Erasmus Mundus Joint Master: ein Erfahrungsbericht
Du hast die Möglichkeit eines Auslandssemesters im Rahmen deines Bachelorstudiengangs verpasst? Oder du hast nach deinen bisherigen Erasmus Erfahrungen einfach noch nicht genug? Dann ist ein Erasmus Mundus Joint Master Degree vielleicht genau das Richtige für dich. Dabei handelt es sich um internationale Masterstudiengänge, bei denen man an mindestens zwei europäischen Hochschulen studiert und mit Stipendien unterstützt wird. In diesem Artikel stelle ich dir einen dieser Studiengänge vor und berichte von meinen bisherigen Erfahrungen.
Erasmus Mundus Joint Master Degrees (EMJMD) sind Masterstudiengänge die ein bis zwei Jahre dauern. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass das Studium an zwei bis vier verschiedenen europäischen Hochschulen stattfindet. Das bedeutet: Nach einem Jahr oder einem Semester heißt es Sachen packen und in ein neues Land ziehen, um dort das Studium fortzusetzen. Da die Programme sehr international sind, ist die Sprache aller Studieninhalte klar: Englisch. Das ist nicht nur sinnvoll, sondern lockt auch Bewerber*innen aus allen Teilen der Erde an. Und all das wird auch noch finanziell mit Vollzeit-Stipendien unterstützt.
Welche Masterprogramme werden angeboten?
Die Auswahl ist groß! Aktuell werden mehr als 120 Studienprogramme aus allen erdenklichen Fachrichtungen angeboten. Die Masterprogramme Public Health in Disasters, Security and Cloud Computing, Mechatronik Engineering oder auch Exoten wie der Master on Wine Tourism Management, zeigen die große Bandbreite der Masterprogramme. Die gesamte Liste für das akademische Jahr 2020/2021 ist in einem offiziellen Katalog aufgelistet.
Wer kann sich für Erasmus Mundus Joint Master Degrees bewerben?
Die grundsätzlichen Voraussetzungen für die Bewerbung auf ein EMJMD sind überschaubar. Mit einem Abschluss aus einem themenverwandten Bachelorprogramm, guten Englischkenntnissen und jeder Menge Motivation im Gepäck, steht einer Bewerbung nichts im Wege. Die genauen Anforderungen sind jedoch je nach Studiengang unterschiedlich.
Allerdings muss man dazusagen, dass die Auswahlverfahren für Bewerbungen auf EMJMDs streng sind. Der Grund: Eine Vielzahl an Bewerbungen trifft auf eine geringe Anzahl an zur Verfügung stehenden Studienplätzen und vor allem Stipendien. Und dabei zählt nicht: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst, sondern es wird nach Qualität und Eignung der Bewerbenden ein Ranking erstellt.
In meinem EMJMD-Programm (das ich weiter unten noch näher beschreibe) sind wir lediglich zwölf Teilnehmer*innen und die Anzahl der Bewerbungen befand sich im dreistelligen Bereich. Das sind zunächst einmal keine rosigen Aussichten auf Erfolg, dennoch lohnt sich der Versuch allemal. Denn die Erfahrungen, die dich in einem EMJMD-Programm erwarten sind einmalig und die Mühen auf jeden Fall wert. Zudem hilft ein solcher Master im Lebenslauf, um sich von der Masse abzuheben.
Der EMJMD Copernicus Master in Digital Earth
Copernicus Master in Digital Earth – so nennt sich mein EMJMD Studiengang. In diesem Programm geht es, wie der Name schon sagt, um die digitale Beschreibung von Teilen der Erde. Phänomene auf der Erde werden beispielsweise mithilfe von Satellitenbildern oder Vermessungsdaten analysiert und dargestellt. Von der Erstellung von Karten, dem Entwickeln von Analysealgorithmen bis hin zur Programmierung von eigenen Anwendungen deckt der Studiengang eine Menge ab. Allseits bekannte Produkte wie Google Maps, Navigationssysteme oder Landkarten sind alltägliche Beispiele, die aus dieser Arbeit resultieren können. Allgemein wird dieser Zweig der Wissenschaft auch als Geoinformatik bezeichnet.
Der Copernicus Master in Digital Earth findet in drei Städten in drei europäischen Ländern statt. Die ersten beiden Semester werden an der Universität Salzburg verbracht – danach teilen sich die Studierenden je nach gewähltem Spezialisierungsgebiet auf. Die zweite Hälfte des Studiums wird dann entweder in der Stadt Vannes in Frankreich oder in der tschechischen Stadt Olmütz absolviert. Aber genug der trockenen Details. Wer mehr wissen will, kann sich auf der Website des Studiengangs selbst weiter informieren.
Meine Erfahrungen mit dem Masterprogramm EMJMD
Die Idee mich selbst auf einen EMJDM zu bewerben kam mir im letzten Semester meines Bachelorstudiums. Die Bewerbungsfrist endete im März 2019, die Zusage folgte etwa einen Monat später. Im September 2019 zog ich dann von München nach Salzburg, um in das erste Semester zu starten. Zugegeben, der Kulturschock für mich als Bayer in Salzburg hielt sich in Grenzen. Das Gefühl in ein fremdes Land zum Studieren zu ziehen kam also erst einmal nicht auf. Offen gesagt, kam mir dieser seichte Einstieg in ein Auslandsstudium (gleiche Sprache, gleiche Kultur) aber gerade recht, um meine Aufregung zu lindern.
Und dann traf ich endlich zum ersten Mal auf meine Mitstudierenden. Sie sind, da sie aus allen Ecken der Welt kommen, der erste große Grund, der ein Studium in einem EMJMD zu etwas Besonderem macht. Zwölf Student*innen aus zehn verschiedenen Ländern, von drei verschiedenen Kontinenten. Vereint durch das gemeinsame Interesse an den Themen des Studiengangs und dennoch so verschieden aufgrund von Herkunft, Kultur sowie beruflicher und akademischer Hintergründe. Man tauscht sich aus, lernt Dinge neu oder anders zu betrachten, entdeckt gemeinsame Interessen und lernt die Vielfalt zu schätzen. Durch Freizeitaktivitäten und gemeinsame Studienarbeiten wächst die Gemeinschaft fester zusammen und Freundschaften entstehen. Beispielsweise haben wir ein Dinner veranstaltet, bei dem jede*r ein für ihr bzw. sein Herkunftsland typisches Gericht gekocht und mitgebracht hat.
Kultureller Austausch und bessere Kommunikations-Skills
Für mich als Europäer habe ich durch die Interaktion mit meinen Kommiliton*innen einen neuen Blick auf meine Heimat bekommen. Durch gemeinsame alltägliche Erlebnisse sieht man Dinge mit anderen Augen. Ich habe gelernt vermeintlich Selbstverständliches neu zu schätzen oder zu hinterfragen. Diese Erfahrungen lassen mich Europa neu kennenlernen und geben mir Sehnsucht in andere Länder zu reisen, um andere Kulturen besser kennenzulernen.
Ergänzend zum kulturellen Austausch ist für mich das Verbessern der Kommunikation ein wichtiger Pluspunkt eines internationalen Studiums. In der heutigen Zeit ist die Arbeit in fast allen Branchen von globaler Vernetzung und internationaler Zusammenarbeit geprägt. Das Erlernen dieser internationalen Verständigung ist sowohl privat als auch für den späteren Beruf nützlich. Aber auch das einfache Erweitern des eigenen englischen Wortschatzes ist ein großartiger Nebeneffekt. Da alle Vorlesungen auf Englisch gehalten und Studienarbeiten auf Englisch verfasst werden lernt man Vokabular, das für den jeweiligen Fachbereich spezifisch ist. Aber auch einfacher Smalltalk auf Englisch wird zur täglichen Aufgabe und somit bald selbstverständlich und mühelos. Das alles sind Erfahrungen, die man nicht nur in meinem, sondern in allen EMJMD Programmen ganz unabhängig von der Studienrichtung sammeln kann.
Auswirkungen von COVID-19 auf mein Studium
Im Moment befinde ich mich in meinem zweiten Semester an der Universität Salzburg. Durch die Corona-Krise hat sich natürlich auch mein Studium grundlegend verändert, da nun alle Kurse als Online-Meetings abgehalten werden. Technische Probleme oder auch die eingeschränkten Möglichkeiten zur Interaktion machen das Ganze zu keiner Unterrichtsform, die ich auf lange Zeit beibehalten möchte. Im Großen und Ganzen klappt der Unterricht jedoch, und uns wurde versichert, dass wir das aktuelle Semester auf jeden Fall abschließen können.
Wie es danach jedoch weitergeht, steht noch in den Sternen. Das nächste Semester findet nämlich in Tschechien statt und ob bis dahin ein Umzug dorthin möglich sein wird, kann noch niemand voraussagen. Zudem wäre für die Semesterferien ein Pflichtpraktikum eingeplant gewesen, aber auch hier wird sich erst noch zeigen ob das so möglich sein wird.
Ich mache mir allerdings keine großen Sorgen, dass ich mein Studium aufgrund der aktuellen Situation nicht abschließen werden kann. Welche Einschränkungen oder Umwege dies jedoch fordert bleibt abzuwarten. Und auch wenn das Corona-Virus meine Auslandserfahrungen einschränkt, habe ich jedoch für die Zeit nach meinem Abschluss schon einige Pläne: Von vielen Freuden aus meinem Studium habe ich Einladungen bekommen sie in ihren Heimatländern zu besuchen – und um das zu schaffen werde ich eine ganze Weile beschäftigt sein.
Mein Tipp: traut euch einfach und bewerbt euch!
Ich empfehle jedem, für sich die Möglichkeit eines Erasmus Mundus Joint Master Degrees in Betracht zu ziehen. Für Interessierte an meinem Studiengang Copernicus Master in Digital Earth startet ab November 2020 die jährliche Bewerbungsphase. Auch wenn der erste Teil des Studiums in Salzburg stattfindet, kann ich deutschsprachigen Bewerber*innen versprechen, dass euch durch die Mitstudierenden reichlich internationale Eindrücke erwarten. Allen anderen empfehle ich sich den offiziellen Katalog der EMJMD-Studiengänge anzusehen. Ich bin mir sicher für dein Fach- oder Interessensgebiet existiert ein passendes Programm.
Euer Nelson
Bilder: Redakteur