7 Dinge, die Tiere besser können als wir


Husky schaut in die Kamera

Schon seit vielen Jahren interessiere ich mich mehr für Tiere als für uns Menschen. Meine Hingabe zu den tierischen Bewohnern der Erde wurde von meiner Katze Minki geweckt, die mich lange 15 Jahre mit ihrer Gesellschaft beehrt hat. Auch, wenn wir uns des Öfteren in die Haare kamen, war sie stets eine treue Begleiterin (insofern das bei Katzen möglich ist). Wie andere Tierbesitzer*innen wahrscheinlich auch, habe ich oft versucht, mit meiner Katze zu kommunizieren und sie ohne Worte zu verstehen. Was von Zeit zu Zeit einfach war, denn Katzen machen es offensichtlich, wenn sie zum Beispiel Futter wollen. Mein Interesse für Tiere ist noch größer geworden, als ich eine Ringvorlesung an der Uni Salzurg besucht habe: „Human Animal Studies“. Und auch die allseits bekannte und hochgelobte Netflix-Dokuserie von David Attenborough „Our Planet“ hat mich sehr beeindruckt.

Um meinen Wissenshorizont zu erweitern, habe ich mir das Buch der Wissenschaftsjournalistin Virgina Morell zugelegt: „Animal Wise. How We Know Animals Think and Feel“. Daraus habe ich mir auch diese sieben interessanten Dinge herausgesucht, die Tiere besser können als wir. Immer wollen Menschen an der Spitze der Evolutionskette stehen und damit alle anderen Tiere beherrschen. Aber um ein gutes Zusammenleben zu ermöglichen, sollten wir anderen Tierarten auch etwas zusprechen, sei es nun ihren Lebensraum oder Fähigkeiten, die sie besitzen und wir vielleicht nicht. Am Ende sind wir alle Tiere, die, ganz banal gesagt, um ihr Überleben kämpfen, sich fortpflanzen wollen und Nahrung finden müssen.

Schimpansen haben ein gutes Kurzzeitgedächtnis

Schimpansen sind eine Gattung der Menschenaffen und somit direkte Vorfahren des Homo sapiens. Die Evolution lässt uns immer denken, dass wir die Krönung der Schöpfung seien, da nach uns in der Art bis heute nichts Neues gekommen ist. Das bedeutet aber nicht, dass wir alles besser können als unsere Artverwandten. Schimpansen beispielsweise haben ein viel besseres Kurzzeitgedächtnis als wir. Das hat eine Studie am Institut für Primatenforschung der Universität Kyoto in Japan gezeigt.

Dort wurden Tests durchgeführt, wobei Ayumu, einer der Schimpansen im Institut, eine Reihenfolge der Nummern 1-9 sah, die dann überdeckt wurde. Der Primat musste sich die Reihenfolge der Nummern und ihre Position merken und durch einen Klick am Bildschirm dementsprechend aufdecken. Das erstaunliche dabei ist, dass die Nummern je nach Test nur 650, 430 oder 210 Millisekunden auf dem Bildschirm zu sehen waren. Während der Schimpanse 80% der Tests korrekt ausführen konnte, konnte die Autorin des Buches nur vier oder höchstens fünf Nummern richtig aufdecken, und das sogar bei einem Test, wo sie ganze 650 Millisekunden Zeit hatte, sich die Reihenfolge einzuprägen.

Außerdem können Schimpansen diese Erinnerungen im Kurzzeitgedächtnis auch länger halten als wir. Bei einem Experiment wurde der Schimpanse von einem lauten Geräusch im Büro unterbrochen, sodass er sich umdrehen musste, um zu schauen, was passiert war. Ganze zehn Sekunden später hat er bei dem Test weitergemacht und konnte die richtige Reihenfolge der Zahlen immer noch widergeben. Für den Homo sapiens gilt dies als ein Ding der Unmöglichkeit.

Ratten können Katzen riechen – und sie fürchten sich davor

Zugegeben, das klingt auf den ersten Blick nicht sehr spektakulär. Immerhin haben Hunde und Katzen auch einen unglaublichen Geruchssinn. Zumindest nimmt man das an. Aber die beliebten Haustiere erkennen einen Geruch nur dann, wenn sie ihn vorher schon einmal gerochen haben. Bei Ratten ist das anders: Obwohl sie schon seit 150 Jahren in Laboren leben und deshalb noch nie eine Katze gesehen oder gerochen haben, erstarren sie bei dem Geruch. Das hat der Neurowissenschaftler Jaak Panksepp an der Washington State University in Pullman zufällig herausgefunden, als er eines Tages mit Kleidung voll von dem Geruch seiner Hauskatze ins Labor kam, wo er eigentlich das Spiel und das Lachen der Ratten untersucht. An diesem Tag aber wollten seine Ratten nicht spielen, denn eine Katze bedeutet für sie Gefahr. Das ist angeborenes Wissen, das Ratten eigentlich gar nicht mehr benötigen, aber dennoch immer noch in sich tragen. Ratten mussten sich seit Jahrtausenden vor Katzen in Acht nehmen, weshalb es länger als 150 Jahre im Labor dauern wird, diese Eigenschaft loszuwerden.

Elefanten kommunizieren durch Ohren- und Rüsselbewegungen

Wissenschaftler*innen im Amboseli-Nationalpark in Kenia untersuchten Herden von Elefanten, die dort frei leben. Durch verschiedene Experimente haben sie herausgefunden, dass diese mit den Ohren und mit dem Rüssel kommunizieren. Wenn eine Herde z. B. von einer anderen bedroht wird, muss die Matriarchin (die Anführerin der Familie) entscheiden, was zu tun ist. Das muss sie dann ihren Herdenmitgliedern mitteilen. Da sie keine Wörter haben, nutzen sie ihre verschiedenen Körperteile sehr effizient. Schon die kleinste Bewegung eines riesigen Ohres kann Grundlegendes kommunizieren.

Dass Elefanten damit nicht über Gott und die Welt sprechen, ist klar, aber auf jeden Fall ist die Körpersprache für die Bedürfnisse der Tiere völlig ausreichend. Um noch mehr über die Kommunikation zwischen Elefanten einer Herde herauszufinden, spielen die Forscher*innen einen aufgenommenen Laut anderer Elefanten ab und beobachten, wie die Herde darauf reagiert. So konnten schon einige Durchbrüche in diesem Forschungsbereich geschafft werden.

Nahaufnahme von einem Elefant

Schützenfische haben ein exzellentes Ziel

Die Schützenfische sind durch ihre Fähigkeit, ein Ziel mit einem Wasserstrahl zu treffen, ein Internetphänomen geworden. Und das zu Recht: Sie jagen ihre Beute mit diesem Wasserstrahl, den sie aus dem Mund schießen und wie eine Pistole benutzen. So können sie Insekten, Spinnen oder sogar kleine Eidechsen, die oberhalb im Gebüsch oder auf Blättern sitzen, abschießen und verzehren. Das Spannende dabei ist, dass sie die kleine Beute nicht nur genau treffen müssen, sondern dass sie danach auch noch voraussagen müssen, wo im Wasser sie landen wird, damit die Jäger sie direkt verzehren können und ihnen kein anderer Fisch zuvorkommt.

Der Neurowissenschaftler Stefan Schuster, der an der Universität Bayreuth beschäftigt sich verstärkt mit Schützenfischen. Er hat so herausgefunden, dass auch Tiere mit kleinen, simplen Gehirnen (z. B. Schützenfische) fähig sind, komplexe kognitive Entscheidungen zu treffen und sie entgegen allen Glaubens nicht vorprogrammiert sind. Um ihr Ziel zu treffen und die Beute zu erwischen, müssen die Fische viele Kalkulationen machen: Wie weit das Ziel entfernt ist, mit wie viel Kraft geschossen werden muss, damit die Beute runterfällt, wo sie im Wasser landen wird, bis hin zu wie schnell der Fisch schwimmen muss, um sie gleich fressen zu können.

Da junge Schützenfische nicht besonders gute Schützen sind und die richtige Methode erst noch lernen müssen, ist bewiesen, dass dieser Prozess nicht in den Neuronen vorprogrammiert ist. Schusters Schützenfische konnten mit ihrem präzisen Ziel sogar Fliegen schießen, die bis zu 30,5 cm oberhalb der Wasseroberfläche hingen. Außerdem lernten sie, vorbeifliegende Insekten abzuschießen.  Hier findest du ein Video der Fische, falls du sie noch nicht kennst – es ist wirklich unterhaltsam.

Ameisen sind geduldige Lehrkräfte

Dass Menschen lehren und lernen ist klar. Auch, dass andere Tierarten etwas lernen, z. B., dass Kätzchen von ihren Eltern lernen, wie man jagt, klingt noch nachvollziehbar. Aber Ameisen, die unterrichten? Das klingt im ersten Moment doch sehr verrückt. Dennoch konnte Nigel Franks an der Universität Bristol in England mit seinen Kollegen feststellen, dass Ameisen ihren Artgenossen tatsächlich etwas beibringen. „Lehren“ hat im Gebrauch mit nichtmenschlichen Tieren eine eigene Bedeutung, und zwar: Wenn ein Individuum sein eigenes Verhalten in Präsenz eines anderen, auf seine Kosten modifiziert, kann ein anderes Individdum schneller lernen. Und genau das machen Ameisen.

Um das herauszufinden, musste ein Bau der Ameisen im Labor zerstört werden. Das hatte zur Folge, dass sich die Ameisen einen neuen Unterschlupf suchen mussten und als sie sich für den nächstgelegenen, passenden entschieden hatten, gingen sie immer in sogenannten Tandem-Läufen vom alten zum neuen Bau. Die erste Ameise, die den Weg kannte, zeigte ihn der zweiten, indem sie langsam ein paar Schritte vorwärts ging und immer wieder stehen blieb, damit ihre Schülerin aufholen und sich zugleich den Weg einprägen konnte. So ging es den ganzen langen Weg bis zum neuen Bau. Dann machten sich beide Ameisen auf den Weg zurück und jede nahm eine weitere Schülerin mit sich. Dieser Vorgang wiederholte sich so oft, bis alle Ameisen ihr neues Zuhause gefunden hatten.

Delfine erleben ihre Welt durch Echoortung

Delfine sind bereits allseits für ihre Intelligenz bekannt. Neben der Echoortung, die sie und andere Tierarten verwenden, haben die großen Meeressäuger noch weitere beeindruckende Fähigkeiten, über die wir Menschen nur staunen und um die wir sie beneiden können. Delfine haben ausgezeichnete Lang- und Kurzzeitgedächtnisse und sie haben perfekte Sehkraft – nicht nur im Wasser, sondern auch außerhalb. Davon können wir nur träumen. Durch die Echoortung können sich Delfine in ihrer Welt besser orientieren und sie auch akustisch sehen. So haben Experimente gezeigt, dass ein trainierter Delfin einen Stahlball mit nur 2,5 cm Durchmesser durch Echoortung wahrnehmen kann, der fast ein ganzes Fußballstadion entfernt ist. Schon das bloße Konzept der Echoortung ist für uns Menschen unvorstellbar und dennoch gibt es Tiere da draußen, für die es das alltäglichste aller Dinge ist!

Hunde wollen kooperieren

Kooperation zwischen Tierspezies oder auch zwischen einzelnen Tieren innerhalb einer Spezies findet man eher selten. Aber wenn es um den Hund geht, so haben Wissenschaftler*innen festgestellt, dass sie kooperieren wollen bzw. führen sie Aufgaben nur aus, wenn ihr Herrchen/Frauchen damit einverstanden ist, die Erlaubnis dafür gibt oder sogar behilflich dabei ist. Das wurde bei Experimenten festgestellt, wo Wurstwaren in eine Pfanne und diese hinter einen Zaun gelegt wurde, so dass sie nicht direkt erreichbar war. Mithilfe eines Griffes konnte die Pfanne jedoch hervorgeholt werden. Die Forscher*innen haben den Hunden vorgezeigt, wie man den Griff fassen kann, um an die Wurst zu kommen. Aber keiner der Haustiere hat es nachgemacht. Stattdessen haben sie nur ihre Besitzer*innen angeschaut und nach Bestätigung oder Hilfe gesucht. Erst als die Besitzer*innen mit den Hunden gesprochen haben, haben die meisten den Test gelöst. Deshalb sind Hunde bei Menschen auch so beliebt, weil sie zusammenarbeiten und Befehlen folgen wollen.

Ein Aspekt, auf den man besonders aufpassen muss, wenn man über die Gedanken und Intentionen der Tiere spricht, ist der Anthropomorphismus. Das bedeutet, dass wir Menschen den Tieren (oder anderen unmenschlichen Wesen) manchmal menschliche Eigenschaften oder Aktivitäten zuschreiben (wollen), einfach weil wir es vielleicht nicht besser wissen (aber gerne wissen möchten). Ein weiterer Punkt ist der der Frage nach der Definition, wenn man z. B. davon spricht, dass Tiere denken. Inwiefern ähnelt dieses Denken dem von uns Menschen? Viele offene Fragen bleiben also noch zu beantworten. Wer inzwischen einen Blick in die kognitive Tierwelt wagen will, dem kann ich dieses Buch nur wärmstens ans Herz legen!

 

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