zweigen und einen Berg voller Geschenke freuen. Das Ganze wird umrandet von festlicher Weihnachtsmusik und herzhaftem Weihnachtsessen. Bei dem Blick in die (hoffentlich) weiße Winterlandschaft ist man schon ganz froh, drinnen vorm Kamin bei wohliger Wärme mit seinen Liebsten zusammen zu sein. Das Fest kann also ausgiebig genossen werden!
Doch was für uns Studierende mittlerweile als „normales“ Weihnachten gilt, war keineswegs immer so. Daher haben wir für euch die beiden ältesten Studierenden der Uni 55-PLUS eingeladen und sie gebeten zu berichten, wie bei ihnen früher ein typisches Weihnachtsfest abgelaufen ist und was sich im Vergleich zu heute verändert hat. Kommt mit uns auf eine Reise in die Vergangenheit von vor über 80 Jahren und erlebt interessante Einblicke in eine andere Zeit.
Die ältesten Studierenden der PLUS berichten über Weihnachten in ihrer Kindheit
Sie haben sich dankeswerterweise dazu bereit erklärt, uns Einblicke in die Vergangenheit zu gewähren und ihre kleine, persönliche Weihnachtsgeschichte zu erzählen.
Frau Walpurga Lindmayr (Jahrgang 1933) gibt einen kurzen Blick auf Weihnachten, als sie noch ein kleines Kind war
„Besonders im Gedächtnis geblieben sind mir die kleinen, beiderseits gefransten färbigen Seidenpapiere geblieben. Ich durfte endlos und mit großer Begeisterung darin Zuckerln einwickeln. Das Christkind klingelt, und hinter der geöffneten Türe der Weihnachtsbaum. Mit den kleinen Kerzen strahlt er wie verzaubert, geschmückt mit den vielen Zuckerln und Kekserln. Alle Geschenke waren rein praktischer Art, denn sowohl die Wirtschaftskrise als dann auch der Kriegsbeginn zwangen zu großer Bescheidenheit.
Schließlich Weihnachten in den Bergen. Nach Kriegsende durfte ich alleine zu Familie vulgo Gampersberger, Bergbauern in Liezen, fahren. Ich kam früh genug, um für den zweijährigen jüngeren Sohn Roman noch mit eigen erzeugter Wolle ein Jankerl „für’s Christkind“ zu stricken. Bei den schwierigen Stellen half die Mutter aus. Damals gab es noch tiefen Schnee, und erst oben am Berg in ca. 1.000 m Höhe. Am Heiligen Abend wurde zuerst der Stall geräuchert – ein kleines Wegerl war schnell geschaufelt, dann ging’s in die „Stub’n“. Es war kalt genug, dass an den Fenstern wunderschöne Eisblumen gewachsen waren. Draußen der glitzernde Schnee, die Eisblumen, drinnen der Christbaum mit den Lichterln und die glänzenden Augen der zwei Buben. Wieder ganz einfache Gebrauchsgegenstände als Geschenke und auch mein kleines Jankerl für Roman, das ich in großer Eile noch fertiggebracht hatte.“
Weihnachten mit der Familie
„Das nächste Weihnachten mit meiner eigenen Familie und meinen vier Kindern war dann wieder ganz anders. Vor allem hatten sich die Geschenke geändert. Nicht nur dass alles mit wunderschönen Weihnachtspapieren und bunten Schleifen pikobello eingepackt war, die Kinder bekamen alles erdenkliche Spielzeug – vom Schaukelpferd und allen möglichen Autos bis hin zu Puppen für die drei Mädchen samt Kleiderausstattung, die ich selbst mit großer Ambition schneiderte.
Und es gab alle Wolle der Welt, sodass ich den ganzen Advent bis spät abends strickte und nähte. Die Kinder putzten den Baum selbst auf, aber diesmal mit allen möglichen Silberkugeln, die den Baum noch viel intensiver strahlen ließen.“
Weihnachten heute
„Ja, und heute. Zugegebenermaßen denke ich mit ein bisschen Wehmut zurück an die „alte Zeit“. Vor allem vermisse ich das Singen unter dem Christbaum. Meine vier Kinder, meine Mutter und ich bildeten einen richtigen Chor mit zweiter und dritter Stimme mit vielen Volksliedern – Es hat sich heut eröffnet, Oh Tannenbaum! und natürlich Stille Nacht. Heute mit der großen Familie, den eigenen Kindern, den Schwiegersöhnen, Enkerln und Urenkerln wird man jedes Jahr vor die Frage gestellt: Welche Geschenke soll man für wen besorgen? Sogar – und besonders – die Kinder sind im Überfluss mit Spielzeug versorgt, die Erwachsenen haben alles, was sie brauchen. Also wird man jedes Jahr in die Peinlichkeit versetzt, einer wunschlosen Familie Wünsche zu erfüllen. Eine meiner Töchter hatte die Idee, anstelle von ungewollten und oft ungeschätzten Geschenken ihrer Schwester die Überweisung für unterernährte Kinder in Afrika zu schenken. Ja, das wäre zur Nachahmung empfohlen!
Auf dem Foto sind vier Generationen der Familie Lindmayr unter dem Weihnachtsbaum zu sehen, wobei jede Generation an sich Weihnachten anders erlebt hat und noch erleben darf.“
Herr Max Kogelnig (Jahrgang 1936) erzählt von Weihnachten während der Kriegszeiten
„Der zeitliche Rahmen für diese Erinnerungen belaufen sich auf drei Jahre Vorkriegszeit (1936-1939), sechs Jahre Kriegszeit (1939-1945) und auf die Nachkriegszeit (bis ca. 1948). Geboren und aufgewachsen in Hallein, habe ich dort den Kindergarten und die Volksschule besucht. Schließlich habe ich das Realgymnasium in Salzburg besucht.
Zu den allgemeinen Lebensverhältnissen damals, speziell aber zur Vorkriegszeit habe ich praktisch keine Erinnerungen mehr, aber mein Umfeld war damals noch intakt. Aus der Kriegszeit nehme ich positive sowie negative Eindrücke mit.“
Weihnachten während des zweiten Weltkrieges
„Positiv waren die knappe, aber ausreichende Versorgung mit Lebensmitteln mittels monatlich ausgegebenen Lebensmittel-Karten, welche nach Familiengröße zugeteilt wurden. Auch für Textilien gab es Bezugsscheine. Außerdem war viel Raum zum Spielen im Freien für Kinder, weil es wenig asphaltierte Straßen und Plätze sowie kaum Verkehr gab. Zudem besaßen nur wenige Familien einen PKW oder ein Motorrad.
Negativ waren jedenfalls die Bombenangriffe vor allem nachts sowie der ständige Sirenenalarm und die Scheinwerfer, die den Himmel erleuchtet haben. Aus Richtung Salzburg kamen Flakgeschütze gedonnert, was die Menschen dazu gezwungen hat, in die Luftschutzbunker oder -keller bzw. Stollen im Berg zu flüchten. Zudem waren in vielen Familien die Männer abwesend, sie befanden sich an der Kriegsfront.
Während der Nachkriegszeit gab es eine schlechte Versorgung mit Nahrungsmitteln, Kleidung und anderen Gebrauchswaren. Viele Frauen wanderten daher aufs Land und erbettelten bei den Bauern etwas Milch und Brot.
In diesem gesamten Zeitraum gab es noch kaum Weißbrot und Gebäck. Schokolade, Bananen, Orangen oder andere nicht-heimische/s Früchte und Gemüse hat man nicht gekannt. Es gab keine Supermärkte, sondern den Fleischer, Bäcker und das kleine Lebensmittelgeschäft mit unverpacktem Mehl, Zucker, Milch, usw. Es gab auch noch kein Fernsehen, kein Telefon in der Privatwohnung, Handy oder Computer, nur das Radio – den sogenannten Volksempfänger – mit einigen wenigen Sendern. Kühlschrank, Waschmaschine oder Elektroherd oder Warmwasser von der Leitung kannte man nicht. Geheizt wurde mittels Zimmeröfen mit Kohle, Kohlebriketts oder Holz. Außerdem gab es zumindest in meiner Erinnerung im Winter mehr und länger Schnee, die Salzach war teilweise mit Eisschollen bedeckt und die Ufer zugefroren.“
Ein typischer Weihnachtsabend damals
„Die Bescherung erfolgte nach dem aufregenden Läuten eines Glöckchens; der Baum war geschmückt mit einigen Glaskugeln, Äpfeln und Nüssen, Lametta (aus Blei!), Engelshaar, weißen Wachskerzen und „Sterndlwerfern“ (Wunderkerzen). Gesungen wurde Stille Nacht und Oh Tannenbaum!. Vom nahen Friedhof hörte man (so wie auch heute noch) sehr stimmungsvoll eine kleine Gruppe von Trompeten- und Hornbläsern Weihnachtslieder spielen. Anschließend gab es ein einfaches Abendessen, falsche Rindsuppe mit Nudeln und danach selbstgebackene Kekse.“
Die Fotos zeigen einmal Herrn Kogelnig bei seiner ersten Ausfahrt auf seinen neuen Schiern nach Weihnachten und einmal mit einem typischen Weihnachtsgeschenk von damals, einen Ball.“
„Meine Erinnerungen an Weihnachten als Kind sind sehr positiv, aber natürlich sehr unterschiedlich zu heute: Es gab noch keine Weihnachtsbeleuchtung in Straßen und auf Plätzen (in der Kriegszeit wäre das auch nicht erlaubt gewesen, da Verdunkelungsvorschrift wegen der Bombenangriffe). An Weihnachtsdekoration im Freien oder in Geschäften kann ich mich nicht erinnern.
Den Weihnachtsmann oder Santa Clause gab es noch nicht, sondern das Christkind brachte den Christbaum und bescheidene Geschenke. Pferdefuhrwerke waren zur Weihnachtszeit mit Glöckchen ausgestattet. Ich habe vermutlich bis zum 8. oder 9. Lebensjahr ans Christkind geglaubt und diesen Glauben eine Zeitlang gegen anderslautende Meinungen verteidigt. Es war ein wunderbares Märchen. Der Christbaum stammte, wie ich später erfuhr, vom Wald eines wohlwollenden Bauern aus der Umgebung. Die Geschenke waren Dinge, die man im Laufe des Jahres benötigte oder auch erfüllte Wunschträume: Einmal eine Trommel, ein anderes Mal ein Schlitten, Schlittschuhe, aber auch von der Mutter selbst gestrickte warme Socken, Fäustlinge (Handschuhe) oder eine warme Jacke.“
Unterschiede zu heute
„Im Gegensatz zu dieser Zeit beginnt Weihnachten heute schon im November mit aufwendig gestalteten Lichterketten in Straßen und Plätzen, geschmückten beleuchteten Christbäumen in Geschäften und Shopping-Zentren. Der Weihnachtsmann/Santa Clause hat vielfach das Christkind abgelöst; dann und wann hört man Weihnachtslieder, eigentlich werden vorwiegend englischsprachige Lieder gespielt. Die Geschäfte und Boutiquen präsentieren hübsche Kleidung, Schuhe, Computer, eine riesige Zahl an technischen Geräten, die der Mensch heute „unbedingt benötigt“. Außerdem gibt es perfektes Kinderspielzeug, ausgeklügelte Sportgeräte und Ausrüstungen, was alles stark auf Kommerz getrimmt ist.
Aber zumindest in meinem Umfeld verläuft das eigentliche Weihnachtsfest ähnlich stimmungsvoll wie damals. Wenn möglich, ist eines der erwachsenen Kinder mit Enkel zu Besuch (außer während der Corona-Pandemie). Ich besorge rechtzeitig den Weihnachtsbaum auf einem der zahlreichen Verkaufsplätze, meine Frau tätigt alle notwendigen Einkäufe, schmückt spät am Vorabend zum 24. den Weihnachtsbaum mit dem wohlgehüteten Schmuck vom Vorjahr. An Heiligabend folgt ein Besuch auf dem Friedhof, dann die Bescherung unter dem Christbaum mit mehreren kleinen nützlichen Geschenken, es wird ein Weihnachtslied gesungen und anschließend die obligate – diesmal echte – Rindsuppe mit Einlagen gegessen. An den beiden folgenden Feiertagen steht ein Besuch der Weihnachtsmesse, geruhsame Spaziergänge, und ein gemütliches Treffen der erweiterten Familie auf dem Programm (wiederum: außer während der Corona-Pandemie).“
Fest steht, dass es heutzutage gar nicht mehr so einfach ist, sich auf die Stille rund um die Weihnachtszeit einzulassen. Zwar hat sich Weihnachten über die Jahre hinweg stetig verwandelt und weiterentwickelt – eins ist aber gleichgeblieben: die gemeinsame, kostbare Zeit mit der Familie und Freund*innen, die mehr wert ist, als jedes materielle Geschenk dieser Welt. Einmal mehr sollten wir uns daher ins Gedächtnis rufen, was wirklich zählt im Leben und worauf wir tatsächlich Wert legen sollten. In diesem Sinne wünschen wir euch fröhliche Weihnachten und eine besinnliche Zeit mit euren Liebsten!
Eure Vanessa
Photo Credits:
Titelbild: louis magnotti on Unsplash
4 Generationen unter dem Weihnachtsbaum: Frau Walpurga Lindmayr
Weihnachtskindheitsfotos: Herr Max Kogelnig