Medienberichterstattung in Zeiten von Corona
Haben die österreichischen Medien gute Arbeit geleistet, was die Berichterstattung rund um Corona angeht? Was hätte man besser machen können, was ist besonders gut gelaufen?
Josef Trappel, der Leiter des Fachbereichs Kommunikationswissenschaft der Universität Salzburg, ist ein Experte, was die aktuellen Entwicklungen von Medien angeht. Wie er die Situation sieht, hat er mir im Interview verraten.
Fokus der Berichterstattung auf Corona
Die Corona-Berichterstattung hat von Jänner bis April 2020 bis zu 70% der Gesamtberichterstattung in der Schweiz ausgemacht – das haben Eisenegger et al. in ihrer Studie „Die Qualität der Medienberichterstattung zur Corona-Pandemie“ herausgefunden. Eine Studie für Österreich gäbe es zwar nicht, aber dass Corona ein wichtiges Medienthema sei, lasse sich nicht bestreiten. Josef Trappel sieht die Begründung dafür darin, dass es eine Hauptaufgabe der Medien sei, über das zu berichten, was die Bevölkerung betrifft und beschäftigt. Und nur wenige Entwicklungen betreffen die Menschen aktuell so stark wie Corona. COVID-19 ist ein zentraler Bestandteil der österreichischen Medienlandschaft geworden, und das, laut Josef Trappel, zu Recht. Das führt aber auf der Kehrseite dazu, dass gewisse Themen keinen oder nur mehr wenig Platz in der Berichterstattung finden, beispielsweise die Auslands- und Wirtschaftsberichterstattung. Auch Themen, die latent relevant sind, wie der Klimawandel, erlangen viel weniger Berücksichtigung in den Medien.
Panikmache?
Medien sollen weder dramatisierend, noch bagatellisierend berichten. Trotzdem kommt es in gewisser Weise immer wieder zu Panikmache in den Medien. Josef Trappel erklärt, dass sich manche Medien, unabhängig von Corona, dadurch auszeichnen, Skandale zu bewirtschaften. Journalist*innen spitzen Dinge zu, vor allem Boulevardmedien sind anfällig dafür. Aber auch Qualitätsmedien haben einen Beitrag dazu geleistet, dass die Aufgeregtheit der österreichischen Bevölkerung hoch ist und bleibt.
Befragung von Expert*innen
Expert*innen spielen in der Corona-Berichterstattung eine große Rolle. Die Wissenschaft meldet sich zurück auf der medialen Bühne. In der Schweiz oder in skandinavischen Ländern haben die Regierungen eine Person bestimmt, die den wissenschaftlichen Kenntnisstand für die Medien aufbereitet und kommuniziert. Das hat die öffentliche Debatte zu Beginn der Pandemie versachlicht. In Österreich hingegen haben die Medien immer wieder neue Expert*innen mit oft widersprüchlichen Erkenntnissen präsentiert, was für breite Verunsicherung gesorgt hat.
Umgang der Journalist*innen mit statistischen Zahlen
Die Problematik mit statistischen Zahlen ist, dass die Grundlagen dieser oft sehr unterschiedlich sind. Der Umgang mit dem Corona-Virus ist global sehr verschieden. Die Johns Hopkins Universität veröffentlicht tagesaktuelle Statistiken, in denen Zahlen zu COVID-19 aus aller Welt gesammelt und miteinander verglichen werden. Das ist aber problematisch, weil diese Daten nur wiedergeben, was nach ganz unterschiedlichen nationalen Methoden erhoben worden ist. So stehen in der Johns Hopkins Statistik für das ostafrikanische Land Tanzania mit 56 Millionen Einwohnern nur 21 Corona-Tote in der Statistik. Der Grund dafür ist aber nicht die Abwesenheit des Virus in dem Land, sondern, dass der unterdessen verstorbene Staatspräsident die Zählung von Corona-Opfern verboten hat. Ein anderes Beispiel berichtet der Berliner Tagesspiegel. So seien in Großbritannien 15.000 Corona-Fälle wegen eines Fehlers im Umgang mit Excel verloren gegangen. Vor allem in rechtspopulistischen Ländern muss ganz genau hingesehen werden. Daher sollen Zahlen immer kritisch betrachtet und reflektiert werden. Josef Trappel ist der Meinung, dass dies in Österreich durchaus geschieht.
Corona-Berichterstattung nur eine Verlautbarung der Einflussreichen und Mächtigen?
Auch wenn grundsätzlich eine Verlautbarung der Mächtigen in den Medien durchaus stattfindet, bezweifelt Josef Trappel, dass sich dies in der Corona-Pandemie besonders beobachten lässt. Es gibt in jeder Krise Profiteure, in diesem Fall steuern diese aber nicht die Berichterstattung. Die Regierungen haben ein Interesse daran, dass die Menschen verstehen, dass wir uns in einer Pandemie befinden und welche Gefahren diese birgt. Es gibt aber auch viele Gegenstimmen, zum Beispiel populistische Parteien. Somit befinden wir uns in einem Kampf um die Hoheit in der Corona-Kommunikation. Im Internet verbreiten sich immer wieder Verschwörungstheorien. Josef Trappel begründet dies damit, dass es im Internet keine Redaktionen gibt, die diese Informationen überprüfen. Klassische Medien geben solchen Verschwörungstheoretiker*innen kein Forum.
Berichterstattung zur Corona-Impfung
Josef Trappel erklärt, die Corona-Impfung als Thema in den Medien sei die dritte Phase der Corona-Berichterstattung – nach der ersten Phase, in der die Erkrankung im Vordergrund stand, und der zweiten Phase, die größtenteils dem Testen gewidmet war. Seiner Meinung nach funktioniert die Berichterstattung zur Corona-Impfung gut. Das sehe man daran, dass sich jetzt mehr Menschen impfen lassen als zu Beginn.
Was laut Josef Trappel besser aufgearbeitet werden müsste, ist, was im Schatten der Öffentlichkeit passiert. So sollte die kritische Auseinandersetzung mit Corona-Leugner*innen, Impfgegner*innen und Verschwörungserzählungen im öffentlichen Interesse verstärkt werden. In conclusio lässt sich aber sagen, dass die Corona-Berichterstattung in Österreich durchaus zufriedenstellend ist.
Eure Iris
Photo-Credits:
Bild Herr Trappel: Patrick Daxenbichler
Bild Schreibmaschine: Markus Winkler via Unsplash