Auslandssemester in Salzburg: Japaner Ayato über Studi-Alltag und Kulturschocks


Unipark Bibliothek

Viele von euch haben sicher schon überlegt, wie es wohl ist im Ausland zu studieren. Aber wie ist es wenn man sein Auslandssemester in Salzburg absolviert? Wir haben mit dem Japaner Ayato darüber gesprochen, wie sich sein Leben als Student an der Universität Salzburg von dem an seiner Heimatuniversität in Tokyo unterscheidet.

Ayato stammt aus der Millionenstadt Tokyo. Warum er sich also ausgerechnet für das beschauliche Salzburg als Ort für seinen Auslandsaufenthalt entschieden hat, was ihm an Salzburg besonders gut gefallen hat und welchen Kulturschocks er begegnet ist, das lest ihr jetzt.

Auslandssemester in Salzburg: der Japaner Ayato berichtet

Im Studienjahr 2015/2016 bist du für ein Jahr ins Ausland gegangen. Wieso hast du Salzburg gewählt?

In erster Linie wollte ich nach Europa, weil es so multikulturell ist. In Japan sind rund 95% der Einwohner*innen ethnisch japanisch – wir haben also eine sehr homogene Bevölkerung. Ich wollte viel herumreisen, also dachte ich, dass Salzburg auf Grund seiner Lage im Herzen Europas ein guter Ausgangspunkt wäre. Weiters ist Österreich ein sicheres Land mit einer niedrigen Kriminalitätsrate.

Ein weiterer entscheidender Grund war, dass viele Asiat*innen ein englischsprachiges Land für ihren Auslandsaufenthalt wählen. Deshalb wollte ich was „Neues“ ausprobieren, was nicht jede*r macht. Ich habe mich für einen Ort entschieden, den auch andere Europäer*innen für ihr Auslandssemester oder ihren Urlaub wählen würden.

Was war dein Lieblingsort während deinem Auslandssemester in Salzburg?

Mein Lieblingsort in Salzburg war vermutlich der Kapuzinerberg – der Ausblick ist einfach atemberaubend!

Gruppe bei Maibaum-Aufstellen

Was waren die größten Unterschiede zwischen Salzburg und Tokyo im Uni-Alltag?

Tokyo ist eine dichtbevölkerte Großstadt – die Menschenmassen können erdrückend sein. Dagegen hat Salzburg einfach viel weniger Bewohner*innen, was sehr angenehm ist. Im Allgemeinen liebe ich es, dass Salzburg recht klein ist. Man kann mit dem Fahrrad oder zu Fuß innerhalb von 15 bis 20 Minuten fast überall hin.

Ich hatte den Eindruck, dass die Studierenden hier viel mehr Zeit ins Lernen stecken, als die japanischen Studierenden zu Hause.

 

Der Uni-Alltag war sehr unterschiedlich: In Tokyo hat sich das Studierendenleben um außercurriculare Aktivitäten wie Clubs und Studi-Jobs gedreht. Die außercurricularen Extraaktivitäten waren manchmal wichtiger als das eigentliche Studium. In Salzburg waren die Lehrveranstaltungen und Kurse wichtiger und schwieriger zu bestehen. Ich hatte den Eindruck, dass die Studierenden hier viel mehr Zeit ins Lernen stecken, als die japanischen Studierenden zu Hause. In Japan gibt es einen enormen Leistungsdruck in der Schule. Man lernt quasi Tag und Nacht, um es an eine gute Universität zu schaffen. Sobald man aufgenommen wurde, sind aber die Extraaktivitäten und der Ruf der Universität ausschlaggebend, um einen guten Job zu finden.

Trotz der vielen Unterschiede habe ich auch eine entscheidende Gemeinsamkeit gesehen: Studierende, sowohl in Tokyo als auch in Salzburg. lieben es zu feiern und Bier zu trinken. Wobei das Bier in Österreich bei Weitem günstiger ist als in Japan.

Auch waren die Leute freundlicher als ich erwartet habe. Eines Abends war ich im O’Malleys Irish Pub fort und habe dann spontan mit fremden Studierenden Karaoke gesungen.

Hast du während deinem Auslandssemester in Salzburg etwas aus Japan besonders vermisst?

Was ich am meisten vermisst habe waren Ramen. Ich kann einfach nicht ohne Ramen leben.

Hattest du einen Kulturschock, als du von Tokyo nach Salzburg gekommen bist?

Ja, ein wenig. Der größte Kulturschock war für mich definitiv die Art der Begrüßung. In Salzburg ist es für Freund*innen normal sich zur Begrüßung zu umarmen oder die Wangen zu küssen. Generell gibt es mehr Körperkontakt mit anderen Leuten. Das ist komplett anders in Japan!

Außerdem ist der Alkoholkonsum in Österreich um einiges höher. Österreicher*innen scheinen bevorzugt den ganzen Abend lang Bier oder Wein  zu trinken, anstatt Longdrinks oder Spirituosen. Im Frühjahr war ich bei einem Maibaumaufstellen und wir haben bereits zu Mittag angefangen Bier zu trinken.

Zu guter Letzt, hat mich die lockere Sichtweise bezüglich Cannabis unter den Studierenden ziemlich überrascht.

Gruppenbild in Tokyo

Würdest du sagen, dass dich dein Auslandsjahr verändert hat?

Das erste Mal habe ich bemerkt, dass ich mich verändert habe, als ich in Finnland war. Da war eine Gruppe japanischer Geschäftsleute im Restaurant die sich zur Begrüßung mehrmals verbeugten. Dabei dachte ich mir, dass es komisch ist sich so viel zu verbeugen.

Wegen meinem Auslandsaufenthalt konnte ich viel über andere Kulturen lernen. Dadurch habe ich meine eigene Kultur in einem anderen Licht gesehen – in guter, aber auch schlechter Weise. Allerdings glaube ich, dass ich  mittlerweile wieder ganz der Alte bin, da meine Zeit in Salzburg bereits mehrere Jahre zurück liegt.


Das Interview ist im  Original auf Englisch zuerst am  Animix Community Blog erschienen.  Ayato hat an der Waseda University Tokyo liberal studies studiert und ein Jahr in Salzburg verbracht. Über das Buddy Programm haben wir uns kennengelernt und sind seither Freunde. Über Jahre hinweg sind wir in Kontakt geblieben, haben uns gegenseitig Postkarten oder Pakete gesendet und videotelefoniert. Vor drei Jahren haben wir uns in Salzburg und vor einem Jahr in Tokyo wiedergesehen. 

Lesetipp: Wenn es dich interessiert wieso internationale Studierende sich dazu entschlossen haben ihr ganzes Studium in Salzburg absolvieren, findest du hier ein spannendes Interview von commUNIty Redakteurin Teresa.

Habt ihr Lust bekommen auf euer eigenes „Auslandsabenteuer“? Im Internationalen Büro und bei den Koordinator*innen an eurem Fachbereich könnt ihr euch über die verschiedenen Auslandsprogramme (z.B. Erasmus+), Stipendien und Partneruniversitäten informieren. Je nach Studienrichtung gibt es tolle Destinationen wie: FinnlandSchwedenIslandNiederlandeTürkeiGroßbritannienJapan

Auch wenn die Corona-Pandemie es einem derzeit schwer macht, kann ich euch wirklich nur empfehlen irgendwann mal ein Auslandssemester zu machen.


Eure Fabia

 

Photo-Credits:
Titelbild von  Tommaso Fornoni via Unsplash
restliche Fotos: Autorin, Fabia Klinger